Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

DOI Artikel:
Beissel, Stephan: Gestickte und gewebte Vorhänge der römischen Kirchen in der zweiten Hälfte des VIII. und in der ersten Hälfte des IX. Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0231

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
359

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

360

6 Säulen gehängt zu werden, 25 wurden rings
um den Altar, 34 im Presbyterium und 18 für
verschiedene andere Orte der Kirche verwendet.
Die Zahl der Teppiche belief sich also auf 136.1)

Noch freigebiger war Leo III. gewesen, denn
ihm verdankte S. Peter für das Mittelschiff 65,
für den Eingang zur Confessio 3 grofse, für das
Presbyterium und den Altar 96, im Ganzen also
164 Teppiche.2)

S. Paul erhielt von Gregor IV. 1 grofsen
Teppich für den Triumphbogen, welcher das
Mittelschiff vom Querschiff trennte, 1 für die
Confessio, 16 für die äufsere und 5 für die
innere Umhüllung des Altares, 4 zum Verschlufs
des über dem Altar stehenden Baldachins, 24 für
das Presbyterium und 40 für das auf ebenso-
vielen Säulen ruhende Mittelschiff, im Ganzen
also 91 Teppiche.3)

Der Kirche Maria Maggiore schenkte Pa-
schalis 8 reichere und 3 einfachere Altardecken,
42 Vorhänge für die Arkaden des Mittelschiffes,
26 reichere und 24 einfachere für das Presby-
terium, 1 grofseii und 6 kleinere für die
Apsis, ferner für den Triumphbogen 1 grofsen
und 10 kleinere Teppiche, für den Eingang zum
Altare 18, für das Hauptthor l grofsen, also im
Ganzen 140Teppiche und Vorhänge.4) Dazukam
nun aber noch der ganze Vorrath des früheren
Bestandes, der jedenfalls manche kostbare Sachen
enthielt. Aber nicht nur die grofsen Basiliken
Roms waren so reich an Decken und Wand-
teppichen, auch die kleineren hatten deren sehr
viele. So kaufte Paschalis für die von ihm er-
neuerte Kirche Maria in Domnica zur fest-
täglichen Ausschmückung 1 Teppich für die
Hauptthür, 20 + 4 für die Arkaden des Mittel-
schiffes, 3 für den Eingang zum Presbyterium, 5+3
für den Balken vor dem Altare, 4 für die Um-
gebung des Altares selbst und 8 Altardecken, im
Ganzen 48.5)

Derselbe Papst erneuerte die Basilika der
hl. Caecilia und überwies ihr 5 Altardecken,

!) »Lib. pont.« II, 109 n. 13.

2) »Lib. pont.« II, 13 n. 48. Zwischen die Säulen
kamen wieder 46 Teppiche, 19 an andere Orte des
Schiffes. Schon Sergius (jf 701) schenkte für den
Ciborienaltar von S. Peter 8 Tetravela, von denen
4 weifs und 4 roth waren. »Lib. pont.« I, 375 n. 11.

3) »Lib. pont.« II, 79 n. 27.

4) »Lib. pont.« II, 61 n. 35 s.

5) »Lib. pont.« II, 55 n. 12 s. Das Mittelschiff
dieser Kirche hat an jeder Seite 12 Arkaden, von
denen aber 2 zum Presbyterium gehörten.

4 Vorhänge für den Altar, 4 für den Reliquien-
schrank, worin das Haupt der hl. Märtyrerin
aufbewahrt wurde, 2 für den Schrein, worin ihr
Leib lag, dann 12 für das Presbyterium, 12 + 14
für die Bogen des Mittelschiffes, 1 für das Haupt-
thor und 36 andere für das Altarciborium, den
Eingang zum Chore u. s. w., im Ganzen 90.c)

Eine grofsartige Vertheilung kostbarer Stoffe
fand unter Hadrian (772—795) statt; sandte er
doch, um nur die wichtigeren der innerhalb
wenigerJahre gemachten Schenkungen zu nennen
nach S. Peter 67, nach S. Paul 72, nach S. Maria
Maggiore 44, nach S. Johann im Lateran 58,
nach S. Laurentius vor den Mauern 87, in jede
der 22 Titelkirchen je 20, in jede der 16 Dia-
konatskirchen je 6, in die Klosterkirche des
hl. Pankratius 39 seidene für die Festtage be-
stimmte Altartücher, Teppiche und Vorhänge.
Für die Wochentage erhielt jede Titelkirche
20 leinene Vorhänge. Man kann die Zahl der
von diesem Papste angekauften und vergebenen
Seidenstoffe auf mehr als 1000, ihre Gröfse auf
mehr als 3000 qm ansetzen; denn wenn auch
manche kleine Vorhänge nur etwa 1 bis 2 qm
enthielten, müssen andere, besonders die für
die Hauptthüre und den Triumphbogen be-
stimmten, 10 bis 20 erfordert haben.

Nicht nur die römischen Kirchen waren so
reich an kostbaren Vorhängen; die Sitte, solche
Vorhänge anzubringen,warallgemein undgewann
keineswegs erst im VIII. Jahrb. eine solche
Ausdehnung. Das erhellt aus der berühmten
Charta Cornutiana7j, dem im Jahre 471 ver-
fafsten Stiftungsbriefe einer in der Nähe von
Tivoli bei Rom gelegenen Dorfkirche. Der
Stifter Flavius Valila, genannt Theodorius, über-
wies dieser Kirche Grundbesitz, silberne Geräthe
im Gesammtgewicht von etwa 54^2 römischen
Pfunden, eherne Leuchter und drei Folgen
(Paraturae) von seidenen, halbseidenen und
leinenen Vorhängen für die höchsten Feste, die
gewöhnlichen Feiertage und die Wochentage.

2. Wie wurden diese Vorhänge auf-
gehängt? Die Denkmäler zeigen zwei Arten
der Aufhängung. Die erstere erkennt man aus
einem Mosaik in S. Apollinare Nuovo zu Ra-
venna. Dort ist nämlich die Vorhalle des Palastes
Theodorichs dargestellt.8) Man sieht ihre seit-

6) »Lib. pont.« II, 55 n. 13.

7) Abgedruckt durch Duchesne in der Einleitung
zum »Lib. pont.« I, p. CXLVI s.

8-) Garrucci »Storia« Tav. 243.
 
Annotationen