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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Schroers, Heinrich: Die kirchlichen Baustile im Lichte der allgemeinen Kulturentwickelung, [1]
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Prill, Joseph: Erhaltung und Erweiterung alter Kirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0020

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17

1896.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

18

und kirchlichen Ideale zu verwirklichen gesucht.
Und dennoch ist der Bau von einem einheit-
lichen Geiste durchweht, der seinen Grund in
dem Gemeinsinn und der starken Religiosität
der Republik hat. Die verschiedenartigsten Stil-
elemente erscheinen hier verbunden: byzantini-
sche Raumdisposition und gotische Zierformen,
lombardischer Fassadenschmuck und orientali-
sche Kuppelformationen. Alles klingt scheinbar
bizarr durcheinander, aber für den, der das
Bild altvenetianischer Geschichte und Kultur
im Herzen trägt, löst sich das Widerstrebende
in reiner Harmonie auf. Die Venetianer sind

das Volk der Gegensätze; in ihnen begegnen
sich das Wesen des Ostens und Westens, ist
staatsmännischer Geist mit kaufmännischer Un-
ternehmungslust verbunden, steht warmer künst-
lerischer Sinn neben kalter politischer Ver-
schlagenheit, vereinigt sich der Charakter des
Festländers mit dem des Seefahrers. So erhält
die Kultur der Lagunenstadt ein Gepräge für
sich, und dieses ist auch unfreiwillig ihrer Kunst
und vor allem der Blüthe derselben, der Mar-
kuskirche, aufgedrückt. (Forts, folgt.)

Bonn.

Heinrich Schroers.

Erhaltung und Erweiterung alter Kirchen.

ie unter ähnlichlautender Ueber-
schrift im zweiten Heft des letzten
Jahrgangs veröffentlichte Abhand-
lung des jetzigen Dombaumeisters
Arntz von Strafsburg entwickelt ebenso über-
zeugend wie klar die Grundsätze, nach denen
man verfahren soll, wenn die bisherige Kirche
dem Bedürfnisse der unterdefs gröfser ge-
wordenen Gemeinde nicht mehr genügt. Die
Pflicht der Pietät wie die Forderung der Kunst
wird dabei gebührend hervorgehoben, aber
nicht minder dem praktischen Bedürfnifs und
dem materiellen Vortheil der Gemeinde Rech-
nung getragen. Sehr geschickt werden die
möglichen Fälle an einer Anzahl typischer
Beispiele erläutert und so zugleich Fingerzeige
für die verschiedenartigsten Verhältnisse ge-
geben. Naturgemäß konnte in diesen Bei-
spielen nicht näher auf die Gestaltung der
neuen Bautheile im Einzelfalle eingegangen
werden. Denn bei der Anwendung der all-
gemeinen Grundsätze auf einen einzelnen der
Wirklichkeit angehörigen Fall kommen gar
viele, gerade diesem Falle eigenthümliche Dinge
in Betracht, welche nicht nur eine sorgfältige
Erwägung von Seiten der bauenden Gemeinde,
sondern auch ein liebevolles Studium auf Seite
des Architekten verlangen. Es sei mir daher
gestattet, die Gedanken der obenerwähnten
Abhandlung nach dieser Seite hin etwas weiter
auszuführen, indem ich ein paar gerade jetzt
in Frage stehende Beispiele dieser Art aus der
Wirklichkeit herausgreife und an einigen Skizzen
erläutere.

Mit 11 Abbildungen.

Der erste Fall (Fig. 1 bis (i) betrifft die Er-
weiterung der alten, kleinen Pfarrkirche zu
Lohmar im Siegkreise.

Lohmar, an der Agger, einem Nebenllüfs-
chen der Sieg, gelegen, eine Stunde von Sieg-
burg entfernt, gehörte im XII. und den fol-
genden Jahrhunderten dem Cassiusstifte in
Bonn. Der Frohnhof und die Kirche zu Loh-
mar werden unter den Gütern genannt, deren
Besitz Papst Innozenz IL im Jahre 11.'! 1 dem
Bonner Stifte bestätigte; letzteres hatte das
Patronatsrecht über die Kirche und das Zehnt-
recht im Bereiche der ganzen Pfarrei, ihm lag
auch die Instandhaltung und, wenn nöthig,
der Neubau der Kirche ob. Aus der Zeit des
baukundigen und unternehmenden Propstes
Gerhard von Are (112(i bis 1 169) scheint nun
das noch ziemlich gut erhaltene Chörchen der
kleinen Kirche zu stammen. Es besteht aus
einem 5,30 m im Lichten weiten quadratischen
Räume, dem sich nach Osten die Apsis an-
schliefst. In tue Ecken des Quadrates sind
starke Viertelsäulen mit mäfsig verzierten Ka-
pitalen gestellt, welche das steinerne Kreuz-
gewölbe tragen. Im Aeufseren wird die Apsis
durch Lisenen und Bogenfries belebt, und ein
Bogenfries zieht sich auch unter dem Gesims
der 1,05 m dicken Seitenmauern hin. Die
Masse der Mauern besteht aus dem in der
Gegend gewonnenen Bruchstein, während zu
den Ecken und Architekturtheilen Stenzel-
berger Trachyt verwandt ist.

Man hat die Vermuthung ausgesprochen,
das Schiff der Kirche, ein im Lichten 16,15 m
 
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