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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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1896.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

90

Verfasser seinen endgilligen Richterspruch bis zum
Erscheinen der letzteren suspendiren. Aber sein vor-
läufiges Gutachten hebt unseres Erachtens mit vollem
Recht hervor, dafs eine byzantinische Kunst in dem
Sinne, in welchem sie hier überall supponirt wird,
nicht besteht, das heifst im Sinne eines einheitlichen,
gleichförmigen Stils, dafs die oslrömische Kunst nicht
blofs bis Konstantin, sondern bis Heraclius trotz aus-
gesprochen lokaler Färbung doch ihrem ganzen Cha-
rakter nach von dem gemeinsamen Hoden der römisch-
altchristlichen Kunst nicht loszulösen ist, dafs erst vom
7. Jahrh. an die Tradition der letzteren verschlungen
wird von wilden Kämpfen, tiefem Verderbnifs und
ausgesprochenem Hafs gegen Rom, und dafs jetzt erst
eine byzantinische Kunst ihren Anfang nimmt, deren
Signatur Mangel an jeder klaren, planmäfsigen, metho-
dischen Durchbildung, an Gesetzmäfsigkeit der Formen,
an Verständnifs stilistischer Prinzipien, eine völlige
Entfremdung zwischen Idee und Form ist. Dies die
Leitgedanken, welchen wir innerlichst zustimmen; wir
glauben auch kaum, dafs sie durch Strczygowski's Publi-
kation eine wesentliche Modifikation erfahren werden.
Das zehnte und letzte Buch leitet durch Vorfüh-
rung der ersten Anfänge christlicher Kunst bei den
nordischen Völkern zum zweiten Band über und schliefst
mit einem begeisterten Lob auf den Benediktinerorden,
diesem Patron und Nährvater der Kunst in Jahr-
hunderten barbarischer Rohheit. — Was dieser erste
Band versprach, hat er grofsartig eingelöst, — vivat
sequens! P. Keppler.

Beschreibende Darstellung der älteren B a u -
und Kunstdenkmäler des Königreichs
Sachsen. Siebzehntes Heft: Stadt Leipzig
(I. Theil), bearbeitet von Cornelius Gurlitt.
Dresden 1895, in Kommission bei C. C. Meinhold
& Söhne. (Preis 10 Mk.)
Auf die Kirchen und Klöster der Stadt Leipzig
mit Einschlufs der eingemeindeten Orte beschränkt
sich dieser überaus reich (32 Lichtdrucktafeln und
191 gröfsere wie zahllose kleinere Texlabbildungen)
und höchst instruktiv illustrirte Band, der über das
gesammte sächsische Kunstschaffen vom Anfange des
XV. bis zum Ende des XVIII. Jahrh. einen so um-
fassenden und mannigfaltigen Ueberblick bietet, wie
wohl keine andere Stadt ihn ermöglicht. Fünf hervor-
ragende Kirchen, deren Anfänge bis in das XIII. oder
XIV. Jahrh. zurückreichen und an denen die folgenden
Jahrhunderte mit grofsem Eifer umgebaut und ergänzt
haben, in diesen Kirchen selbst eine Fülle von Aus-
stattungsgegenständen aus der spätgothischen bis in
die Empireperiode, wie sie nicht leicht Ubertroffen
werden dürfte: Altaraufsätze, Kanzeln, Taufbrunnen,
Orgeln, Gemälde, Figuren, vor Allem Grabmäler und
Epitaphien mit sehr vielen (zumeist hier abgebildeten)
Wappenschildchen, Glocken, Eisengitter, Altargeräthe
mit vielen (ebenfalls hier reproduzirten) Silbermarken.
— In der Nikolaikirche ist der stuckverzierte Daulhe'sche
Umbau von 1784 bis 1791 eine künstlerisch wie tech-
nisch höchst merkwürdige Anlage. — In der Thomas-
kirche sind die aus dem 1 177 eingeritzten Gufsmantel
auf die Glocke „Gloriosa" übertragenen Figuren von
wunderbarer Zeichnung. — In der Paulinerkirche ver-

dient die (aber sicher nicht vor den Schlufs des
XIV. Jahrh. zu setzende) Ilolzstatue des hl. Dominikus
hohe Anerkennung, nicht minder die (als gelrieben
bezeichnete) Bronzegrabtafel der Kurfürstin Elisabeth
von Sachsen, f 1484. — Die Barfüfserkirche zeichnet
sich durch ihren komplizirten Grundrifs aus, die Johannis-
kirche durch ihre flache Decke mit den schönen auf den
Schlufs des XVI. Jahrh. hinweisenden Intarsiamalereien.
Gute Grabgitter bewahrt der benachbarte Johannes-
kirchhof, tüchtiges Barockaltargeräth die katholische
Kirche und spätgothische Altarschreine die Eutritz'sche
Kirche. Interessant sind der spätgothische „Zwinger",
die Wand- und Glasmalereien im „Paulinum", endlich
einige spätgothische Bautheile im ,,Rothen Kolleg".
Die nicht zu weitläufige, sehr zutreffende Beschreibung
an der Hand der ausgezeichneten Illustrationen macht
die Besichtigung dieser Denkmäler zu einer kunst-,
kulturgeschichtlich und technisch überaus lohnenden
Studie. s_

Kunst-Stil-Unterscheidung. Kurzgefafste Vor-
führung der augenfälligsten Kennzeichen aller wich-
tigen Stilarten vom egyptischen Stile bis zur Gegen-
wart. Mit 200 Illustrationen für Laien, Kunstfreunde,
Schüler und Gewerbsleute verfafst von Hans Sebast.
Schmid. II. Auflage. München i89fi, Verlag von
Hermann Lukaschik. (Preis 1,20 Mk.)
Auf 10 Tafeln und einigen Textseiten bringt der
Verfasser 200 Abbildungen, welche sämmtliche zwanzig
historische Stilarten illustriren sollen als Erläuterungen
des 40 Seiten umfassenden Textes. Trotz der Be-
schränkung, welche dieses äufsersle Maafs von Kürze
auferlegte, hat der auf dem kunstgeschichtichen Ge-
biete wohl bewanderte, stellenweise zutreffend und
drastisch charaklerisirende Verfasser leider auf ver-
schiedene Abschweifungen nicht verzichtet, z. B. auf
die Erwähnung der „sorgenvollen, harten Folter- und
Inquisitionszeit", als deren „Ausprägung" ihm die
figürliche Plastik des gothischen Stiles erscheint, dem
er manches Lob spendet, obgleich er bei ihm den
„unversiegbaren Quell" seines Ideals, der griechisch-
römischen Kunst, vermifst. V.

Der Glaube der Väter dargestellt in den
kirchlichen Alterthümern Lübecks. Dem
katholischen Volke gewidmet vouEverhard Illi-
gens, Pastor. Paderborn 1895, Verlag von Ferdi-
nand Schöningh. (Preis 60 Pf.)
Die zahlreichen mittelalterlichen Kirchen Lübecks,
die sämmtlich dem protestantischen Kulte dienen,
zeichnen sich bekanntlich durch einen ganz ungewöhn-
lichen Reichthum hervorragender mittelalterlicher Kunst-
denkmäler aus. Diese haben dem Verfasser Veran-
lassung gegeben, sie auf ihre religiösen Darstellungen,
namentlich diejenigen zu prüfen, welche die Unter-
scheidungslehren betreffen, wie „die heilige Schrift und
Erblehre", „das allerheiligste Sakrament des Altars",
„die Verehrung und Anrufung der Heiligen" u. s. w.
Das Ergebnifs der klar und umsichtig geführten Unter-
suchung, welche eine Fülle symbolischer und ikono-
graphischer Beobachtungen enthält, ist, dafs diese alten
Darstellungen durchaus der gegenwärtigen katholischen
Kirchenlehre entsprechen. H.
 
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