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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Rincklake, Wilhelm: Die neue Pfarrkirche zu Wadersloh in Westfalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0071

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Abhandlungen.

Die neue Pfarrkirche
zu Wadersloh in Westfalen.

(Mit 8 Abbildungen.)

vfarre Wadersloh im Kreise
Beckum besafs vor dem
Neubau der hier in Ab-
bildung wiedergegebe-
nen Kirche, eine kleine,
sehr unansehnliche Pfarr-
kirche. Theile derselben
entstammten dem XIII.
Jahrh., aber die wenigen architek-
tonischen Glieder waren äufserst
-'<i^! verwittert und verstümmelt, und
■ §Sc j mehrfache Umbauten oder Ver-
W'ö\/->' gröfserungsbauten der späteren
Jahrhunderte hatten zur Ver-
wischung des alten Charakters
fast das denkbar Mögliche ge-
leistet. Es unterlag darum keiner
Frage mehr, die Kirche gänz-
lich niederzulegen, um an selbiger Stelle eine
andere zu errichten. Beim Abbruch fand sich
in der Mauer, ganz verdeckt, ein sehr inter-
essantes und schönes Reliefbild, Christus am
Kreuze, dazu Maria und Johannes und zwei
andere Heilige; es war ein Thiirsturz, und als
solcher ist er auch wieder im Vorräume der
neuen Sakristei gebraucht. Ferner vorgefundene
Säulchen mit schönen Kapitalen und Sockeln
bilden die neue Umrahmung, so dafs von dem
alten Bau das Schönste erhalten blieb.

Der zum Neubau verfügbare Platz bildet
eine Eiform und ist ringsum von Strafsen ein-
geschlossen ; die beiden Strafsen nach der Längs-
richtung der Kirche bilden Hauptverkehrsadern
mit den Nachbarorten. Wiewohl der Platz selbst
klein ist, kann die Kirche, von diesen Strafsen
aus, doch gut in Augenschein genommen werden.
Die allseitig abgerundete, aber andererseits freie
Lage des Platzes, erheischte eine symmetrische,
allseitig ausgebildete Gruppirung der Kirche,
und die knappe Gröfse bedingte möglichste Aus-
nutzung der ganzen Ausdehnung des Platzes,
so dafs der Bau an allen vier Seiten hart die

Grenze berührt und der Thurm in die Kirche
gerückt werden mufste. Dabei war besonders
darauf zu achten, dafs die Kirche, zumal äufser-
lich, nicht zu kurz erscheine.

Diese im Allgemeinen leitenden Gesichts-
punkte sind so aufgefafst, dafs die Gemeinde,
welche 4500 Seelen zählt, für die besuchenden
Mitglieder genügenden Platz in Bänken haben soll.

Die Grundrifsanlage (vergl. Fig. 1) ist eine
dreischiffige Hallenkirche mit Kreuzschiff. Das
Langschiff ist 25,76 m breit, das Mittelschiff für
sich allein 11,30 m und vom Eingange des
Thurmes bis zur Chorwand innen 50 m lang.
Das Hauptchor ist im halben Zehneck ge-
schlossen. Die Seitenchöre sind quadratisch
und bauen sich über das Kreuzschiff hinaus.
Das Kreuzschiff hat eine innere Länge von
30 tu. Die Pfeilhöhe des Gewölbes beträgt im
Mittelschiff 20 m, in den Seitenschiffen 17 m.

Die drei Hallen des Langschiffes sind mit
einem Satteldache überdeckt (vergl. Fig. 2
und 6), in welches die beiden Dächer der
Kreuzarme einschneiden (vergl. Fig. 3 und 8).
Dieses schlichte Dach führt sich auch über das
vorgebaute Hauptchor in gleicher Höhe fort
(vergl. Fig. 7). Dadurch war es einestheils nöthig,
das Mauerwerk des Hauptchores höher hinauf-
zuziehen, als die Mauern der Seitenschiffe sind;
diese sind bis zur Plinthe 17 m, jene 20 m
hoch, anderntheils erforderlich, eine Vermitte-
lung dieser beiden verschiedenen Höhen anzu-
ordnen, und dem Dache einen, seiner Mächtig-
keit entsprechenden Abschlufs zu bieten. Dieses
alles konnte durch zwei Chorthürmchen erreicht
werden, die, wie aus den Abbildungen (Fig. 3, 5,7)
ersichtlich, das Chor flankiren. Nicht allein, dafs
das Chor selbst dadurch aufsen gehoben und
mächtig erscheint, war es so auch möglich, das
hohe Mittelschiffgewölbe bis zum Chorabschlufs
durchzuführen, und so mächtige, hohe Chor-
fenster anzulegen, welche die Fenster des Lang-
schiffes um 37» m an Höhe überragen, was für
die gesammte Innenwirkung von grofser Wich-
tigkeit ist, weil dadurch unwillkürlich der Chor
das Auge fesselt.

Ein weiterer Vortheil, den diese Anlage des
grofsen durchgehenden Daches bis zum Mittel-
 
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