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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Schroers, Heinrich: Die kirchlichen Baustile im Lichte der allgemeinen Kulturentwickelung, [4]
DOI Artikel:
Hensen, Alfred: Die Kirche zu Belm
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0094

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141

1896.

ZEITSCHRIFT KÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 5.

112

nachhallt, hat die architektonische Form in
wesentlichen Stücken bedingt. Die ungeheuere,
aus den Verhältnissen des Ganzen heraus-
fallende Gröfse des Chores, das oft noch das
Transept in seinen Bereich zog, die starke
Erhöhung dieses Theiles durch halb ober-
irdische Kryptenanlagen, der westliche Ab-
sehlufs durch ein der Geistlichkeit ebenfalls
vorbehaltenes Gegenchor, der Anbau mäch-
tiger Kreuzgänge, wodurch die Kirche in den
Klosterbezirk als ein Bestandteil desselben
hineingezogen erschien — das alles drückte

dem Gebäude den klerikalen und klösterlichen
Stempel auf. Die für die Laienschaft be-
stimmten Räume sind architektonisch von ganz
untergeordneter Bedeutung: ein sprechendes
Bild der Thatsache, dafs die Laienkultur auf
diese Kunst keinen Einfluß geübt hat. Sogar
in der Ornamentik findet sich kaum eine Spur,
die auf die glänzende Entfaltung des höfischen
und ritterlichen Lebens zurückwiese. Die
romanische Kunst ist so weltflüchtig wie die
Mönche, die sie pflegten. (Forts, folgt.)

Bonn. Heinrich Schrörs.

Inf der rothen Erde sind im Sonnen-
schein mittelalterlichen Kunstlebens
Blüthen entsprossen von mancher
i Art, wie die Blumen des Feldes, von
der stolzen Königskerze bis zum bescheidenen
Marienblümchen. Ragende Dome haben die
Alten gebaut und kleine traute Dorfkirchlein.
Die Dome sind ja männiglich bekannt, aber
der kleineren Denkmäler ist noch manches zu
enthüllen, sei es auch nur, um es vor Ver-
gessenheit zu bewahren, wenn der weit um sich
greifenden Wuth, Miniatur-Kathedralen in die
Dörfer zu setzen, eins nach dem andern weichen
mufs. Wohl sind viele der kleinen Bauten es
werth, dafs sie auch weiterhin bekannt werden,
liegt doch gerade bei ihnen viel beherzigens-
werthe Anregung zur sachgemäfsen und kunst-
gerechten Lösung ähnlicher Aufgaben in unserer
Zeit.

Nicht weit von der alten Bischofstadt Osna-
brück liegt das kleine Kirchdorf Beim, welches
ein anziehendes Denkmal mittelalterlicher Kunst
in Westfalen birgt.

DerGrundrifs (Fig. 6) der kleinen einschiffigen
Kirche zeigt die schlichten Formen, welche in
Westfalen um die Mitte des XIII. Jahrh. üblich
waren. Noch ist die gewaltige Stärke der roma-
nischen Mauern ungemindert, aber schon deuten
Strebevorlagen, die zusammen mit den Wand-
pfeilern des Inneren eine ansehnliche Widerlager-
stärke darstellen, die kommenden Lösungen der
Gothik an. — Das Schiff wird gebildet von drei
Jochen, deren östliches annähernd quadratisch ge-
staltet ist, während die beiden nach Westen hin

Die Kirche zu Beim.

Mit 15 Abbildungen.

sich anschliefsenden eine mehr rechteckige Form
annehmen; davor lagert sich im Westen ein
mächtiger Thurm. Die Schiffsjoche sind mit
Kreuzgewölben gedeckt, deren Rippen einen
kreisrunden Querschnitt zeigen; die Thurmhalle
ist von einer rundbogigen Tonne überspannt.
Die Schild- und Gurtbögen von einem einfachen
rechteckigen Profil sind überall spitzbogig ge-
wölbt in der gleichen busigen, fast rundbogigen
Art, wie die Bögen im Osnabrücker Dome.
An den Gurtbögen, welche bei gleicher Höhe
eine etwas weitere Spannung haben als die Schild-
bögen, betonte man den Spitzbogencharakter
besonders dadurch, dafs man in ihre Schlufs-
steine eine etwas übertriebene Bogenspitze einar-
beitete, wie die Details Fig. 8, 9 u. 15 zeigen. Die
Rippen weisen im Ostjoche am Scheitel eine
einfache Durchkreuzung auf, während sie in den
anderen Feldern in einem grofsen Schlufssteine
zusammen laufen, welcher ebenso, wie die jener
frühen Periode eigenen tellerartigen Verzierungen
an den Rippen mit zart gearbeiteten Rosetten
belebt ist. Der Schlufsstein des Mitteljoches
zeigt das Osnabrücker Wappenbild, ein sechs-
speichiges Rad. Ausser diesem Zierrath am
Gewölbe sind die Schlufssteine der Gurt- und
Schildbögen in den beiden westlichen Jochen
mit Porträtköpfen, Menschlein und allerlei aben-
teuerlichem Gethier geschmückt, dessen Auftreten
in der mittelalterlichen Kunst überhaupt man
wohl auf den Physiologus zurückführen mufs. —
Ueber die Gewölbekappen ist hier zu bemerken,
dafs sie im Chorjoche entgegen dem sonstigen
Brauche, jedoch analog denjenigen im Langhause
 
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