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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Semper, Hans: Ueber rheinische Elfenbein- und Beinarbeiten des XI. und XII. Jahrh., [2]
DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Neue Monstranz im spätgothischen Stile
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0177

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'297

1896.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

'JUS

grofse Typenverwandtschaft zeigen. So finden
sich im Museum der Porta nigra zu Trier zwei
Steinplatten des XI. Jahrh. von ca. 68 cm Höhe,
welche in Hochrelief die Gestalten Christi und
des Apostels Paulus in aufrechter Stellung und
strenger Vorderansicht darstellen.10) Christus
hält in der Rechten ein aufgeschlagenes Buch
mit der Inschrift: „Ego A ß"; Paulus öffnet
die ganze Hand nach Aufsen, wie mehrere Ge-
stalten auf dem Reliquiar im Louvre (Katalog
n. 36) und auf jenem in Budapest. Ebenso
findet sich auf den Skulpturen in Trier die-
selben grofsen Glotzaugen mit einge-
bohrten und gefärbten Augensternen,
dieselben in die Stirn fallenden, unten
gelockten Haarsträhne, wie bei mehreren
Figuren des grofsen Darmstädter, des Pariser
Reliquiars sowie der Sammlung Micheli (siehe
Figur 5). Auch der vortretende, dick-
lippige Mund und der dicke, struppige
Schnurr- und Vollbart ist auf den Trierer
Steinreliefs ganz ähnlich wie die betreffenden
Theile an den Figuren der Beinreliquiarien be-
handelt. Dasselbe gilt von dem eng um die
Schultern gezogenen Gewand auf den Trierer
Steinskulpturen, wenn es auch hier, dem Mate-
rial und gröfseren Maafstabe entsprechend,
plastisch kräftiger behandelt ist, als an den
Figuren der Beinreliquiarien. Endlich sind auch
auf den Trierer Steinreliefs die Füfse Christi

") Aus'in Weerth Taf. LXI, Fig. 5.

abwärts und etwas nach auswärts gerichtet, wie
auf den Reliquiarien, während sie beim hl. Paulus
abgebrochen sind.

Während diese Steinskulpturen eine un-
mittelbare und wahrscheinlich ungefähr gleich-
zeitige Stilanalogie zu den Figuren unserer
Reliquiarien bilden, so zeigen die Apostel-
figuren an den Steinschranken hinter
dem Choraltar im linken Seitenschiffe
des Domes zu Trier11) eine gröfsere Ver-
feinerung des nämlichen Typus, wie sie im
XII. Jahrh. eintrat. Sie stellen sich demnach
den Elfenbeinfiguren am Emailreliquiar der
Sammlung Soltykoff analog zur Seite und sind
auch von ähnlichen Säulenarkaden eingerahmt,
über deren Archivolten auch wieder wie dort
und am Basilikareliquiar in Brüssel Blattwerk,
zur Ausfüllung der Zwickel, an beiden Seiten
emporstrebt, wenn auch dasselbe an den Trierer
Steinschranken konventioneller behandelt ist.

Aus Allem dürfte hervorgehen, dafs die
fraglichen Beinreliquiare mit zahlreichen, un-
zweifelhaft rheinischen Skulpturwerken, sei es
in Elfenbein oder Stein, in engem, stilgeschicht-
lichem und typologischem Zusammenhang stehen
und demnach ebenfalls als rheinische Er-
zeugnisse, freilich eines mehr fabrikmäfsigen
als künstlerischen Betriebes des XI. bis XII.
Jahrh. anzusehen sind.

Innsbruck. Hans Seinper.

") Aus'm Weerth Taf. LV1I, D. 9 und Text
Bogen 11, S. 88.

Neue Monstranz im spätgothischen Stile.

(Mit Abbildung.)

ls es sich vor einigen Jahren darum
handelte, für die Jesuitenkirche in
Köln eine neue Monstranz zu be-
stellen, empfahl es sich, für die-
selbe den spätgothischen Stil zu wählen mit
Rücksicht auf das in rein architektonischer
Beziehung noch ganz von den Formen der
Spätgothik beherrschte Bauwerk. Als Muster
schien den Vorzug zu verdienen das prächtige
Exemplar, welches sich in dem „Fürstlich
Hohenzollern'schen Museum" zu Sigmaringen
befindet, weil es sich ebenso sehr durch kor-
rekten Aufbau auszeichnet, wie durch gefallige
Auflösung aller architektonischen Glieder in

Blumen und Blattwerk. Wie bei der Nach-
ahmung alter Vorbilder fast immer mancherlei
Abänderungen angezeigt sind, in der Regel
nicht nur solche, welche durch die abweichen-
den Grofsen Verhältnisse, praktischen Bedürf-
nisse und liturgischen Beziehungen sich er-
geben, so konnte es sich auch im vorliegenden
Falle nur um die Beibehaltung des ganzen
Systems handeln, während für die Einzelheiten
besondere Lösungen aus praktischen wie ästhe-
tischen Gründen sich ergeben. Die Uebereck-
stellung des Aufsatzes mufste der geraden An-
ordnung weichen, das denselben tragende
Schneckengewinde an den Seiten emporge-
 
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