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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Schmitz, Wilhelm: Die bemalten romanischen Holzdecken im Museum zu Metz
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0074

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Abhandlungen.

Die bemalten romanischen Holzdecken
im Museum zu Metz.

Mit einem Farbendruck und drei Doppellafeln.

feiten ist ein Fund von
so grofser Bedeutung
für die mittelalter-
liche Deckenmalerei
gemacht worden, wie
im Monat Mai vorigen
Jahres durch die Bios-
legung der beiden be-
malten Holzdecken in
den untern Räumen
der hiesigen höheren
Töchterschule in der Poncelet-Strafse.

Das Aeufsere des Gebäudes, in welchem
dieselben bei Vornahme baulicher Umänderun-
gen aufgedeckt wurden, liefs durch sein völlig
modernes Aussehen nicht im Geringsten ahnen,
dafs im Innern noch solch' bedeutende, einzig
in ihrer Art dastehende Werke frühmittelalter-
licher Kunst verborgen waren.

Die zum gröfsten Theil aus grotesken Fi-
guren bestehenden Darstellungen sind ein Be-
weis, dafs die Decken der Profankunst ent-
stammen, und spricht mehr wie ein Umstand
dafür, dafs selbige als Ueberreste eines mit
grofsem Reichthum ausgestatteten Patrizier-
hauses1) zu betrachten sind.

Was die Zeit der Entstehung dieser Arbeiten
anbelangt, so wird es wohl keinem Zweifel
unterliegen, dafs sie dem ersten Viertel des
XIII. Jahrh. angehören. Die Anordnung so-
wohl als auch die ornamentale und figurale
Behandlung zeigen noch romanisirende Anklänge
und nur wenige Ornamente besitzen einen voll-
ständig ausgeprägt frühgothischen Charakter.

In Hinblick auf den aufserordentlichen
kunsthistorischen Werth der Decken ist es an-
zuerkennen, dafs auf Anordnung der Stadtver-

') Zwar ist in dem Belleisle'schen Plane der
Stadt Metz vom Jahre 1738 als Besitzer des frag-
lichen Gebäudes das Kapitel der Kathedrale angegeben.
Dieser Plan ist abgebildet in Dr. F. X. Kraus >Kunst
und Alterthum in Lothringen«, Tafel VII.

waltung, in deren Auftrag jene Bauarbeiten zur
Ausführung gelangten, die Decken abgenommen
wurden und im hiesigen städtischen Museum
Aufstellung2) gefunden haben, da hierdurch
jedermann das Studium dieser sehr merk-
würdigen und hochinteressanten Arbeiten er-
möglicht ist.

Bevor zu einer näheren Besprechung über-
gegangen wird, dürfte wohl zunächst eine kurze
Zusammenstellung der anderwärts bezw. an
anderen Orten noch vorhandenen bemalten
mittelalterlichen Holzdecken und Fragmente
von solchen nicht ohne Interesse sein.8)

Vorher möge auf Theophilus Presbyter:
»Schedula diversarum artium« verwiesen sein,
wo es in der Vorrede zum III. Buch (Ausgabe
von Ilg Seite 150) bei der Beschreibung eines
fCircheninneren heifst: „Erblickt das Auge die
Laquearien (d. h. Felderdecken), so sind sie
beblümt, wie die Pallien, sieht es auf die Wände,
so ist's ein Bild des Paradieses; wenn es den
Reichthum des von den Fenstern strömenden
Lichtes schaut, so bewundert es die unend-
liche Pracht der Gläser und die Abwechselung
in der kostbarsten Arbeit."

An erster Stelle wäre als bedeutendstes
Werk die berühmte, aus dem Ende des XII.
jahrh. stammende Decke in dem Mittelschiffe
der Michaelskirche zu Hildesheim4) zu nennen.

Wohl gleichalterig mit dieser ist die be-
malte Decke der Kirche zu Zillis (Schweiz)5)
und das Fragment der bemalten Holzdecke

2) Leider hat man jedoch nur einen Theil der
bemallen Balken herausgenommen; die weitaus gröfstc
Zahl ist durch den Putz überdeckt und dadurch die
Besichtigung und das Studium der auf denselben be-
findlichen prachtvollen Ornamente zur Zeit vollständig
unmöglich geworden.

') Falls dem geschätzten Leser noch bemalte
Holzdecken aus dem Mittelalter bekannt sind, welche
hier keine Erwähnung gefunden, so bittet der Ver-
fasser um gütige Mittheilung derselben.

4) Dieselbe ist abgebildet und beschrieben in
Knackfuss »Deutsche Kunstgeschichte«, I. Band,
S. 169.

6) J. Rahn »Geschichte der bildenden Künste in
der Schweiz«, Seile 290. — Die „biblischen Decken
gemälde in der Kirche von Zillis im Kanton Grau,
bündten". »Mittheilungen der antiquarischen Gesell-
schaft in Zürich.«
 
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