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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Beissel, Stephan: Die römischen Mosaiken vom VII. Jahrh. bis zum ersten Viertel des IX. Jahrh., [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0102

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145

1897. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

146

Die römischen Mosaiken
vom VII. Jahrh. bis zum ersten Viertel des IX. Jahrh.

II. (Fortsetzung)

urcli Karl d. Gr. begann für Italien
eine neue Periode. Die Herrschaft
der Griechen endete, die der Deut-

-------1 sehen begann. Zwei grofse Päpste,

Leo III. (795—816) und Paschalis (817—828)
erneuerten im Beginn des IX. Jahrh. das Kunst-
leben der ewigen Stadt. Im vollen Glanz der
italienischen Sonne zeigt sich das berühmteste
Werk des erstem, wenn man aus der „Konstan-
tinischen Basilika des Lateran" hinaustritt.
Wohl schweift der Blick zuerst nach rechts
über die Stadtmauern weit hinaus in die Cam-
pagna bis zum Sabinergebirge. Kehrt er zurück
in die Stadt, so liegt vor ihm die Kirche
S. Croce in Gerusalemme, angeblich von der
hl. Helena in einem alten Palaste neben dem
ziemlich erhaltenen Amphitheatrum castrense
errichtet. Zur Linken erhebt sich die Kapelle
der hl. Stiege. Vor ihr sieht man in einer
Apsis jenes Mosaik Leos. Es ist jedoch leider
nur eine unter Benedikt XIV. angefertigte
Kopie; denn das Original ging unter dessen
Vorgänger Clemens XII. zu Grunde. Etwa
elf hundert Jahre zuvor hatte Leo III. im
Lateran zwei grofse Festsäle erbauen lassen.1)
In dem einen bewirthete der Papst die vor-
nehmsten Gäste, welche sein Nomenculator
im feierlichen Hochamte nach dem Agnus Dei
„zum Tische des Papstes" eingeladen hatte, im
andern der Vicedominus die Herren niedern
Standes, an welche durch den Notarius eine
Einladung ergangen war. Das gröfsere, späterhin
„Konziliensaal" genannte Triclinium hatte an
der Schmalseite ein Apsis, worin in Mosaik
ein Gebet angebracht war, das sich auf jene
Festmahle bezog. Es lautete: „Gott dessen
Rechte den hl. Petrus aufrichtete, als er auf
dem Wasser wandelte, und seinen Mitapostel
Paulus aus dreimaligem Schiffbruch errettete,
deine hl. Rechte schütze dieses Haus und
alle Gläubigen, welche hier Mahlzeit

V) Ueber jene beiden Säle verg]. »Liber pontificalis«
ed. Duchesne II, 3, 11, 34 note 14, 41 note 52.
de Rossi »Inscriptiones« II, 425 n. 57. Garrucci
Tav. 288. »Christliche Kunstblätter« (Freiburg 1868)
Nr. 83 f. »Revue archgo]..- 1884, pag. 1 s. Ueber die
Einladung zum Festessen verg]. Mabillon »Musei
italici« tom. II, Ordo I, pag. 13; Ordo XI, pag. 142;
Ordo X[[, pag. 187. »Liber pontificalis« II, 157 u. 163.

halten und über die Gaben deines
Apostels hier sich erfreuen!"

Ueber dieser Inschrift war wohl in zwei
Mosaiken dargestellt, wie Petrus über das
Meer wandelt und Paulus sich aus dem Schiff-
bruch rettet. An jeder Langseite des Konzilien-
saales waren zehn kleinere Apsiden, deren Ge-
mälde zeigten, wie „die Apostel den ver-
schiedenen Völkern predigten". Vielleicht
sind die Mosaiken der Kuppel von S. Marco,
wo die Apostel mit den verschiedenen, beim
Pfingstfest versammelten Völkern dargestellt
sind, oder jene der dortigen Taufkapelle, wor-
in der Heiland die Apostel in alle Welt aus-
sendet und jeder derselben, den Vertreter eines
Volkes tauft, eine Nachahmung der Bilder jenes
gröfsern Festsaales Leos III.

Das kleinere Triclinium hatte drei Apsiden,
je eine an der nördlichen, östlichen und west-
lichen Seite, im Süden lag wohl der Eingang.
Das Mosaik einer dieser Apsiden ist nun das-
jenige, welches man vom Portal der Latera-
nensischen Basilika aus sieht. In seiner Mitte
steht Christus auf dem mystischen Berge, dem
die vier Ströme entspringen. Zu seiner Rechten
stehen sechs, zur Linken fünf Apostel. Er er-
hebt die Rechte zum Redegestus. Unter dem
Mosaik aber liest man, was er sagt: „Geht
aus, lehret alle Völker" u. s. w. Mit der Linken
hält er ein offenes Buch, dessen Text die
segensreiche Wirkung der christlichen Predigt
zusammenfafst: „Der Friede sei mit euch."
Um das Ganze läuft die Inschrift: „Ehre (Gloria)
sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen,
die guten Willen sind." Das Gloria vertrat
ehedem das Te Deum und wurde zum Aus-
druck des Festjubels benutzt. Jemanden mit
Gloria aufnehmen, hiefs, ihn auf das Höchste
ehren. So entsprach in jenem Mosaik das
Gloria dem Tischgebet des gröfsern Saales und
forderte zur Freude auf.

Die Wand, welche jene Apsis umrahmt,
trägt zwei wichtige Bilder. In dem einen thront
der Heiland, zu dessen Rechten und Linken
Papst Silvester und Kaiser Konstantin knieen;
dem erstem reicht er zwei Schlüssel, dem
zweiten ein Banner. Auf der andern Seite
der Apsis entspricht der Person des thronenden
Heilandes Petrus. Er sitzt auf einer Kathedra,
 
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