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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Schnütgen, Alexander: Die alte Abbildung des Reliquienkreuzes im "Halle'schen Domschatz" und das Original im Nationalmuseum zu Stockholm
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Braun, Joseph: Der romanische Taufstein der Pfarrkirche zu Neuenkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0054

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1898. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

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lieh, auf dem Wege in seine neue Heimath ab-
handen gekommen, während die alte Kopie
es noch im Vollbesitze desselben zeigt, mit Ein-
schlufs des das Ganze bekrönenden spätgothi-
schen Kruzifixus, für den das Original noch
die vertiefte Einsatzstelle erkennen läfst. Nicht
bis in seine kleinsten stilistischen Einzelheiten
tritt der Schmuck hier in die Erscheinung, da
es sich bei dem „Halle'schen Domschatz", trotz
der künstlerischen Sorgsamkeit der Aufnahmen,
nur um eine dekorative Abbildung, weil um
den Ruhm des grofsen, kunstsinnigen Kirchen-
fürsten handelte, dem derselbe entweder Ent-
stehung oder Zusammensetzung verdankte, um
ein abbildliches Inventar, welches nach Form
wie Inhalt nicht seines Gleichen hat.

Aus diesem kostbaren Inventar, welches
glücklicherweise in seiner Heimath verblieben

ist als eine fortdauernde Aufforderung, seinen
reichen Inhalt zu prüfen und ihm Fingerzeige
für die Beurtheilung alter und die Beschaffung
neuer Kleinodien zu entnehmen, hat ein glück-
licher Zufall den Weg zu dem Original gezeigt,
welches hoch im Norden den geläuterten Ge-
schmack und die technische Fertigkeit der
deutschen, speziell der rheinischen (vielleicht in
Mainz oder Aschaffenburg ansässigen) Gold-
schmiede im späten Mittelalter kündet.

Davon legt auch der zweite Gegenstand,
der aus dem Nachlasse des Kardinals Albrecht
stammt, aber in sein Schatzbuch keine Auf-
nahme mehr finden konnte, Zeugnifs ab, und
dieser, sein offenbar viel gebrauchter, weil
gerade für Reisezwecke eingerichteter Krumm-
stab, soll im nächsten Hefte Abbildung und
Beschreibung erhalten. Schnütgen.

Der romanische Taufstein der Pfarrkirche zu Neuenkirchen.

Mit 5 Abbildungen.

ie alte Pfarrkirche zu Neuenkirchen
im Oldenburgischen Münsterland

voll gegen den Sockelschaft an. Ein Vergleich
mit der gewöhnlichen Darstellung, wonach der

^^^^^^^^^^ Derselbe ist aus gelb-
lichem Sandstein angefertigt und ruht auf einer
quadratischen Platte von 0,10 m Dicke, welche
0,85 m im Geviert hält (Fig. 1). Der Tauf-
brunnen besteht aus Kuppe und Untersatz.
Erstere, welche eine Höhe von 0,41 m und
einen oberen Durchmesser von 0,85 m hat,
verengert sich nach unten zu um ein Weniges.
Eine Schräge leitet zum Untersatz über, der
aus einer an der Peripherie wulstartig abgerun-
deten, kreisförmigen Platte, welcher das Becken
aufliegt, einem runden Ständer und einer
pyramidal ansteigenden Fufsplatte besteht. Den
verhältnifsmäfsig dünnen Sockelpfeiler umstehen
über Kreuz vier wulstförmige Dienste, welche
nicht wenig zu dessen Belebung beitragen, auf
der unteren Platte sind dagegen in der Rich-
tung der Diagonale vier Löwen angebracht,
welche als Träger der stark ausladenden obern
Platte dienen. Eigentümlich ist die Weise
wie die Bestien hier zu diesem Zweck ver-
werthet sind. Mit dem Bauch auf der Kante
der Pyramide aufliegend und die Hinterfüfse
gegen den Boden stemmend, springen sie, den
Kopf wie voll Ingrimm zähnefletschend rück-
wärts gewandt, mit den Vorderpranken macht-

besitzt einen sehr interessanten j Löwe, wenn er die Rolle eines tragenden
Taufstein. Derselbe ist aus selb- I Gliedes zu spielen hat, mit der Last auf dem

Rücken zu ruhen pflegt, bekundet, wie ungleich
wirkungsvoller die freilich nicht überall ver-
wendbare Art ist, in welcher der Unhold an
unserm Taufstein auftritt. Kaum könnte die
Idee von Last und Kraft, Druck und Gegen-
druck, Gewicht und Stütze sinnfälliger und
energischer zum Ausdruck gebracht werden,
als es hier geschieht.

Nicht minder bemerkenswerth wie der
Untersatz des Taufsteins ist der Schmuck,
den die Aufsenseite des Beckens erhalten hat.
Vier glatte Stäbe, welche dieselbe umgürten,
erwecken den Anschein, der Meister habe der
Kuppe den Charakter eines von Reifen um-
zogenen Fasses geben wollen. Zwischen den
vier Gurten läuft ein dreifacher Fries dahin,
während der Rand des Beckens oberhalb
des höchsten Rings unverziert geblieben ist.
Von den drei Friesen besteht der mittlere aus
dem bekannten Flechtwerk, der obere und
untere stellen hingegen Muster von sehr eigen-
thümlicher Bildung dar. Ersichtlich romanische
Ornamente, unterscheiden sie sich jedoch durch
manche Besonderheiten von der sonst üblichen
Form derselben. Stäbe und Friese erheben
 
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