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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Haendcke, Berthold: Ueber Entwürfe und Studien zu ausgeführten Werken Alb. Dürers
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0102

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157

1898. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

158

Zeichnung ist von 1503 datirt. Die Züge dieses
jungen Mannes treffen wir wieder an in dem
Bilde eines Unbekannten in der K. K. Ge-
mäldegalerie zu Wien (Belvedere)vom Jahre 1507.
Das Porträt ist ebenfalls ein Brustbild. Der
junge Mann, dessen gelocktes Haar eine schwarze
Mütze schützt, ist dreiviertel en profil nach links
gestellt. Ein pelzverbrämter Mantel liegt über
einem weifsen Untergewande, das am Halse
sichtbar wird. Für die Vergleichung hebe ich
besonders hervor: die Augenbrauen, die kleinen
Augen, die breite Nasenform mit der sich leicht
senkenden Spitze, die vorgewölbte Oberlippe
mit der am oberen Rande auffallend konturirten
Lippe, der Schnitt des Mundes, das eckige,
breite Kinn, den dicken Hals. Diese identischen
Einzelheiten erhalten ihre Bestätigung durch
die allgemeine Bildung der Gesichter. Mifst
man die sich ja gleichbleibenden Horizontalen
nach, z. B. auf beiden Arbeiten, von der Augen-
ecke bis zur Mitte des Mundes einerseits und
andererseits von dem Nasenwurzelansatze bis
ebenfalls zur Mundmitte, so ergeben sich auf
beiden Bildnissen dieselben Uebereinstimmun-
gen bezw. Differenzen. Wer der Unbekannte
ist, erfahren wir allerdings nun noch immer
nicht.3)

Anders verhält sich dies mit der Zeichnung
in London (ed. Lippmann 284), auf der wir das
Brustbild eines Mannes in mittleren Jahren er-
blicken. Der bartlose Kopf mit seltsam spitzer,
vorspringender Nase (Entenschnabel) ist in drei-
viertel Wendung nach links gedreht. Das Haupt

3) Wie Ephrussi a. a. O. p. 93 zu dieser Zeich-
nung bemerken kann : . . . et qui est une etude d'apres
nature pour ]a tele du hellebardier de gauche (vom
Paumgärtner'schen Altare) ist mir absolut unerklärlich.

bedeckt ein Barett, die Schultern ein Pelz, der
vorne offen ist und das gefaltete Hemd erblicken
läfst. Ich datire die Zeichnung ca. 1516/18.
Der Dargestellte ist Oswald Krell, den Dürer
zuerst im Jahre 1499 in dem Münchener Bilde
gemalt hat. Man beachte die beiden sehr auf-
fallenden Falten zwischen den Augenbrauen
auf der Zeichnung und auf dem Bilde, den
Ansatz der Brauen direkt an diesen Furchen
in der Haut, die lange, schnabelartige Nase,
die hohe Oberlippe, die zudem vorgeschoben
ist, die Einziehung im breiten, kantigen Kinn
unter der Unterlippe und die Einkerbung des-
selben, wie endlich der stark heraustretende
Adamsapfel. Den fremden Zug um den Mund
hat das Leben gegraben. Die einzige be-
achtenswerthe Abweichung — da sonst auch die
allgemeinen Formen übereinstimmen, wie Hori-
zontalmessungen schnell darthun — besteht
zwischen den Haaren auf dem Bilde und auf
der Zeichnung. Sie sind hier weit kürzer und
nur gewellt, nicht, wie dort, lang herabfallend
und gelockt. Die langen Locken auf dem
Gemälde sind aber zweifelsohne keine natür-
lichen, sondern der damaligen Mode entsprechend
künstlich hergestellt. Andererseits ist das Haar
auf der Zeichnung noch immer sehr voll.
Krell, der ca. 18 bis 19 Jahre älter geworden
ist, trägt auf der Kreidezeichnung eben sein
reiches, natürlich gewelltes Haar kurzgeschnitten,
wie es die Männer in reiferen Jahren damals
zu thun pflegten. Da alle übrigen wesentlichen
Formen und Einzelheiten die nämlichen sind,
hier wie dort, so stehe ich, um es zu wieder-
holen, nicht an, in der Londoner Zeichnung
Oswald Krell's Züge zu sehen.

Königsberg i. Pr. B. Haendcke.

Bücherschau.

Die katholische Kirche unserer Zeit und
ihre Diener in Wort und Bild. I.Rom. Das
Oberhaupt, die Einrichtung und die Ver-
waltung der Gesamm tkirch e. Herausgegeben
von der Leo - Ges ellsch af t in Wien. Berlin,
Allgemeine Verlagsgesellschaft, Friedrichsstr. 240/241.
Von diesem (in Bd. X, Sp. 281/282 angezeigten)
monumentalen Werke, welches auf 80 Hefte (a 1 Mk.)
berechnet ist, sind bereits zwei Drittel erschienen und
an zustimmenden Aeufserungen, anerkennenden Be-
sprechungen, warmen Empfehlungen, hat es demselben
wahrlich nicht gefehlt. Das Programm läfst an Ueber-
sichtlichkeit und Vollständigkeit nichts zu wünschen

übrig, und die einzelnen Theile und Unterabtheilungen
desselben sind von den berufensten Fachmännern so
eingehend und sorgsam bearbeitet, dafs von der Per-
sönlichkeit und Wirksamkeit Leos III., von der katho-
lischen Hierarchie, ihrer gegenwärtigen Gliederung und
Zusammensetzung, der päpstlichen Familie, also der
gesammten Umgebung, der päpstlichen Kapelle, ihrer
Einrichtungen und Personen," der Palastverwaltungen
und deren Behörden, der heiligen Kongregationen,
deren Aufgaben und Besonderungen ein sehr genaues,
offenbar ganz zuverlässiges Bild entworfen ist. Die
wunderbare Organisation der Kirchenverwaltung wird
hier bis in ihre Winkel beleuchtet, und fast jeder Leser
 
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