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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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215

1898.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 7.

216

die verschiedenen Stadien ihrer Bereitung ausge-
dehnt worden wäre, sie würde lehrreicher und wohl
auch dankbarer gewesen sein, als das Konglomerat,
welches seine ansprechende Gesammtwirkung zum
Theil der in der oblongen, basilikenartigen Halle
nicht gerade schwierigen, weil von selbst sich er-
gebenden, aber recht geschickten Vertheilung ver-
dankte. Zu dieser Wirkung trug in dem vorzüglich
geeigneten, weil mächtigen und gut beleuchteten
Saale wesenüich bei der erhöhte (Chor-)Raum, der
die Alterthümer aufgenommen und durch das impo-
sante Triumphkreuz einen reizenden Abschlufs ge-
funden hatte, sowie die Vierzahl der grofsen holz-
geschnitzten bezw. bemalten Altaraufsätze, die an den
Pfeilern des Mittelschiffes aufgestellt waren und mit
cen zum Theil minder günstig untergebrachten Para-
mentenschränken den Glanzpunkt der ganzen Schau-
stellung ausmachten. Würde diese auf der einen
Seite nur in alten Paramenten bestanden haben, die
aus den Diözesen Köln, Münster Paderborn, Osna-
brück in viel gröfserer Anzahl und Abwechselung
zu beschaffen gewesen wären, auf der anderen Seite,
also in direkter Gegenüberstellung, aus neuen Geweben
und Ornaten, die leicht um das Zehnfache hätten
vermehrt werden können und durch Wandbehänge
und Altarteppiche hätten vermehrt werden sollen, so
wären zunächst die Klagen über die exklusive Fas-
sung des Programms verstummt, deren Berechtigung
angesichts des ausgedehnten Lokals erst recht nicht
bestritten werden konnte. Um den Vorzug, die Aus-
stellung ganz mit eigenen Kräften und im eigenen
Rahmen bewerkstelligt zu haben, hätte ja die Stadt
Krefeld keiner zu beneiden das Recht gehabt, wie
auf diesem Gebiete der kirchlichen Textilkunst ihr
keiner den Vorrang bestreitet, den sie gewifs auf
den anderen Gebieten des kirchlichen Kunstschaffens
nicht für sich in Anspruch nehmen kann noch wird.

Damit aber neben diesem prinzipiellen Tadel auch
das grundsätzliche Lob nicht fehle, soll von vorn-
herein mit Anerkennung betont werden, dais die
Kommission von der Ausstellung mit Konsequenz
Alles ausgeschlossen hat, was durch die Art seiner
Auffassung, seines Materials, seiner Herstellung, der
Aufnahme in das Heiligthum unwürdig ist, also die
oberflächlichen, unsoliden, charakterlosen Machwerke,
welche vornehmlich durch die sogen. Kunstanstalten
vertrieben werden. So schwer es ist, sich dieser
Mifsgeburten zu erwehren, die nicht selten durch
weichliche Formen und glänzenden Aufputz die Ur-
theilslosen zu blenden vermögen und die auf früheren
Ausstellungen zur Begriffsverwirrung leider viel bei-
getragen haben, um so höher ist das Verdienst zu
werthen, ihnen energisch den Einlafs verwehrt zu
haben.

Prüfen wir zunächst die Textilien, denen dieser
Bericht vornehmlich gewidmet ist, so mufs nochmals
dem Bedauern kräftiger Ausdruck gegeben werden,
dafs sie kein irgendwie vollständiges Bild der Krefelder
Sakralindustrie gaben, wie sie sich gerade im letzten
Jahrzehnt so glänzend und auf so guter Grundlage
entwickelt hat, nachdem sie bereits vor 40 Jahren
einen für die damalige Zeit epochemachenden Anlauf
genommen hatte, ohne aber im Sinne des Anschlusses |

an die besten Erzeugnisse der mittelalterlichen Webe-
kunst fortzuschreiten. Dem Fabrikanten Theodor
Go tz es , der sich mit der Technik durch langjährige
Uebung auf's genaueste vertraut gemacht hatte, blieb
es vorbehalten, diesen engsten Anschlufs zur Wahrheit
zu machen, indem er vor ca. 10 Jahren unter dem
Beistande des Malers Stummel und des Unterzeich-
neten anfing, mehrere Sammetstoffe mit eingewebten
Ornamenten, sowie Sammetbrokate der spätgothischen
Industrie von Genua und Brügge in Bezug auf Zeich-
nung, Farbe, Material, Bindung mit der peinlichsten
Sorgfalt nachzubilden. Nachdem die ersten Versuche
vollkommen gelungen, den besten alten Mustern, die
aus den Sammlungen des Niederrheins hervorgesucht
waren, durchaus ebenbürtige Stoffe gewonnen waren,
wurden auch die kostbaren Brokate mit den verschie-
denen Arten der Golddessinirung ebenso erfolg-
reich nachgeahmt, und damit es auch für die Ornate,
für die sie bestimmt waren, nicht an passenden und
würdigen Stäben fehle, wurden auch die sogen, köl-
nischen Borten, wahre Meisterstücke der Weberei,
nachgebildet, zuerst die ornamentalen und rankenver-
zierten, dann auch die figuralen, bei denen zu ihrer
Vollendung die Nadel der Stickerei zu Hülfe kommen
mufs. Auch der Wunsch nach wohlfeilen und dennoch
in Hinsicht der Zeichnung wie der Farbe und So-
lidität durchaus zuverlässigen Stoffen sollte im An-
schlüsse an die norditalienischen und spanischen
j Granatapfelmuster nicht unerfüllt bleiben, indem die
ebenso dauerhafte Bourette- (aus den durchlöcherten
Cocons gewonnene) Seide für die Unterlage verwendet,
die Edelseide auf die Oberlage beschränkt wurde.
Auch auf die romanischen Muster wurden bald
die Fabrikate ausgedehnt und wie die Bemühungen,
auch in weifser Farbe, von der nur wenige Vorbilder
sich erhalten haben, liturgisch zweifellose Paramente
zu schaffen, nicht erfolglos blieben, so ergab auch
die Sorge für billige und doch feste, dazu korrekt
gezeichnete Futterstoffe gute Resultate. Ueber diese
allmähligen aber ununterbrochenen Fortschritte hat
diese Zeitschrift bereits in den Jahren 1889—1891
(Bd. II, 35 und 71, Bd. IV, 321) berichtet, und was
damals als in der Sache begründet hervorgehoben
werden konnte, darf heute als durch die Erfahrungen
und Erfolge vollkommen bestätigt bezeichnet werden.
Von den grofsen gemusterten Sammet- und Goldbro-
katen allerersten Ranges bis zu den einfachsten, aber
in jeder Hinsicht musterhaften Brokatellen war bald
eine imposante Serie gewonnen, und die aus Seide
wie aus Gold gewebten, je nach Bedürfnifs mit der
Nadel ergänzten Borten traten für die liturgische Zu-
rüstung vielfach an die Stelle der zumeist- entweder
ganz unzulänglichen, oder fast unerschwinglichen
Stabstickereien. Jedes Jahr brachte neue Muster, je
nach Mafsgabe glücklich aufgetauchter alter Vorbilder,
wie der inzwischen geltend gemachten berechtigten
Wünsche. Auch Wandbehänge mit grofsen gut stili-
sirten Thierfigurationen kamen hinzu, sogar mit Gold
durchwirkte, und durch die Verwendung der Bourette-
seide wurde auch für sie der Preis auf ein beschei-
denes Maafs herabgedrückt.

Fragen wir nach dem Grunde dieses glücklichen
Gelingens, so ist derselbe hauptsächlich in dem aller-
 
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