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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Schroers, Heinrich: Studien zu Giovanni da Fiesole, [2]
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Prill, Joseph: In welchem Stile sollen wir unsre Kirchen bauen?, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0155

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245

1898.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

246

Supino, begnügt sich mit der ganz allgemein
gehaltenen Annahme, ein „Sichdrängen (four-
millement) von Visionen, Extasen und Wun-
dern" habe den Künstler inspirirt.62) Sein Buch
gibt im Uebrigen nicht viel mehr als eine kurze
geschichtliche und stilkritische Besprechung der

einzelnen Werke.68)

* *

Mehr vielleicht als das eines andern Künst-
lers war Angelicos Bild glänzend, verloschen,
schwankend im Geiste der Zeiten: verterunt
se memoriae.64)

Anton Springer hat einmal gesagt, dafs wenn

62) J. B. Supino »Beato Angelico« (Florence
1898) p. 5.

63) Die beiden englischen Arbeiten: Goodwin
»Life of Fra Angelicoc (London 1861) und Philli-
more »Fra Angelico« (London 1892) waren mir
leider nicht erreichbar. Indefs scheinen sie nicht von
selbstständiger Bedeutung zu sein.

64) Plautus »TrucuU 2, 1, 10.

eine Geschichte der Kunsturtheile geschrieben
würde, „man nicht nur Methode selbst in den
Irrthümern wahrnehmen, sondern auch ent-
decken würde, dafs den Irrthümern regelmäfsig
ein Zug der Wahrheit sich beimischt.65) Ob
dies auch im Hinblick auf den Mönch von
Fiesole zutrifft? Ich meine an mir selbst die
Wahrnehmung gemacht zu haben, der ein fein-
fühliger Kenner neulich Ausdruck gab. Wenn
man, schreibt Heibig, jene ganze Litteratur ge-
lesen hat und „dann vor einem Gemälde des
klösterlichen Malers steht und sich den Be-
trachtungen überläfst, die es einflöfst, so kommt
es einem vor, als ob alles oder beinahe alles
noch zu sagen wäre".66)

Bonn. Heinrich Schrörs.

65) »Bilder aus der neuern Kunstgeschichte« 2. Aufl.
(Bonn 1886), II, 389.

«6) »Revue de l'art chretien.« Ann£e XXXVII
(1894) 371.

In welchem Stile sollen

lese praktisch wie theoretisch so
überaus wichtige Frage ist in den
letzten Jahren wiederholt aufge-
worfen und behandelt worden: eine
einheitliche, allerseits anerkannte Lösung hat
sie noch nicht gefunden. Aber durch die Er-
örterungen von dieser und jener Seite ist sie
doch der Lösung näher gebracht, und weitere
Erwägungen werden wohl schliefslich eine end-
gültige Entscheidung ermöglichen.

Nur ganz vereinzelte Stimmen aus dem
Kreise der Kunstkenner bestreiten noch, dafs
für uns in Deutschland — abgesehen natürlich
von Sonderfällen, in denen man sich an be-
stehende Denkmäler anschliefsen mufs — nur
der golhische und der romanische Stil in Frage
kommen können. Zwischen der Gothik und
dem romanischen Stil jedoch ist die Grenze
der Berechtigung noch nicht festgestellt. Wäh-
rend im allgemeinen der Gothik ein Vorrang
vor dem romanischen Stil zugestanden wurde,
fehlte es doch nicht an einem Versuche, diesen
letztern als den für unsre Zeit passendsten
hinzustellen und zu empfehlen, weil er als
Massenstil gegenüber dem gothischen Glie-
derstil mehr unserm modernen Empfinden
entspreche (vergl. diese Zeitschr. Bd. III).

Jenem Versuche gegenüber unternahm es

wir unsre Kirchen bauen?

I.
der Schreiber dieser Zeilen, das Verhältnifs
der beiden Stile zu einander in technischer wie
ästhetischer Beziehung einer ausführlichen Be-
sprechung zu unterziehen (Zeitschr. Bd. IV u.
V), welche in Verbindung mit geschichtlichen
Erwägungen zu dem Schlüsse führte, dafs der
gothische Stil nicht nur als der vorzüglichere
und für unsere Verhältnisse passendere zu
erachten sei, sondern streng genommen allein
noch für unsere deutschen Kirchenbauten Be-
rechtigung habe. Diesen selben Standpunkt,
den der feinsinnige, edle Vorkämpfer christlich
germanischer Kunst, August Reichensperger,
stets mit so grofser Entschiedenheit verfochten
hatte, theilen auch andere, welche dem Gegen-
stande ein tiefer eindringendes Studium ge-
widmet haben: für die Leser dieser Zeitschrift
weise ich nur hin auf die in Bd. IX veröffent-
lichten geistvollen Aufsätze von Schrörs „Die
kirchlichen Baustile im Lichte der allgemeinen
Kulturentwickelung". Der Verfasser kommt
zu dem Schlüsse, dafs die Gothik als die letzte
und vollendetste Erscheinung der mit der
Kultur in natürlichem Entwicklungsgang fort-
schreitenden Kunst für uns, die wir einen
eigenen Stil nicht besitzen, die angemessenste
Kunstform sei, und dafs von ihr, insbesondere
von der Friihgothik aus, die Weiterentwicke-
 
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