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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

DOI Artikel:
Prill, Joseph: In welchem Stile sollen wir unsre Kirchen bauen?, [1]
DOI Artikel:
Steinbrecht, Conrad Emanuel: Die Gastkammern im Hochmeisterschloß zu Marienburg i./Pr.
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0158

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251

1898. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

252

der Heiland selbst den vollkommenen Gebets-
dom von wunderbarer und unübertrefflicher
Architektur gebaut. Gleichwohl hat die Kirche
von Anfang an sich selbst und ihren Kindern
das Recht vindizirt, sich eigene Gebetskirchlein
neben diesen Dom oder in denselben hinein,
oder an denselben anzubauen, und sie sieht
jene Konsequenz als unberechtigt und häre-
tisch an."

Dieser Einwand könnte auf den ersten Blick
allerdings auch siegreich und unwidersprech-
lich erscheinen, und er würde thatsächlich
unsere ganze Beweisführung zu nichte machen,
wenn — die behauptete Parallele wirklich vor-
handen wäre.

Sie ist aber nicht vorhanden. Jene Häre-
tiker fehlten, indem sie die Worte des Heilandes,
die von der Art zu beten galten, von Einzel-
gebeten verstanden: sie stellten das Vater-
unser als einzelnes Gebet den übrigen Einzel-
gebeten gegenüber. So thun die Gothiker nicht:
sie stellen zwei Arten zu bauen einander
gegenüber. Würden sie sagen: der Kölner Dom
ist die vollkommenste Kirche, folglich dürft ihr
nur den Kölner Dom wiederholen, so wäre das
eine Argumentation, welche der vorhin be-
rührten ganz parallel liefe, ebenso folgerichtig
und ebenso unrichtig wäre. Aber so spricht
ja auch Niemand. Wie die katholische Kirche
neben dem Vaterunser nach dem Vorbild des I

Herrn selbst noch andere Gebete gebraucht,
so wollen die Gothiker neben dem Kölner
Dom noch mancherlei andere grofse und kleine,
reiche und bescheidene Kirchen und Kirchlein.
— Eher könnte man zwischen dem richtig
verstandenen Worte Christi und der Forderung
der Gothiker eine Parallele finden. Denn dei
Heiland spricht von der Art des Gebetes:
Wenn ihr betet, so haltet keine langen, Auf-
sehen erregenden Reden wie die Heiden, denn
euer Vater im Himmel weifs, was ihr nöthig
habt, sondern so, d. h. in dieser Art sollt ihr
beten, und zwar mit Ausschlufs jener heidnischen
Art. Und als Muster der von ihm allein ge-
wollten Art zu beten, gibt er ihnen das Vater-
unser. Wir werden uns freilich hüten, eine
solche Parallele als Stütze für unsere Argumen-
tation heranzuziehen, denn ob zwischen christ-
lichem und heidnischem Gebet einerseits und
zwischen Gothik und Romanik anderseits ein
gleicher Gegensatz bestehe, das dürfte doch
fraglich sein. Soviel aber darf als überzeugend
nachgewiesen gelten, dafs der im Vorstehenden
behandelte Einwand gegen die Schlufsfolgerung
der Gothiker eine stumpfe Waffe ist, welche der-
selben keine Wunde beizubringen vermag.

Ob die Argumentation der Gothiker rich-
tig ist, wird also noch weiter geprüft werden

müssen. (Forts- folgt.)

Essen. Joseph Prill.

Die Gastkammern im Hochmeisterschlofs zu Marienburg i./Pr

Mit 3 Abbildungen.
ach Instandsetzung des Hochschlosses

der Marienburg entschlofs man sich
kürzlich, auch das mittlere Schlofs
dem Herstellungsverfahren zu unter-
ziehen. Man bekam es da gleich zu Anfang
mit einem merkwürdigen Bautheil zu thun.

Das Hochschlofs bekanntlich enthielt die
Klausur der Konventsherrn. Fortifikatorisch
fällt ihm die Rolle des Kastells der Burganlage
zu. — Vor dem Hochschlofs entwickelt sich in
Hufeisengestalt das Mittelschlofs. Es birgt im
Nogatflügel die Räume des Hochmeisterpalastes,
darunter die bekannten schönen Remter. Den
andern, dem offenen Felde zugekehrten Flügel,
der uns hier beschäftigen soll, nennt man die
„Gastkammern". Es sah dort jetzt freilich wenig
gastlich aus. Viele Umwandlungen, wie sie nur
eine Riesennatur erträgt, hat dieser Baukörper
durchgemacht. Die letzten — 1804, zu Magazin-

zwecken, — haben die Entfernung der Gewölbe
und Innenwände zur Folge gehabt. An ihre
Stelle trat ein Wald von Stiehlen und Balken,
und dichte Schuttböden und Lukenreihen gaben
dem Bau ein trostloses Aussehen.

Von dem ehemaligen Zustrom von Gästen
nach Marienburg und von der dort geübten
hochmeisterlichen Gastfreundschaft weifs die
Geschichte genugsam zu berichten. Ohne diese
Zuzüge aus Alldeutschland hätten sich die Ost-
marken nicht festigen und nicht halten können.
Im Deutschordenshause zu Marienburg, in den
dorthin berufenen Kapitelstagen und in den von
dort ausgehenden Kriegszügen, entschieden sich
Jahrhunderte lang die Geschicke des Ostens.
Die Unterbringung der Gäste und die Ausgaben
für die zu ihrer Ehre getroffenen Veranstaltungen
füllen imMarienburgerTrefslerbuch (1390—1409)
manche Seite. In dem Buche befinden sich auch
 
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