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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Justi, Carl: Ein Bildniß König Ferdinand des Heiligen, von Murillo
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Prill, Joseph: In welchem Stile sollen wir unsere Kirchen bauen?, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0169

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267

1898.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 9.

268

bracht worden und stamme von ihrer Mutter,
der griechischen Kaisertochter Irene Angela.
Doch wird jeder Leser dieser Zeitschrift er-
kennen, dafs der Stil des köstlichen Bildwerks
von dem byzantinischen so weit entfernt ist,
wie der Ost vom Abend; er weist auf denselben
Ursprung hin, wie die Statuengruppe von Burgos.

Das Gemälde Murillo's, das die Veranlassung
zu diesem Artikel gab (es hat 1,66 m Höhe,
1,12 m Breite), ist von tadelloser Erhaltung und
aus des Meisters bester Zeit. Es wurde kürzlich
von Herrn Steinmeyer in Madrid erworben, und
stammt aus der einst berühmten Galerie des In-
fanten Don Sebastian (-}• 1875), eines Urenkels
Karl III. Der Sammler hatte mit ebenso viel
Geschmack wie Rücksichtslosigkeit unter den
Schätzen spanischer Klöster und Kirchen ge-
wählt. Die Galerie enthielt einige Perlen der
altniederländischen Schule, von Hugo van der
Goes jind Roger van der Weyden. Am reich-
sten war sie in vorzüglichen Gemälden der
im Auslande wenig bekannten spanischen
Meister des XVII. Jahrh. Von manchem unter
diesen, z. B. Pereda und Mufioz, konnte man

eigentlich nur hier noch eine zutreffende Vor-
stellung gewinnen; die Zukunft wird für sie,
wofern sie noch Zeit hat, sich um spanische
Malerei zu bekümmern, auf die mageren Be-
richte in Cean Bermudez »Diccionario« und
auf ihre Begräbnisse (zweiter Klasse) in den
Kompendien der Geschichte der Malerei ange-
wiesen sein. Die Galerie wurde nach der Re-
volution von 1868 über die Pyrenäen geschafft
und stand Jahre lang in Pau, wo sie der Ver-
fasser seit 1877 mehrere Male gesehen hat.
Später wurde eine Auslese nach Madrid ge-
bracht, und dann auch der Rest (darunter die
grofse Asunta des Domenico Theotocopuli)
nach Aranjuez. Sie ist nun unter die Erben
vertheilt worden und wird den Weg der spa-
nischen Galerie Louis Philipps und des Mu-
seums des alten Königs Ferdinand von Portugal
gehen. Aus ihr ist auch das aufserordentliche
Gemälde der Porciuncula von Murillo jüngst
nach Deutschland und Köln gekommen, dessen
Zustand sich als keineswegs so verzweifelt heraus-
gestellt hat, wie man lange Zeit glaubte, ja tröst-
licher, als der Verfasser selbst vor zehn Jahren
in seiner Schrift über Murillo angenommen hatte.

Bonn. Carl Justi.

In welchem Stile sollen

tnser verehrter Gegner sucht dann
die einzelnen, zu Gunsten der Allein-
berechtigung der Gothik angeführ-
ten Gründe zu entkräften.
Von den Freunden der Gothik, namentlich
von Reichensperger, wurde öfter darauf hin-
gewiesen, dafs die grofsen Meister, welche
einstens im romanischen Stil ihre Dome be-
gonnen hatten, nach dem Auftreten der Go-
thik sich dieser zuwandten und in dem neuen
Stil weiter bauten. — Demgegenüber betont
Keppler, dafs dieser Stil Wechsel sich denn
doch so schnell nicht vollzogen, Deutsch-
land vielmehr durch eine ganz eigene Bauweise,
den sogenannten Uebergangsstil, erst von der
Romanik sich verabschiedet habe. — Dann
aber sei auch eine solche Beweisführung be-
denklich. Es könnte nämlich leicht jemanden
einfallen, mit ganz demselben Argument die
Berechtigung der Renaissance gegenüber der
Gothik beweisen zu wollen, da man jener sich
fast noch schneller zugewandt habe, obwohl

wir unsere Kirchen bauen?

II.

nach Reichensperger und Janssen die Gothik
durchaus nicht im Zeichen des Verfalles an-
gelangt war. — Endlich sei aber mit diesem
Argument auch deshalb nichts anzufangen, weil
die mittelalterlichen Baumeister überhaupt nicht
über Stil und Stilwechsel nachgesonnen, son-
dern einfach in dem sich ihnen darbietenden
Stil ihrer Zeit gebaut hätten. „Der Stil der
Zeit war eine Macht, der sich entziehen zu
wollen keinem Baumeister in den Sinn kom-
men konnte, erst wir, die wir einen eigenen
Stil nicht besitzen, müssen fragen: in welchem
Stile sollen wir bauen?" (Archiv 1897 S. 75.) —
In der That, eine Stilfrage in unserm heu-
tigen Sinne hat unseren Vorfahren keine Sorge
gemacht. Wie die Meister nicht über Stile
grübelten, solange sie sich der Bauweise ihrer
Zeit bedienten, so konnten auch theoretische
Erwägungen über den Stil sie nicht von einem
: Wechsel der Bauweise zurückhalten. Und wenn
sie durch ihre eigenen Werke einem neuen Stil
vorarbeiteten, so ist auch dies ihnen wohl kaum
 
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