Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Ein Denkmal des gottseligen Thomas von Kempen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0051

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6i

1900.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

64

ergeben sich vielmehr zwischen den Strebe-
pfeilern der Sakristei, die nur 275 cm Distance
haben, bei erst in der Höhe über einer spitz-
bogigen Blende beginnenden Fenstern. Dieser
Raum ist wie geschaffen für die Eingliederung
eines kräftigen Sockels, einer etwas über lebens-
grofsen, den Raum vollkommen ausfüllenden
Gruppe und einer sie würdig einfassenden,
wirkungsvoll bekrönenden Architektur.

Um die Möglichkeit einer durchaus be-
friedigenden Lösung an dieser Stelle und in
dieser Form zu zeigen, und damit nicht nur
für den vorliegenden Fall, der leicht zur Nach-
ahmung reizen könnte, praktische Rathschläge
zu ertheilen, habe ich den Bildhauer Wilhelm
Mengelberg gebeten, einen diesem Zwecke
genau angepafsten Entwurf anzufertigen. Diesen
lege ich hier vor, um an ihn die weiteren Er-
örterungen anzuknüpfen, die mir von Wichtig-
keit zu sein scheinen, weil sie grundsätzlicher
Art sind.

Dem gottseligen Thomas von Kempen kann
und soll nur ein religiöses Monument gesetzt
werden, also ein Denkmal, in welchem er als
der Verfasser der Nachfolge Christi verherrlicht
wird. Die Nachfolge Christi besteht in dem An-
schlufs an den kreuztragenden Heiland; an ihm
hat Thomas sich inspirirt, an ihn seine from-
men Betrachtungen, seine ernsten Ermahnungen
geknüpft. Auf zutreffendere Art, als zu den
Füfsen des Kreuzträgers knieend, den Blick auf
ihn geheftet, und das Erschaute nieder-
schreibend kann er unmöglich zur Darstel-
lung gebracht werden. Zu Füfsen Gottes oder
der Heiligen knieend werden in der Regel alle
Stifter dargestellt, aber diesem ganz allgemeinen
Privileg steht als ganz besondere Auszeichnung
das Vorrecht des gottseligen Thomas gegen-
über, mit der Feder in der Hand vor dem
Kreuzträger zu knieen. Ihm dieses Vor-
recht vorenthalten, ihn zu einer landläufigen
Darstellung verurtheilen, könnte als ein Angriff
auf sein Wesen, auf seine Würde, als eine Art
von Degradirung, von Profanirung erscheinen.
Weil für den Verfasser der Imitatio ein Denk-
mal irgendwie profaner Art ausgeschlossen ist,
auch in seiner Vaterstadt, dürfte auch eine an's
Profane streifende Behandlung desselben keine
Berechtigung haben. — Würde ihm kurz nach
seinem 1471 erfolgten Tode ein Epitaph er-
richtet worden sein, (was freilich schon durch

den Umstand ausgeschlossen wurde, dafs er nicht
einmal seinen Namen genannt hat), so wäre
dafür wohl sicher die Innen- oder Aussenwand
der Kirche gewählt worden, und wenn gar die
1482 gebaute Sakristei der Kempener Pfarrkirche
dasselbe hätte aufnehmen sollen, es würde wohl
annähernd die Form erhalten haben, die ihm
hier auf der Mengelberg'schen Zeichnung bei-
gelegt ist. So glücklich erscheint die Gruppe
mit ihrer Umrahmung in den Organismus des
Bauwerkes eingeführt, dafs der Eindruck einer
neuen Anlage verschwindet, vielmehr der einer
ursprünglichen Anordnung sich aufdrängt. —
Nur in spätgothischer Ausführung konnte sie
gedacht werden, und auch der Umstand, dafs
mit ihr die Stilfrage von selbst gelöst ist, fällt
für ihre Wahl mit in's Gewicht. Als Material
empfiehlt sich für die Figuren heller Sandstein,
für die ganze Umrahmung rother Sandstein, der
durch einige Granitprofile belebt werden könnte,
wie auch für die Inschrift am besten eine
schwarze Granitplatte zur Verwendung käme.
Zum Reichthum der Wirkung trägt die Mafs-
werkausstattung des runden Bogens wie des
Hintergrundes und die Gewölbebehandlung bei;
die kräftigen Flankirungspfeiler mit ihren male-
rischen Fialen vereinigen sich mit der mächtig
aufschiefsenden Kreuzblume zu einer so wir-
kungsvollen Bekrönung, dafs an diesem Denk-
mal Alles die Aufmerksamkeit fesselt, zur Be-
trachtung, zur Vertiefung, zum Gebete einladet.
Sofort würde es den nordwärtskommenden
Kirchenbesuchern in die Augen fallen, und von
den Fremden, für welche die Pfarrkirche mit
ihrer reichen spätgothischen Ausstattung den
Hauptanziehungspunkt der alten Stadt bildet,
würde keiner es übersehen können.

Ein eisengeschmiedetes Gitter, einfach aber
korrekt, wie das angegebene, würde den passen-
den Abschlufs bilden, und an demselben könnten
Vorrichtungen getroffen werden sowohl für Be-
leuchtung, wie für die Befestigung von Blumen,
Pflanzen oder sonstigem Schmuck bei besonderen
Gelegenheiten. Auch könnten an dem Sockel,
sei es an Stelle der vorgeschlagenen Inschrift,
sei es in Verbindung mit derselben allerlei Er-
innerungsmotive angebracht werden, die etwa
durch Wappenschildchen Ausdruck gewönnen,
mögen sie sich auf die Stadt beziehen, wie das
bereits eingefügte, oder auf die Stifter und
deren Intentionen. Schnütgen.
 
Annotationen