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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Fisenne, Lambert von: Die Marienkirche in Volkmarsen: nebst Beiträgen zur Geschichte der Stadt und benachbarter Orte
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0011
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Abhandlungen.

Die Marienkirche in Volkmarsen,1)

nebst Beiträgen zurGeschichte der Stadt

und benachbarter Orte.

(Mit 11 Abbildungen.)

fls der hl. Bonifatius den Hessen
f das Evangelium verkündete,
g wohnte im sächsischen Hessen-
gau, in dessen Mitte Volkmarsen
I gelegen ist, ein Zweig des über
den ganzen Norden verbrei-
teten Sachsenstammes. Alle
Versuche des begeisterten
Glaubensboten, dieses Volk zum christlichen
Glauben zu bekehren, blieben fruchtlos. Nach-
dem Karl der Grofse die Sachsen unterworfen
hatte, gründete er an verschiedenen Orten
klösterliche Niederlassungen, die er reichlich
mit Gütern und Stiftungen versah. Diese
Klöster, wir nennen zunächst die vom hl. Boni-
fatius gegründeten: Fritzlar 741, Amöneburg
740, Hersfeld 744 und Fulda 747, wahre Pflanz-
stätten für Kunst und Wissenschaft, bearbeiteten
den rauhen Acker und machten ihn empfäng-
lich für das Samenkorn des christlichen Glau-
bens, der sich nun bald über den ganzen
Hessengau verbreitete und einer Reihe von
Klöstern einen weiten Wirkungskreis bot.

Dafs sich unter dem Einflüsse der Mönchs-
orden ein reges geistiges und künstlerisches
Leben entfaltete, ist selbstverständlich. Es sei
hier nur erinnert an das von Volkmarsen nicht
weit entfernte Kloster Abdinghof in Paderborn,
an den kunstliebenden Bischof Meinwerk und
seine dreizehn Mönche aus dem Kloster Clugny,
die mit Hülfe von siiditalienischen Bauleuten
die Baukunst in Paderborn zu hoher Blüte
brachten. Besonders seit dem Beginne des
XIII. Jahrh. entfaltete sich die Baukunst, wel-
che uns manche wertvolle Schöpfungen hinter-
lassen hat. Einer der aus dieser Zeit stam-
menden herrlichen Kirchenbauten, die Ma-

') Die Abschrift der in dieser Abhandlung ange-
führten Urkunden und die geschichtlichen Angaben,
sowie das Manuskript von Giefers wurden uns in
zuvorkommender Weise von Herrn Apotheker J. Block
in Bonn zur Verfügung gestellt und wollen wir nicht
verfehlen, ihm an dieser Stelle unsern Dank auszu-
sprechen.

rienkirche in Volkmarsen, soll uns hier näher
beschäftigen.

Über das Alter der Stadt Volkmarsen, wel-
che in einer Urkunde von Papst Adrian IV.
vom 25. Februar 1155 genannt wird,2) worin
dem Abte Wibald die Besitzungen des Klosters
Corvey bestätigt werden, darunter deeimam de
curia Volkmaressen, ist bis jetzt mit Sicherheit
nichts bekannt. In der Casseler Landesbiblio-
thek befinden sich historische Aufzeichnungen
aus einer Urkunde des Kaisers Lothar I. und
seines Sohnes Ludwig, welche zur Annahme ver-
leiteten, dafs Volkmarsen ähnlich wie das in
der fraglichen Urkunde genannte benachbarte
Eresberg, das heutige Marsberg, schon
im IX. Jahrh. als ansehnlicher Ort bekannt ge-
wesen sei. In jüngster Zeit läfst aber eine viel-
fache, strenge Kritik dieser geschichtlichen Auf-
zeichnungen die ursprüngliche Annahme nicht
als gerechtfertigt erscheinen.

Volkmarsen, zweifellos von dem Eigen-
namen Folkmar herzuleiten, liegt an der Grenze
des Fürstentums Waldeck, dort, wo die
Erpe sich mit der Twiste vereinigt und der
Diemel zufliefst. Die Stadt beherrschend8)
erhebt sich auf steilansteigendem Hügel die
Kugelenburg (Cogelnberg), deren Geschichte
mit der der Stadt eng verknüpft ist4) und auf
welcher viele berühmte Geschlechter, unter

2) H. Finke, »Die Papsturkunden Westfalensc.
Münster 1888. Nr. 104. (Nr. 14."> Urkunde von Papst
Lucius III. Oct. 1184.)

*) Die Bevölkerung des Diemeltales, von Volkmarsen
und eines grofsen Teiles von Waldeck gehörte nach
W. E. Giefers dem sächsischen Stamme der Cherus-
ker an. (S. auch L. Curtze »Geschichte von Waldeck«.)
Folkmar ist der Name einiger Äbte von Corvey.
Abt Vol k mar, der von 1129—1138 regierte, stammte
aus der Familie der Grafen von Nord heim. Giefers
(Manuskript im Besitze des Herrn J. Block in Bonn)
nimmt an, dafs die Stadt Volkmarsen erst um das Jahr
1200 aus der alten villa Folkmarshus entstanden sei, die
vielleicht schon im X. Jahrh. oder noch früher bestand.

4) Papst Gregor IX. gedenkt in der Urkunde vom
Jahre 1233 beider nebeneinander; beide gemeinschaft-
lich waren mehrmals verpfändet, so von Heinrich,
Abt von Corvey, an Wiebold, Erzbischof von Cöln
1304, von Walram, Erzbischof von Cöln an Herbold
von Papenheim und dessen Verwandte und vom
Stifte Corvey an die Burgmänner im Schlosse und die
Katsmänner und die Gemeinheit der Stadt Volk-
marsen am 30. Oktober 1336 (s. Spilker S. 129). Im
Staatsarchiv in Münster befinden sich zahlreiche Volk-
marsen und die Kugelsburg betreffende Urkunden,
sowie sehr umfangreiche Prozefsakten über die Kugeis-
 
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