Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

DOI Artikel:
Braun, Joseph: Das Rationale
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0067

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abhandlungen.

Das Rationale.

(Mit 9 Abbildungen.)
I.

"^S^m Mittelalter ist wiederholt von einem
Rationale als einem liturgischen bischöf-
lichen Schmuck die Rede. Dasselbe

o$SbL taucht in der zweiten Hälfte des X. Jahrh.

"Isgp auf. Seine früheste Erwähnung findet es

|| in dem sogen. Sakramentar Ratolds von
Corbie (-j- 986), das gelegentlich der Be-
_L, Schreibung des Ankleideritus auch eines
1^ pontifikalen Rationales gedenkt.1) Nicht
viel später gibt dann ein Briefwechsel
zwischen Adalbero II. von Metz (984 bis
1005) und Hildward von Halberstadt
(968—995) Nachricht von dem Ornat-
stück.2) Adalbero bittet in demselben
den Bischof von Halberstadt, derselbe
möge die Erlaubnis, das Rationale oder
logion, das Abzeichen der Lehre und Wahr-
heit, zu tragen, welche Papst Agapet II. (946
bis 955) den Halberstädter Bischöfen verliehen
habe, auch ihm mitteilen. Hildward gibt dem
Ansuchen unter verschiedenen Bedingungen
Folge; insbesondere mufste sich Adalbero ver-
pflichten, das Recht, sich des Rationale zu be-
dienen, nicht noch andern weiter zu übertra-
gen. Auch die sogen. Missa Illyrica, die um
die Wende des X. Jahrh. entstanden sein mag,
nennt das Rationale unter den pontifikalen Ge-
wändern.8)

Im Jahre 1027 verleiht Johannes XIX. (1024
bis 1033) dem Patriarchen Poppo von Aquileja
aufser dem Gebrauch des Palliums auch den des
Rationales.4) Um 1051 erwähnt ein unter Bischof
Arnulf entstandenes Inventar der Domkirche zu
Speier ein rationale auro et gemmis ornatum.5)
Im Jahre 1119 begabt Calixt II. (1119—1124)
den Bischof Dietrich von Naumburg und seine
Nachfolger mit dem Recht, an Festtagen mit

') Marlene, »De antiqu. eccl. ritibus« 1. 1, c. 4,
art. 12, ordo 11; (edit. Antuerp.) I, 203.

a) Sigeberti, >Vita Deodericic I. ep. Metens.
c 9 (M. G. SS. IV, 468). Der Brief bei Labbaeus,
Novae bibliothecae 1. I, 682. J. L. 3661.

3) Martene, 1. c. ordo 4; I, 177.

4) J. L. 4085; Migne P. 1. CXLI, 1137.

5) Schannat, Vindem. litt. p. 9.

der Mitra und dem Rationale geschmückt die
Messe zu feiern.6) 1133 gibt Innocenz II.
(1130—1143) dem Bischof Bernhard von Pader-
born die Erlaubnis, bei der Messe an bestimm-
ten hohen Festen, wie auch bei der Vornahme
einer Kirchenkonsekration oder der Erteilung
der hl. Weihen im Bereich seiner Diöcese das
Rationale zu tragen.7) Zwei Jahre8) später ge-
währt der Papst dasselbe Privileg dem Bischof
Adalbero IL von Lüttich.

Von den mittelalterlichen Liturgikern tun
nur Ivo ca. 1100, Honorius ca. 1125 und
Sicardus9) ca. 1200 des bischöflichen Ratio-
nales Erwähnung. Doch wird auch in einem
Liturgica enthaltenden Codex der St. Galler
Stiftsbibliothek aus dem XII. Jahrh. bei Be-
schreibung der Pontifikaltracht ein Rationale
zu den bischöflichen Gewändern gerechnet.
Es heifst dort: Rationale, quae circumdat hu-
meros et pectus, doctrinam et veritatem ostendit,
quod tintinabulis resonans exemplum vitae ad
praedicationem insinuat.10) Betont sei, dafs in
diesen Worten nicht von dem jüdischen Ratio-
nale, sondern von einem liturgischen Schmuck
christlicher Bischöfe die Rede ist.

Um 1200 berichtet ein Mönch des Klosters
Admont von einem Rationale des Bischofs Geb-
hard von Salzburg (f 1088). Derselbe hatte,
als er zu Gesandtschaftszwecken am byzantini-
schen Hofe weilte, des Kaisers Sohn getauft
und zum Andenken daran ein aus Gold und
Edelsteinen verfertigtes, an goldenen Ketten
hangendes Rationale zum Geschenke erhalten,
dessen Wert auf ca. 1000 Mark geschätzt wurde.
Das Kleinod ging, wie der Admonter Mönch
klagt, leider schon 1085 in den Wirren, welche

•) J. L. 6766. Lepsius, »Geschichte der Bischöfe
des Hochstiftes Naumburgt Bd. I, S. 241.

7) J. L. 7630; Migne, P. 1. CLXXIX, 186.

8) J. L. 7733; Migne, P. 1. CLXXIX, 247. Das
Rationale, von welchem in der Bulle Lucius III. für
Erzbischof Wilhelm von Monreale vom Jahre 1183 die
Rede ist (Bull. rom. [ed.Taur.] III, 13), hat nur meta-
phorische Bedeutung.

») Sermo III (Migne, P. 1. CLX1I, 523, 534).
Gemma 1. 1, c. 213 (Migne, P. 1. CLXXII, 608). Mi-
trale 1. 2, c. 5 (Migne, P. 1. CXX1II, 78).

10) Cod. lat. 777.
 
Annotationen