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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Schnütgen, Alexander: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf, [13]: 28. Spätgotische silbergetriebene Madonnenstatuette des Diöcesanmuseums zu Augsburg (Katalog Nr. 213)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0101

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159

1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

160

Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf.

XIII. (Mit Abbildung.)

28. Spätgotische silbergetriebene Ma-
donnenstatuette des Diöc es anmuseums
zu Augsburg (Katalog Nr. 213).

j liese schlanke, 4172 cm hohe, über-
aus edle Gestalt ist ganz in Silber
getrieben und nur das Untergewand,
die Haare und Attribute, sowie das
Schambändchen sind vergoldet. Sie ist aus
zwei Stücken gehämmert und auf den Seiten
zusammengelötet. Ursprünglich scheint sie auch
auf der Rückseite ganz geschlossen gewesen zu
sein, so dafs also das Stück vom Mantelüber-
hang bis unten in roher Weise herausgeschnitten
wäre. Im Innern ist sie schwer verlötet, nament-
lich an den stark hinein- und herausgetriebenen
Stellen, an denen verschiedentlich Silberstreifen
und Späne aufgesetzt sind mit reichlich ver-
wendetem Silberlot zur Verstärkung dieser ge-
fährdeten Punkte. Von grofser Anmut ist die
| Bewegung, sowohl des leicht gesenkten Hauptes,
wie in der schwachen Ausbuchtung der Hüfte,
und ungemein harmonisch ist der Wurf der
Falten, obwohl diese sehr gehäuft sind und
stellenweise von grofser Tiefe. Der Ausdruck
des ovalen Kopfes mit den gesenkten Augen-
lidern und aufgezogenen Brauen, mit der spitzen
Nase, dem scharf geschnittenen Mund und Kinn
ist ernst und doch sehr lieblich; die dicken,
wulstigen Locken, die ihn einrahmen, oben von
der Krone, einem schmalen Lilienreif, nieder-
gehalten, fallen teils nach vorn, teils nach hin-
ten herunter über die schmalen Schultern, die
zwischen dem Mantel verschwinden. Die Hände
sind gegossen, etwas spinnig, aber gut, stili-
siert, und tragen das nackte, zwanglos auf-
sitzende, zwischen dem Gefält gefällig sich ein-
gliedernde Kind, dessen Antlitz edel, dessen
Haar üppig gekräuselt ist. Ganz getrieben, mit
Ausnahme der (gegossenen) Arme und Füfse
ist es durch Vernietung vorgesetzt, in der
Rechten hält es eine Frucht: Ananas mit (aus-
gefallenem) Stein, auf der Linken Papagei mit
ganz langem Schweif, und die Haltung läfst
an Anmut, wie selbst an Innigkeit nichts zu
wünschen übrig. — Die ganze Figur, die auf
dem Halbmond mehr schwebt als steht, dürfte
trotz ihrer flandrischen Anklänge, ein zweifel-
loses Produkt der süddeutschen Schule sein,
ein Beweis für die Leistungsfähigkeit der baye-
rischen Goldschmiede um die Wende des XV.
Jahrh., also in einer Periode, die vielfach nur als die Vorläuferin betrachtet wird von der Glanz-
zeit der Augsburger und Münchener Metallplastik. Schnutgen.
 
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