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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Kolberg, Josef: Alte orientalische Teppiche im Dom zu Frauenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0128

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199

1903 — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

200

Alte orientalische Teppiche

as Studium von Wilhelm Bodes
Schrift: »Vorderasiatische Knüpf-
teppiche aus älterer Zeit«,1) gab mir
Anlafs, nachzuforschen, ob sich
auch im Dome zu Frauenburg solche Teppiche
befänden, zumal da mir bei einem früheren
Besuche des Domes ein Teppich flüchtig zu
Gesicht gekommen war, der mir alt und wert-
voll erschien. Ich fand fünf, zum Teil leider
bereits sehr beschädigte Teppiche vor, welche
ich hier kurz beschreiben will. Möge mein
Aufsatz zu Nachforschungen an anderen Orten
anregen!

1. Zwei Teppiche erscheinen bei näherer
Betrachtung einander sehr ähnlich und im
Hauptmuster fast gleich, nur dafs die ein klein
wenig gröfsere Länge des einen gewisse kleine
Änderungen im Dessin bewirkt hat. Beide sind
Seidenplüschteppiche und wegen der reichen
Verwendung von Gold- und Silberfäden be-
sonders wertvoll. Die Textur besteht zunächst
aus einem ziemlich starken, aber lockeren Ge-
webe von Baumwollschnüren. Die farbige
Musterung wird durch Seidenfäden gebildet,
welche in fortlaufendem Faden durch die Ketten-
fäden so hindurchgeführt sind, dafs sie, etwa
unter Anwendung eines Stäbchens, kleine
Schlingen bildeten, die festgeknotet wurden,
worauf die Schlingen aufgeschnitten wurden
und die nun aufrechtstehenden Fadenbüschel,
die sogenannten Noppen, kurz geschoren wur-
den, um das plüschartige Aussehen zu erzielen.
Das Material für den Gold- resp. Silbergrund
bilden gelbe Seidenfäden, um welche ganz
dünner Gold- resp. Silberdraht in Spiralen
herumgelegt ist. Diese Fäden sind auf den
Grund in langen Stichen aufgenäht.

Der erste dieser beiden Teppiche, 195 X
135 cm, zeigt in der Mitte einen viereckigen
Stern mit einer Füllung von Goldfäden. In
die vier vorspringenden Zipfel des Sternes sind
sarazenische Blumen hineingelegt, deren Grund
mit Silberfäden gearbeitet ist. Vier andere
nach der Mitte zu vorgeschobene Blumen sind
durch schmales Rankenwerk miteinander ver-
bunden, so dafs die Mitte vorwiegend von dem
Goldgrunde beherrscht wird. Der mittlere vier-

') »Monographie des Kunstgewerbes«, herausge-
geben von Dr. Jean Louis Sponsel, verlegt von Her-
mann Seemann Nachfolger, Leipzig. Heft 1.

im Dom zu Frauenburg.

eckige Stern ist von silbernem Untergrunde
eingeschlossen, nur an den Rändern längs der
einfassenden Borte sind einzelne kleine Zier-
flächen in lichtem Grün gehalten. Hier tauchen
auch Formen auf, welche dem Tschi, dem
chinesischen Symbol der Unsterblichkeit2) ähn-
lich sehen. Auf dem silbernen Grunde ranken
vollblütige päonienartige weifse Blumen mit
braunem, einen wirkungsvollen Gegensatz bil-
denden Kontur, gelben Staubfäden und blauen
Kelchblättern, ferner partisanenartige, am Rande
scharf gezackte Blätter, blau, gelb, braun; an-
dere Blumen sind gelb und rot. In einzelnen
Details des Blatt- und Blumendekors erinnert
der Teppich an den bei Bode unter Nr. 32 ab-
gebildeten sogenannten Polenteppich aus dem
Besitze des Fürsten Johann Liechtenstein in
Wien. Die Bezeichnung der Polenteppiche
eignet diesen mit reinem Pflanzendekor ausge-
statteten Teppichen von der Pariser Weltaus-
stellung 1878 her, auf welcher verschiedene
Teppiche dieser Art vom Fürsten Czartoryski
in Krakau ausgestellt waren, so dafs man an-
fangs geneigt war, sie als Erzeugnisse der Ma-
zaryskischen Fabrik in Slucz anzusehen, doch
weist ihr ganzer Dekor auf orientalischen Ur-
sprung hin. Ihre Entstehungszeit wird ins
XVI. bis XVIII. Jahrh., ihr Herstellungsort nach
Konstantinopel oder nach Bode ins westliche
Asien, etwa nach Damaskus zu verlegen sein.8)

Die Einfassung enthält nach einer ganz
kleinen Zwischenborte mit schlichtem geometri-
schen Muster auf teils weifsem, teils hellbrau-
nem Grunde sarazenische Blumen mit Silber-
blättern und goldenem Fruchtboden, abwech-
selnd nach aufsen und innen gestellt und durch
hellblaue Stengel miteinander verbunden;
zwischen je zwei solcher Blumen sind goldene
Partisanen und kleinere blaue Blümchen hinein-
gelegt. Der Aufsenrand wird durch kleine
gelbe Blättchen gebildet, die mit blauen Blüm-
chen auf braunem Grunde wechseln.

Der Teppich ist leider besonders in der
Mitte der Schmalseiten sehr zertreten und läfst
kaum noch Form und Farbe des Dekors genau
erkennen. Neu mufs er bei seiner reichen Ver-
wendung von Gold- und Silberfäden und seiner

J) Bode S. 10.

3) Bode S. 49—57.
 
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