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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Kleinschmidt, Beda: Der mittelalterliche Tragaltar, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0189

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299

1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

300

Der mittelalterliche Tragaltar

(Mit 13 Abbildungen.)

ei Besprechung des mittelalterlichen
Tragaltars im Stifte Admont in
Oesterreich macht Karl Weifs,
mit der Archäologie des Mittel-
alters wie wenige vertraut, die Bemerkung, der
Tragaltar gehöre zu den seltensten Er-
scheinungen der Kunst des Mittelalters1)
und noch Garnier meinte, diese Altärchen
seien von äufserster Seltenheit.2) Wie unbe-
gründet diese Meinung der genannten Kunst-
historiker ist, denen sich noch manche andere
Namen anreihen liefsen, hat die glänzende
retrospektive Abteilung der Industrie- und
Kunstausstellung zu Düsseldorf bewiesen.
Mehr denn ein Dutzend Tragaltäre bot sich
dort dem Freunde mittelalterlicher Kunst zum
Studium dar, von denen allerdings die meisten
bereits durch Otte bekannt geworden waren.8}
Reiches Material hat auch Rohault de
Fleury in seiner bekannten Weise zusammen-
getragen. Eine monographische Arbeit über
diesen Gegenstand existiert bis jetzt nicht. Wir
bieten sie in der folgenden Abhandlung, welche
wir mit einem gedrängten Ueberblick über die
geschichtlich-liturgische Entwickelung des Por-
tatile einleiten.4)

I.
1. Labarte und auch Garnier haben nach
dem Vorgange älterer Autoren die Ansicht aus-
gesprochen, der Tragaltar sei erst seit dem
achten Jahrhundert gebräuchlich geworden,5)
wenigstens erst seit dieser Zeit nachweisbar.
Dem gegenüber genügt es, auf die Erzählung
im Leben des Kaisers Konstantin hinzuweisen,
der auf seinen Feldzügen ein Zelt nach Art
einer Kirche mit sich führte, damit sowohl er
selbst, wie auch die Soldaten der Feier der hl.
Geheimnisse beiwohnen konnten.6) Geschieht
hier auch des Altars nicht ausdrücklich Er-
wähnung, so wird er doch, als eins der not-

!) »Mitteilungen der k. k. Zentral-Kommission« V.
(Wien 1860), 22.

2) »Histoire de la verrerie et de l'email«. (Tours
1886), p. 410 \

8) Otte »Kunst-Archäologie«!. (5. Auflage), 147.

4) »La Messe« V. (Paris 1887), 1 ss.

*) Labarte »Histoire des arts industriels« (6d. 2)
III. 432. Garnier »1. c.« p. 410.

e) Eusebius »Vita Constantini«, 1. I. c. 42, IV.
c. 56. Migne P. Gr., XX, 95.r>, 1207.

wendigsten Requisite zur Feier der hl. Geheim-
nisse, nicht gefehlt haben. Überhaupt mufsten
alle Priester, welche auf Reisen oder zu Hause
die hl. Messe feiern wollten, einen kleinen
Altar und die andern liturgischen Geräte bei
sich haben, seitdem durch Gewohnheit oder
kirchliche Bestimmung die Darbringung des
Mefsopfers nur auf einem konsekrierten
Steine gestattet war. Wann letzteres geschah,
steht nicht genau fest,7) da es sich nicht be-
weisen läfst, dafs die Konsekration der Altäre auf
apostolischer Tradition8) oder auf Verordnung
der Päpste Evaristus (t 106) und Silvester
(t 335) sich gründe.9) Doch scheint sie im
Oriente schon üblich gewesen zu sein zur Zeit
Gregors von Nyssa (f um 394), der von dem
Altare spricht, welcher für den hl. Dienst ge:
weiht sei und den Segen empfangen habe;10)
jedenfalls aber traf die Synode von Agde
(506) die Bestimmung, der Altar müsse nicht
nur durch Chrisam gesalbt, sondern auch durch
die priesterliche Benediktion geweiht sein.u) In-
dem ferner Papst Felix (f 526) gestattete,
das Mefsopfer auch aufserhalb der Kirche dar-
zubringen, sofern es nur auf einem geweihten
und vom Bischof gesalbten Altare stattfinde,12)
hatte der Tragaltar seine eigentliche Sank-
tion erhalten. — Zur Zeit des hl. Augustin
war es das Amt der Kleriker, den Altar von
einem Orte zum andern zu tragen.13)

7) Da die um 335 von Konstantin erbaute Grabes-
kirche zu Jerusalem in Gegenwart zahlreicher Bischöfe
konsekrirt wurde, so darf man ohne Bedenken an-
nehmen, dafs der Hauptgegenstand in der Kirche,
der Altar, ebenfalls geweiht wurde; es scheint daher
die Ansicht jener Archäologen durchaus berechtigt,
welche den Ursprung des Tragaltars in das II. oder
III. Jahrh. verlegen, wenngleich selbstverständlich der
Name „Tragaltar" damals noch nicht existierte. Vergl.
Martigny »Dictionnaire des antiquites chretiennes«.
(Paris 1889), 73.

8) Bona »Rerum liturgic.« 1. I. c. 20. § 3 be-
hauptet den apostolischen Ursprung der Altarskonse-
kration. Vergl. ferner Probst »Kirchliche Disziplin in
den drei ersten christlichen Jahrhunderten«. (1873) 215 ff.

9) Mansi »Concilia«1,631. Decretal.Gregor."
1.1. Tit. XV »De sacra unctione«.

") Oratio »In diem luminum, in quo est bap-
tizatus Dominus«. Migne P. Gr., XLVI, 581.

•1) Hefele »KonzilienGesch.« II (2. Aufl.) 653.

1J) Harduin »Concilia« II, 1092.

13) S. Augustinus » Opp. ota, Append. III,
Quaest. ex utroque testamento«. q. 101, n. 10, Migne
 
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