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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

DOI Artikel:
Kleinschmidt, Beda: Der mittelalterliche Tragaltar, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0019

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13

1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

14

III.

A. Tafelförmige Tragaltäre.
||on den tafelförmigen Altären, welche
nur aus dem Steine und einer
schlichten Holzplatte bezw. einem
einfachen Holzrahmen bestehen,
braucht hier weiter nicht die Rede zu sein;
die vorhandenen Exemplare sind bereits früher
aufgezählt worden. Wir beschränken uns auf
die kunst-archäologisch irgendwie beachtens-
werten Monumente. Die künstlerische Aus-
stattung haben sie zumeist durch Metallplatten
erhalten, welche durch Gravierung, Niello,
Treibarbeit oder Email verziert sind. Diese
verschiedenen Techniken bieten uns die er-
wünschte Grundlage für eine weitere Gruppierung.
a) Da tritt uns zunächst in Süddeutschland
eine kleine, aber beachtenswerte Gruppe ent-
gegen, welche in der Geschichte der romani-
schen Goldschmiedekunst eine nicht unbe-
deutende Rolle spielt. Die dieser Schule an-
gehörigen Werke zeigen „eine besonders reiche
Ornamentation mit Tier- und Pflanzenornamenten
im Tremolierstich". Es gehört dazu an erster
Stelle das vielbesprochene Portatile im Na-
tionalmuseum zu München, das aus dem
Kloster Wattenbach bei Miltenberg in
Unterfranken stammt (33X23x25 cm). Die
Eichenplatte, worin man den Marmorstein ein-
gelassen hat, ist mit vergoldeten Kupferplatten
bekleidet. Aus der Vergoldung sind auf der
Deckplatte neben Pftanzenornamenten einige
Tiergestalten herausgeschabt, während der
Boden fünf Medaillons mit den Bildern Christi
und der Kardinaltugenden in derselben Technik
zeigt. Christi Bild ist umgeben von der In-
schrift: Hie Pater et Logos neenon Paraclitus
<*gtos. Die griechischen Worte berechtigen
nicht J

Der mittelalterliche Tragaltar.

(Mit 13 Abbildungen.)
Fortsetzung von Bd. XVI. Sp. 323 ff.

gekommen, um es der Zeit Kaiser Heinrichs II.
zuzuschreiben. Dieser letzten Datierung kann
man völlig beistimmen. Die Ähnlichkeit der
Ornamentierung an dem Wattenbacher Altar
und dem Missale Heinrichs II. (jetzt Münchener
Staatsbibliothek, Cim. 57) und einigen andern
Werken jener Periode läfst es wohl als sicher
erscheinen, dafs derselbe der blühenden Gold-
schmiedekunst im Anfange des Xl.Jahrh. seinen
Ursprung verdankt.88)

Mit dem Wattenbacher Altar gehört ein
Portatile der (ehemaligen) Sammlung Spitzer
in Paris zusammen, deren Verkauf im Jahre
1890 zirka zehn Millionen Francs eintrug. Das
Spitzer'sche Portatile (25 X 23 X 1,5 cm) hat
als figuralen Schmuck der Deckplatte das Opfer
Abrahams, Melchisedechs und Aarons, ferner
Christum in der Glorie, ihm zur Seite Petrus
und Paulus, Nikolaus und Blasius. Der Boden
zeigt die fünf Medaillons des Wattenbacher
Altars, statt der Figur Christi ist in der Mitte
aber das Agnus Dei eingraviert. Auch die
Technik der Herstellung ist dieselbe. Die Be-
kleidung ist vergoldetes Silberblech, die Figuren
an der Deckplatte zeigen den goldenen Unter-
grund, während am Boden die Figuren in Gold
stehen geblieben sind. Aufser der Technik ver-
weisen dieses kostbare Stück die hll. Nikolaus
und Blasius, sowie die Reliquien des hl. Kilian
im Innern nach Süddeutschland, es entstand
um dieselbe Zeit wie der Wattenbacher Altar.89)
- Ein Schrein-Portatile im „Weifenschatze" mit
gleicher Bodenplatte ist später zu erwähnen.

**) Vergl. Rieh], »Sitzungsbericht der philo*.-
philolog-, Klasse der bayer. Akad. der Wissenschaften«
(1886) 172 ff. mit 2 Taf. Ders., „Die bayer. Klein-
plastik der frühromanischen Zeit" in »Forschungen zur
Kultur- und Literaturgeschichte Bayerns« (1894) Sep.-
Abdr. 12 ff. Schmid, Wolfg., „Deutsches Kunst.

A..,, ■ , , . , Abdr- 1VJff- Schmid, Wolfg., „Deutsches Kunst,

uazu, wie es geschehen ist, das Werk I gewerbe um das Jahr ,000,. iu .Zeitschrift des bayer.

griechischen Arbeitern zuzuschreiben.87! Riehl,
welcher den Wattenbacher Altar zuerst in die
kunstgeschichtliche Forschung einführte, hatte
mn anfangs für eine Arbeit aus der 2. Hälfte
des XII. Jahrh. gehalten, ebenso dann
Neumann und Graf. Neuerdings ist Riehl
nochmals auf das schöne Monument zurück-

') Über griechische Inschriften an romanischen
rnamenten tjehe Humanni ,EinSchwert mj, byMn.

sehen Ornamenten im Schatze des Münsters zu
E'«n« (1899). Sep.-Abdr. 24 f.

Kunstgewerbevereins« (1895) 46 f. »Kataloge des
bayer. Nationalmuseums« „Romanische Altertümer"
von Graf (1890) Nr. 198 (mit Abb.). Eine Zu-
sammenstellung der zu dieser Gruppe gehörenden
Monumente bei Swarzenski, »Regensburger
Buchmalerei« (1901) 54 Anm. — Der bei Kuhn,
»Kunst-Geschichte« II S. 350 abgebildete angeblich
aus Bamberg stammende Altar ist wohl identisch mit
dem Wattenbacher.

'•) Abb. Rohault de Fleury, pl.343. Vergl.
Neumann, a.a.O. S. 141. Vöge, »Eine deutsche
Malerschule« (1891) 1201.
 
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