Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

DOI Artikel:
Kleinschmidt, Beda: Der mittelalterliche Tragaltar, [5]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0052

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abhandlungen.

Der mittelalterliche Tragaltar.

(Mit 13 Abbildungen.)
V.

B. Schrein-Tragaltäre.

(Fortsetzung.)

n zweiter Stelle möge die Auf-
zählung und kurze- Beschreibung

der vornehmlich mit Email
| gezierten Portatilia folgen, welche
zwar an Bedeutung die vorgehende Gruppe
übertreffen, chronologisch ihr aber folgen.

Dem Kenner mittelalterlicher Kunst sagen
wir nichts Neues mit der Bemerkung, dafs zur
romanischen Zeit die Schmelzkunst besonders in
rheinischen Klöstern blühte, ihm ist durch die
Forschungen von Labarte und Darcel, von
de Linas und Bucher, von Bock und Konda-
koff hinlänglich bekannt, dafs die Technik des
Zellenschmelzes schon manches Jahrhundert
vor Christus in Persien geübt und von dort
oder aus einem der zentralasiatischen Länder
im II. oder III. Jahrh. unserer Zeitrechnung
nach Europa übertragen sein soll. Jahr-
hunderte lang liebte man es in Konstantinopel,
die verschiedensten Gegenstände durch den
hochentwickeltenZellenschmelz (email cloisonne)
auszustatten, bei dem man auf der goldenen
Unterlage, dem Rezipienten, die Umrisse der
Figuren in Form kleiner „Zellen" aus über-
kant gestellten Stegen auflötet; diese Zellen
füllt man mit farbiger Glasmasse und bringt
letztere in kleinen Öfen oder Muffeln zum
Schmelzen. Die Kostbarkeit des Materials
oder auch altheimische Kunstüberlieferung ver-
anlafste die rheinischen Klosterkünstler, statt
des Goldes zur Unterlage Kupfer zu nehmen
und anstatt die Zellen aufzulöten, die Kon-
turen durch den Stichel in den Rezipienten
selbst einzugraben und in diese Gruben
die blauen, roten, weifsen Glasmassen zu
bringen, wodurch sie die Technik des Gruben-
schmelzes (email champleve) schufen oder
weiter ausbildeten. Man kolorierte aber
meistens nur den Hintergrund oder einzelne
Details, wie den Heiligenschein; die mensch-
lichen Figuren wurden von den rheinischen
Künstlern gewöhnlich auf ausgespartem, ver-
goldetem Metall in gravierter, ausgeschmolzener

Innenzeichnung hergestellt.13S) — Neben den
grofsartigen Reliquienschreinen zu Köln, Sieg-
burg, Deutz, Aachen usw. waren es besonders
die Tragaltäre, welche die romanischen Gold-
schmiede mit den glänzenden Farben dieses
Schmelzes zu verzieren pflegten und welche
uns darum über die Entwickelung der neu
emporgeblühten Technik Kunde geben. Wir
finden sie besonders im Rheinlande, aber auch
an der Maas und in Norddeutschland. Eine
Klassifizierung dieser Altäre war bisher kaum
versucht worden, wenn man von einigen allge-
meinen Zusammenstellungen absieht; fehlte es
uns ja bisher überhaupt an einer Geschichte
des germanischen Grubenschmelzes, während
der byzantinische Zellenschmelz in dem Pracht-
werke des Grafen Swenigorodskoi eine aus-
führliche Darstellung gefunden hatte. Die
kunsthistorische Ausstellung zu Düsseldorf
bot nun die beste Anregung und zugleich ein
seltenes Studienmaterial zur Ausfüllung dieser
Lücke in unserer kunsthistorischen Literatur.
Als eine köstliche Frucht der Ausstellung be-
sitzen wir jetzt das monumentale Werk von
Otto v. Falke und H. Frauberger: „Deutsche
Schmelzarbeiten des Mittelalters und
andere Kunstwerke der kunsthistorischen Aus-
stellung zu Düsseldorf 1902", worin Direktor
v. Falke zum ersten Male mit umfassender
Kenntnis aller Monumente den Entwickelungs-
gang des germanischen Email unter Beigabe
ganz vorzüglicher Illustrationen fast aller be-
deutenden Denkmäler eingehend darlegt.
Unsere Studie war bereits geschrieben, als
das hervorragende Werk erschien, doch konnten
wir die wesentlichen Resultate der darin
niedergelegten Forschungen noch dankbar be-
nutzen, indem wir bezüglich vieler Einzel-
heiten auf v. Falkes Werk selbst verweisen.
Wir beginnen unsere Aufzählung wieder
mit den rheinischen Monumenten, da sie
an Zahl und Wert bei weitem den ersten
Platz einnehmen. Hatte man sie bisher in
verschiedenen klösterlichen Werkstätten

'«) Über die Technik des Emai] vergl. neben
Buch er, »Geschichte der technischen Künste« I,
12 ff., besonders Schulz, »Das byzantinische Zellen-
schmelz« (Frankfurt 1890), 32 ff., Kondakoff, »Ge-
schichte und Denkmäler des byzantinischen Emails«
(Frankfurt 1892) 96 ff.
 
Annotationen