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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

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Arntz, Ludwig: Die Wiederherstellung der ehemaligen Stiftskirche zu Schwarz-Rheindorf, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0129

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Abhandlungen.

Die Wiederherstellung der ehemaligen

Stiftskirche zu Schwarz-Rheindorf.

I.

(Mit 11 Abbildungen.) *)

eit etwa 100 Jahren hat die
Vertreter der Wissenschaft
und Kunst das Problem
der Wiederherstellung eines
Bauwerkes im Geiste ge-
schichtlich überlieferter Bau-
kunst beschäftigt. Wie sich
die Zeit wandelte, wechselte
auchderStandpunkt, der der
Sache gegenüber eingenommen wurde. Dement-
sprechend haben auch die Wiederherstellungs-
arbeiten an geschichtlichen Baudenkmälern
seitens des nachfolgenden Geschlechtes nicht
immer eine günstige, ja auch nicht immer eine
gerechte Beurteilung erfahren. Wenn in früheren
Jahrzehnten der ausführende Architekt vielfach
mehr seiner künstlerischen Neigung und per-
sönlichen Geistesrichtung folgte und folgen
konnte, gewann mit der Zeit eine strengere
Richtung die Oberhand, welche bestrebt war,
sich auf eingehende kunstgeschichtliche Studien
zu stützen und mit Bewufstsein die überlieferten
Kunstformen wieder anzuwenden. Dieses Be-
streben hat zweifellos eine gründliche Erfor-
schung der Werke geschichtlicher Kunst ge-
fördert und zugleich die Wiederverwertung
baugeschichtlicher Erfahrung iür die Zwecke
praktischer Baukunst angebahnt. In unseren
Tagen darf man wohl behaupten, wird im allge-
meinen der Erhaltung des vaterländischen
Kunstschatzes ein gesteigertes Interesse ent-
gegengebracht; auch seitens der Architekten-
schaft, welche bei der Lösung der gestellten
Aufgaben beteiligt und mitzuwirken berufen
ist. Allerdings machen sich zurzeit auch auf
diesem Gebiete recht verschiedene Anschau-
ungen geltend, je nachdem mehr auf die kunst-
wissenschaftlichen oder die künstlerischen For-

*) Die dem Aufsatze beigegebenen Abbildungen
«ind dem Entgegenkommen de« Herrn l'rovinzial-Kon-
«ervators der Rheinprovinz zu danken.

derungen Wert gelegt wird. Angesichts der
grofsen Einbufse, welche unsere kunstgeschicht-
lichen Denkmäler durch unverständige und
rücksichtslose Behandlung erlitten haben, er-
blickte man auf der einen Seite eine Haupt-
gefahr darin, dafs die mit einer Wiederher-
stellung betrauten Architekten vielfach mehr dem
Neumachen als dem Erhalten zuneigen und
daher leicht in den Fehler des Zuvieltuens
verfallen. So konnte die Meinung Raum ge-
winnen, es komme wesentlich darauf an, den
geschichtlichen Baubestand, wenn irgend mög-
lich, als wissenschaftliche, abgeschlossene Ur-
kunde im unverfälschten Zustande zu erhalten;
es sei daher von einem kunstgeschichtlichen
Werke die Hand des Architekten möglichst
fern zu halten, dem es aufserhalb der geschicht-
lichen Schranken unbenommen sei, sich bei
Neuschöpfungen in freiester Weise zu betätigen.
Dieser Ansicht konnte mit Recht entgegen
gehalten werden, dass für ein Bauwerk, welches
auf einen baugemäfsen Unterhalt und auf
technische Hülfe angewiesen ist, erfahrungs-
gemäfs auch zu wenig geschehen könne; es
sei vielmehr Aufgabe berufener Architekten,
das Kunstwerk der Vergangenheit mit allen
Mitteln wohlbewährter Technik zu erhalten
und in denkbar bestem Zustande fortzuführen;
ein Bauwerk sei nicht nur als wissenschaftliches
Studienobjekt, sondern vielmehr auch als bau-
künstlerische Errungenschaft zu betrachten, die
wohl wert sei, als lebensvoller Besitz und
geistiges Kapital der Nachwelt überliefert zu
werden.

Es haben sich in letzter Zeit auf dem um-
strittenen Grenzgebiete der Wissenschaft und
der Kunst die gegensätzlichen Anschauungen
auffallend verschärft. Es ist daher zu be-
sorgen, dafs über diesen Grenzstreit eine Ver-
ständigung, selbst hinsichtlich der gemeinsamen
Interessen erschwert wird, zumal, wenn der
Kampf nicht mit der nötigen Sachlichkeit ge-
führt wird, die Sache Schaden leide, d. h.
die bestmögliche Bewahrung unserer
Baudenkmäler in ihrem unabstreit-
baren Kultur wert. Dieser grofsen und
 
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