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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Firmenich-Richartz, Eduard: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf 1904, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0011

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Abhandlungen.

Die kunsthistorische Ausstellung in

Düsseldorf 1904.

III.

Mit 2 Abbildungen (Tafel I u. II).

Lu „Wilhelm von Herleu.Her-
mann Wynrich von Wesel".
1. Kölnisches Flügelaltär-
:hen im Besitz des Freiherrn von
Schorlemer, Lieser. Kat.-Nr. 10.

:r folgenreiche Umschwung
.von einer rein zeichnerischen
Kunstweise, die in festen
: Konturen die schmalen Ge-
stalten und den Faltenwurf
• der Gewänder fixierte, zu
einer ganz neuen male-

__________________ rischen Auffassung, welche

die Leuchtkraft und den Schmelz der Farben,
eine zarte Modellierung der Formen bevor-
zugte, war in Düsseldorf an einer ganzen Reihe
erlesener Kölner Tafelbilder zu verfolgen. An
die Stelle der dunklen geschwungenen Um-
risse, welche die wirkliche Erscheinung mensch-
licher Gestalten und den stofflichen Charakter
der Dinge nur andeuteten, trat am Schluß des
XIV. Jahrh. eine Malerei, welche den weiten
Weg von der inhaltreichen linearen Flächen-
dekoration zur Illusion der Wirklichkeit zu be-
treten wagte. Die schmiegsamen Figuren mit
den weichen runden Köpfchen, dem holden
Lächeln und den gebrechlichen Gliedern folgen
allerdings einer bestimmten Typik; doch der
Reiz der Materie in warmen Farben, die Run-
dung der Körper im schimmernden Licht ist
neu und selbständig erfaßt, lebendig und an-
mutig mit rein malerischen Mitteln geschildert.
Ich habe früher gezeigt,1) wie sich der plötz-
liche Wechsel dieser Anschauungen in der
Bilderfolge des Clarenaltares im Kölner Dom
deutlich dokumentiert, in jenen Darstellungen
aus der Jugend Jesu, welche die innigsten Emp-
findungen des intimen Gemütlebens in süßem

!) Vgl. Eduard Firm enich-Richartz: Wil-
helm von Herle und Hermann Wynrich von Wesel,
»Zeitschrift für christl. Kunst« VIT, 189.') und Separat-
abdruck. Düsseldorf, Schwann 1896.

Liebreiz ausstrahlen. Ich wies auf zahlreiche
naiv erfaßte Züge des wirklichen Lebens, genre-
hafte Motive in diesen Gemälden hin. Diese
völlige Änderung im malerischen Sehen und
der Grundprinzipe der Darstellungsart pflegte
man ganz irrig bisher mit dem berühmten
Namen des Meister Wilhelm in Zusammenhang
zu setzen. In der Düsseldorfer Ausstellung
fanden sich einige entscheidende Beweisstücke
vereinigt, aus denen für jeden Unbefangenen
mit zwingender Gewißheit hervorgeht, daß
dieser Stilwechsel erst viele Jahre nach dem Tode
des in der Limburger Chronik so hochge-
priesenen Meisters (f kurz nach 1372) ein-
trat. Ausreichende Wahrscheinlichkeitsgründe
sprechen dafür, daß erst sein Nachfolger Her-
mann Wynrich von Wesel diese epoche-
machende Neuerung der malerischen Auffassung
in Köln einführte.

Eine ausgezeichnete Schöpfung der rheini-
schen Buchmalerei regte eine Vermutung an,
die ich allerdings nur mit Vorbehalt aus-
sprechen möchte, die aber wohl weiterhin zur
Klärung dieser Frage und der Lösung des
Widerspruchs der Nachricht in der Limburger
Chronik und der sicheren Angaben der Kölner
Schreinsurkunden beitragen könnte.

Bei näherer Beschäftigung mit der Lim-
burger Chronik fällt es auf, daß die zum Teil
recht unzuverlässigen und in den häufigen Lob-
sprüchen meist übertriebenen Berichte auf rein
persönlichen Eindrücken beruhen, jedenfalls
nur diejenigen Tatsachen enthalten, die nicht
wegen ihrer überragenden Bedeutung, sondern
durch irgendwelchen Zufall in den beschränk-
ten Gesichtskreis des Schreibers eintraten. Ahn-
lich wie den Meister Wilhelm von Köln als
den besten Maler, bezeichnet er den ganz
obskuren Gerlach von Limburg als ,,klugeste(n)
dichter von Duschen unde von Latinischen",
den Schultheißen Härtung von Limburg als
„den aller wisesten leigen in allen disen lan-
den", seinen ehemaligen Lehrer Johannes Buri-
danus gar als den „beste(n) loicus unde philo-
sophus uf ertrich in der ganzen cristenheit unde
enfant man nit sinen glichem". Es liegt somit
die Annahme nahe, daß nicht der weit ver-
 
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