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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Kisa, Anton Carel: Die gravierten Metallschüsseln des XII. und XIII. Jahrhunderts, [3]
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0210

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1905.— ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

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waren Schüsseln mit der Darstellung von
Tugenden und Sünden besonders geeignet,
welche in diesem Falle nicht ohne symbolische
Bedeutung zu sein scheint. Die Mittelfigur j
mit den beiden Broden in Händen, oder die
eine geistige Speise des Christen andeutenden
he'1igen Bücher, die runden, brotförmigen
Einfassungen der Namen von Tugenden und
Sünden weisen auf den vom Priester geseg-
neten Inhalt der Schüssel hin. Von Wichtig-
keit ist für diese Erklärung auch der Umstand,
daß zur Verzierung ein Motiv gewählt ist, das
sich auch auf Kelchpatenen findet und jedenfalls
einen geistigen Zusammenhang zwischen beiden
Gerätarten ausdrückt. Vielleicht hat sich in dieser
Verzierung der Eulogienschüsseln eine Erinne-
rung an jene der großen, außer Gebrauch gekom-
menen Kommunionschüsseln, der patenae mini-
steriales, erhalten. Da sie nach der Segnung
ihres Inhaltes durch den Priester aus der Kirche
wieder nach Hause gebracht worden waren,
konnte man sie häufig im Schutte alter VVohn-
statten auffinden. Daß man ihnen einen gewissen

sakralen Charakter beimaß, geht daraus hervor,
daß sie so häufig, besonders in den Ostsee-
provinzen, als Totenbeigaben benutzt wurden.
Vielleicht gab man den Toten darin Eulogien,
gesegnete Speisen, als Wegzehrung in die
Ewigkeit mit.

Die von Aldenkirchen versuchte Deutung
als patenae chrismales, Schüsseln zum Ge-
brauche des hl. Öles, hat keinen Anklang ge-
funden.sc) Dagegen ist eine reine dekorative
Verwendung einzelner Stücke durchaus nicht
ausgeschlossen. Vergoldet und farbig verziert,
auf der Kredenz zur Schau gestellt, konnten
sie auch auf die Entfernung hin als Schmuck
der Wohnung gelten. In späteren Zeiten,
wenn die Vergoldung abgenutzt, die nicht
eingebrannten Farben abgefallen waren, mögen
die unscheinbar gewordenen Schüsseln wohl
auch zu niedrigen Dienstleistungen im Haus-
halte degradiert worden sein.

Godesberg. Anton C. Kisa.

S6) »Bonner Jahrb.« LXXV, 54 f.

Bücherschau.

Der Reihengräberfund von Gam mertingen.
Auf höchsten Befehl Seiner Königlichen Hoheit
des Fürsten von Hohenzollern beschrieben von
J- W. Gröbbels, Direktor des Fürstlich-Hohen-
zollernschen Museums. Mit 21 Tafeln und 27 Text-
illustrationen. Verlag von Piloty & Loehle in
München 1905.

dem Oberamtsstädtchen Gammertingen, nord-
en Sigmaringen, wurden z„erst igg4) dann j^gß und
*wl, namentlich aber vom 12. Dezember 1902 bis
Marz '903 etwa 260 alemannische Reihengräber auf-
gedeckt, die, obwohl Spuren früherer Beraubung
zeigend, reiche, bald in das Sigmaringer Hofmuseum
überführte Ausbeute lieferten. — Sie besteht vornehm-
lich in einem Helm mit Ringpanzer, die das Haupt-
grab ergab, inGoldfibel und sonstigem Schmuck,
der dem Mädchengrab entnommen wurde, und in zahl-
reichen (über 130) Gegenständen kriegerischen und
bürgerlichen Gebrauches, wie Spathen und Speereisen
— Zierscheiben, Spangen und Kreuzen — Schalen
und Kämmen usw. — Diesen, des Helmes wegen
überaus kostbaren Fund, unterzieht sofort Prof.
Gröbbels einer gründlichen Untersuchung, die sich
vornehmlich auf den Helm bezieht, dem an der
Hand sorgfältigster, auch farbiger Abbildungen eine
große glänzende Monographie im größten Folioformat
gewidmet wird; der Vergleich mit den 8 andern,
ebenfalls abgebildeten ähnlichen Helmen, von denen
6 auch seit 1896 gefunden sind, verleiht der Studie

hinsichtlich ihrer Ergebnisse, einen besonderen Wert,
da sie, wenn auch nicht ethnologisch, so doch chrono-
logisch wohl als definitiv bezeichnet werden dürfen.
Die Beschreibung beginnt mit dem Fundbericht,
der alle, für die Beurteilung irgendwie verwertbaren
Momente hervorhebt. — An ihn lehnt sich sofort die
detaillierteste Prüfung des Helmes, der in einer
Beckenhaube konischer Form mit zwei Wangenklappen
besteht; diese wie die 6 Spangen sind in Kupfer ge-
trieben, letztere wie der Stirnreif mit Goldblech
überzogen. Der Reif ist in gestanzter (also wohl
gepreßter oder gedrückter) Technik mit zierlichen
Ornamenten geschmückt, die in Maske mit flankie-
renden Löwen (einem ursprünglich orientalischen
Motiv) und in pickenden Vögeln bestehen; die
6 Spangen sind in Punziermanier mit Rosetten,
Auerstier, Elch, Vögeln geschmückt. Die Ver-
mutungen, die der Verfasser an diesen Schmuck
hinsichtlich des deutschen Ursprungs knüpfen möchte,
haben nur den Wert von Kombinationen. — Die
Prüfung der acht ähnlichen Helme zu Petersburg
von Vezeronce (zu Grenoble), von Giulnianova (zu
Berlin), von Gültlingen (zu Stuttgart), 2 von Vid
(zu Wien), von Baldenheim (zu Stuttgart), von
Chälons-sur-Saone (zu Berlin), mit Ausnahme des
ersten an den Originalen, liefert eine Menge von
Analogien, die auf diese merkwürdige, bisher noch
so wenig studierte Gruppe, namentlich in technischer
und ikonographischer Beziehung manches Licht
 
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