Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

DOI article:
Beissel, Stephan: Miniaturen aus Prüm, [1]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0021

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
15

1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. I.

16

In der Mitte ist Christi Geburt dar-
gestellt. Maria liegt vor einem Bette, in dem
das Kind ruht. Joseph sitzt zu den Füßen
des Kindes. Ochs und Esel erscheinen hinter
•der Krippe, den Grund füllt das turmreiche
Bild der Stadt Bethlehem.

Unten sitzen zwei Schreiber neben-
einander auf einer Bank. Beide schauen auf
zum Christkinde, tragen Tunika, Pallium und
Nimbus. Bei einem erhebt sich ein Haus.
Man hat sie als Evangelisten angesehen. Da
im Evangelienbuche von Rossano in Calabrien
im untern Streifen oft vier Propheten dar-
gestellt sind, müssen wir auch
hier wohl eher an Propheten
denken.

Beachtenswert ist die Ver-
wandtschaft der beiden letzten
Miniaturen mit einigen Buch-
malereien der Regensburger
Schule. Die seltene Szene, worin
Augustus befiehlt, die Bewohner
seines Reiches aufzuschreiben,
findet sich nämlich auch in dem
Evangelienbuche der Äbtissin
Uota (t 1025) aus Regensburg
und in einem etwas späteren
Perikopenbuche aus Salzburg,
beide jetzt in München. Die
ebenso seltene Szene der Reise
nach Bethlehem aber zeigt die
letztgenannte Handschrift.8)

In der Miniatur zum vierten
Weihnachtstage ist oben He-
rodes zwischen drei Dienern
dargestellt, indem er den Befehl
zur Ermordung der Kinder erteilt. Unten
steht mit gezücktem Schwerte ein Knecht,
vor dem sieben enthauptete Knäbchen liegen.
Die Mütter fehlen.

Beim Feste der Epiphanie finden wir die
drei Könige mit phrvgischen Mützen. Sie
halten flache Schalen in den durch ihre
Mäntel bedeckten Händen und bringen so dem
vor der Brust seiner Mutter sitzenden Kinde
ihre Geschenke.

Für den Sonntag nach Epiphanie sind
Christi Taufe im Jordan und das Wunder von
Kana gegeben. Bei der Taufe zeigen sich

Abb. 3. Christi Himmelfahl

(Aus dem Tropar von Prüm.)

8) Beissel, »Des hl. Bernward Evangelienbuch«
(Hildesheim 1891, Lax) 43 und 49; Swarzenski,
»Die Regensburger Buchmalerei« (Leipzig 1901,
IHirsemann) 102, 138, Tafel 23, N. 57 f.

Johannes und zwei Engel nur halb, weil sie
hinter Erhebungen des Bodens stehen. Die
Taube steigt von der Hand Gottes herab.
Unten gießt rechts die Personifikation des Jor,
links jene des Dan Wasser aus einer Urne,
das sich von dem Herrn zum Jordan vereint.,J)
In der Darstellung der Hochzeit von
Kana steht Maria neben Christus. Ein Diener
gießt Wasser in die Krüge, während sechs
Apostel zuschauen. Braut, Bräutigam und
Speisemeister fehlen.

In der folgenden Miniatur eilt Simeon
der Gottesmutter entgegen und läßt er sich
das Kind geben. Hinter Maria
hält Joseph in jeder Hand eine
Taube, zu ihrer Rechten steht
Anna. Über diesen Personen
ist der Tempel als Kirche mit
einer Zentralkuppel dargestellt.
Hinter ihrem Altare erhebt sich
ein Kreuz; neben demselben
stehen zwei Fahnen, deren Stan-
gen ebenfalls Kreuze tragen.

Da dieses Tropar nur bei
den höchsten Festen verwendet
wurde, folgt dem für Maria
Lichtmeß bestimmten Texte der
am Palmsonntag zu verwen-
dende mit einer Miniatur. In
der oberen Hälfte erteilt Jesus
zwei Jüngern den Auftrag, die
Eselin herbeizuführen (Matth.21,
1 f). Rechts und links sind die
„Städte" Bethphage und Jeru-
salem dargestellt. Unten reitet
Jesus, von elf Aposteln begleitet,
einer Volksschar entgegen.

Im Bilde zum Osterfeste redet ein
großer Engel, der neben dem geöffneten Grab-
denkmale sitzt, zu drei Marien.

In der Illustration zum ersten Sonntage
nach Ostern ist Jesus von elf Aposteln um-
geben. Er erhebt seine Hände und Thomas
legt eine Hand in die Wunde der rechten
Hand des Herrn.

Bei Christi Himmelfahrt fehlen, wie
Abb. 3 zeigt, die Engel, welche fast immer

9) S. Hieronymi »Quaestiones in Genesim« 11,11.
Dan autem unus e fontibus est Jordanis, nam et alter
vocatur Jor, quod interpretatur Reidon, id est rivus.
Duobus ergo fontibus, qui haud proeul a se distant,
in unum rivulum foederatis, Jordanis deineeps appel-
latur. Migne, »Patrol. lat.« XXIII, 961.
 
Annotationen