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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Beissel, Stephan: Miniaturen aus Prüm, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0041

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100(5. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

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das Buch halten, worin die von ihnen für
Prüm erlassenen Schriftstücke vereichnet sind.
Eine etwa zweihundert Jahre jüngere Kopie
dieses Chartular im Staatsarchiv zu Koblenz
hat vier Miniaturen. Eine gibt das eben-
genannte Bild des Trierer Exemplars wieder
(Abb. 11). Zwei weitere zeigen in ähnlicher
Art Bilder von Herrschern, denen Prüm seinen
Grundbesitz verdankte. Vielleicht sind alle
aus dem Trierer Original kopiert, das also ehe-
dem viele Bilder gehabt, aber mehrere ver-
loren hätte. Eigenartig
ist die Miniatur, worin
König Pippin und
Kaiser Karl neben dem
thronenden Erlöser,
dem Patron der Abtei
Prüm, stehen. Ersterer
widmet ihm die Kirche,
letzterer das Chartular
(Abb. 12). Die In-
schriften lauten:
Pi/i/>i?ius, rex Franco-
rum. ImperaiorKarolus,
rex Francomm, a Deo
coronalus. Christus
sagt: Fgo ine diligentes
diligo. Venite benedicti
Patris mei, percipile
regnum. Diese Minia-
tur und ihre Inschriften
sind auffallenderweise
ziemlich genaue Ko-
pien der auf dem vor-
dem Deckel desTrierer
Chartulars gravierten
Zeichnung. Sie ist wohl
nach 1400 ausgeführt
worden. Ob sie ein ge-
treues Bild der damaligen Abteikirche von
Prüm gibt, ist nicht leicht zu entscheiden. In
der früheren Miniatur ist diese Kirche dar-
gestellt mit einem Mittelturm, während sie
hier ohne solchen Turm ist und eine von
zwei Türmen flankierte Fassade hat. Nach
alten Nachrichten soll die aus karolingischer
Zeit stammende, im XL Jahrh. umgebaute
und 1063 geweihte „prachtvolle" Kirche, „die
goldene" genannt worden sein und eine „innere
mit vergoldetem Kupfer bekleidete Kuppel"
gehabt haben.-7)

Wie das Chartular, so wurde auch das

Abb. 10. Verehrung des hl. Benedict.
(Aus dem Prünier Güterverzeichnis.)

*?) Schorn, a.a.O. 352 und 336.

Register kopiert, jedoch erst im Beginn des
XV. Jahrh., also an zweihundert Jahre nach
Vollendung des jetzt in Koblenz aufbewahrten
Exemplars. Diese Kopie ruht jetzt in der
Trierer Stadtbibliothek. Sie ist verziert durch
vier Miniaturen. Die drei ersten sind freie,
in den Stil der Gotik umgesetzte Nach-
ahmungen der in den Abbildungen 8, 9 und 10
gegebenen Koblenzer Darstellungen.

Eine vierte Miniatur der Trierer Kopie hat
uns wohl eine aus dem Koblenzer Exemplar
jetzt verschwundene
Szene erhalten. Wir
sehen in derselben, wie
Papst Innocenz IL,
welcher einenKreuzes-
stab hält, eine 1133
ausgestellte Urkunde
dem Abte Albero von
Prüm (1131 bis 1136)
überreicht.

Vergleicht man die
in Abbildung 8 ge-
gebene Vorlage der
ersten Miniatur mit
ihrer Kopie in Ab-
bildung 13, so sind
die Personen und die
Inschriften dieselben,
aber die feste Kraft
der Arbeit des XIII.
Jahrh.ist inderLeistung
des XV. Jahrh. ver-
schwunden. Dagegen
erscheinen die um
zweihundert Jahre jun-
gem Nachbildungen
f einer,naturwahrer und
lebensvoller. Sie bieten
einfache, mit hellen, leicht aufgetragenen
Farben ausgefüllte Federzeichnungen. Selbst
das schwarze Benediktinerkleid ist in ihnen
weiß geblieben, nur mit viel Schwarz mo-
delliert. Alle vier Bilder erinnern an Wand-
malereien und sind vielleicht von einem
Künstler ausgeführt, der als Wandmaler tätig
war. Ob er ein Mönch der Abtei Prüm war,
ist fraglich.

Viel schöner als „das goldene Buch"
von Prüm ist das ebenso genannte Char-
tular von Echtemach. Sein ursprünglicher
Text wurde 1191 begonnen. Das in der
Düsseldorfer Ausstellung gezeigte Exem-
 
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