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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Braun, Joseph: Die St. Andreaskirche zu Düsseldorf, ihre Stuckdekoration und ihre Stellung zu den übrigen rhein. Jesuitenkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0059

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75

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

76

Die St. Andreaskirche zu Düsseldorf, ihre Stuckdekoration und ihre
Stellung zu den übrigen rhein. Jesuitenkirchen.

(Mit '1 Abbildungen,)

u den hervorragendsten Stuckdeko-
rationen, welche im XVII. Jahrh.
auf deutschem Boden entstanden,
gehört der Stuck der Gewölbe,
Bogen und Pfeiler in der St. Andreaskirche zu
Düsseldorf. Die Kirche wurde in den Jahren
1622—1629 erbaut. Pfalzgraf Wolfgang Wil-
helm war es vor allem, dessen Beihülfe sie
ihre Entstehung verdankt. Es ist keineswegs
zutreffend, wenn Gurlitt1) meint, die St. An-
dreaskirche sei früher ein gotischer Langhaus-
bau mit schmalen Seitenschiffen gewesen, dessen
Pfeiler dann mit korinthischen Pilastern um-
kleidet worden seien. Es steht nicht bloß aus
schriftlichen Quellen die Tatsache der erst-
maligen Erbauung der Kirche im Beginn des
XVII. Jahrh. fest, es liegen auch noch Original-
pläne des jetzigen Baues vor, die aus Archiven
der Gesellschaft Jesu stammen und sowohl den
Grundriß der alten Kapelle, deren sich die
Patres anfänglich bedienten, wie auch den-
jenigen der heutigen Kirche enthalten (Abb. I).2)
Die ursprüngliche Kapelle stand etwa in der
Mitte des heutigen Hofraumes und bildete den
nördlichen Abschluß des damals viel kleineren
Hofes des Kollegiums. Sie war im ganzen
54 Fuß lang und 26 Fuß breit, im Lichten
aber 48 Fuß lang und 20 Fuß breit, also von
sehr geringen Maßverhältnissen, und hatte in der
Mitte der Ostseite einen P'ingang, zu dem von
der noch jetzt Hunsrücken genannten Straße
aus an einem Pferdestall und einem Brauhaus
vorbei über ein kleines Höfchen ein Zugang
führte. An beiden Seiten hatte die Kapelle
je vier durch einen Pfosten in der Mitte ge-
teilte Fenster. Der einzige Altar befand sich
an der Westseite, hinter der ein enger Durch-
gang den Hof des Kollegs mit dem Garten ver-

') »Geschichte des Barockstiles in Deutschland«
(Stuttgart 188») S. 16.

3J Die Abbildung ist aus zwei Originalplänen ge-
bildet worden, von denen einer nur das Terrain für
die neue Kirche nebst dem alten Kolleg, der zweite
aber das alte Kolleg im Inneren umgebaut mitsamt
dem Grundriß der Kirche bietet. Der projektierte
Umbau des alten Kollegs, des vormaligen Ossen-
broichschen Hauses, ist hier ohne Interesse, weshalb
von einer Wiedergabe des diesbezüglichen Entwurfes
abgesehen wurde.

band. Die Kapelle bildete mit der heutigen
Kirche beinahe einen rechten Winkel mit einer
kleinen Neigung nach Süden, und zwar würde
sie, verlängert, sich etwa im vierten Joch des
gegenwärtigen Baues, dasselbe von der Fassade
an gerechnet, fortgesetzt haben.

Der Grundriß des Neubaues nimmt auf dem
Plan genau die Stelle ein, an welcher sich zur
Zeit die Kirche wirklich erhebt. Er unter-
scheidet sich von der heutigen Anlage durch
das Fehlen des Mausoleums, das also nicht ur-
sprünglich beabsichtigt war,3) der beiden Sa-
kristeien mit ihrem Vorraum neben Chor und
Mausoleum, statt deren ein Raum in der Ver-
längerung des ebengenannten vierten Joches
für die Sakristeizwecke bestimmt erscheint, und
namentlich der beiden Türme, in folgedessen
denn auch der Chor um ein Joch kürzer ist.
Der Umstand, daß die Fenster durch einen,
die letzten Fenster der Seitenschiffe aber sogar
durch zwei Pfosten geteilt sind, läßt wie über-
haupt der ganze Querschnitt derselben ver-
muten, daß sie noch gotisierten. Im übrigen
entspricht der Grundriß nach Disposition und
Stil ganz dem Bau, wie er jetzt dasteht. Die
drei Türen an der Fassade, die viereckigen,
mit Pilastern ausgestatteten Pfeiler des Schiffes,
die ähnlich behandelten Halbpfeiler der Seiten-
schiffe, die breiten Hauptbögen, und die wenig
ausladenden lisenenartigen Pilaster der Fassade,
der Seitenschiffe und des Chores lassen keinen
Zweifel daran, daß der Aufbau im wesentlichen
gedacht ist, wie wir ihn jetzt vor uns schauen.
Daß auch die Emporen im Plane lagen, be-
weisen die beiden Wendeltreppen, die der
Grundriß an den Langseiten vorsieht. Nament-
lich hat die Wendeltreppe an der Ostseite, die

3) Nach Clemen(»Die Kunstdenkmäler der Rhein-
provinz.« S 2fi), soll das Mausoleum schon 16'26 voll-
endet gewesen sein. Indessen scheint das denn doch
fraglich. Immerhin dürfte bereits bei dem der Er-
richtung der Kirche zugrunde gelegten revidierten
Plan ;in ein Mausoleum gedacht worden sein. Denn
während bei dem in Abb. 1 wiedergegebenen Grund-
riß der Chor mit drei gleich breiten Seiten schließt,
ist bei dem Bau, wie er jetzt dasteht, die mittlere
Seite des Chorhauptes um ein bedeutendes breiter
als die anstoßenden Schrägseiten, wohl mit Rücksicht
auf das dahinter liegende Mausoleum.
 
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