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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Braun, Joseph: Die St. Andreaskirche zu Düsseldorf, ihre Stuckdekoration und ihre Stellung zu den übrigen rhein. Jesuitenkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0061

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79

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3i

80

vielleicht zur Benutzung für den Fürsten bestimmt
war, nur Sinn unter Annahme einer Galerie. Die
an der westlichen Langseite ihr gegenüber an-
gebrachte Wendeltreppe führte, wie es scheint,
zunächst in einen Raum über der Sakristei und
erst von diesem auf die Empore. Die Wendel-
treppe an der Ostseite ist nicht ausgeführt
worden; auch auf die der Westseite scheint
man verzichtet zu haben. Dagegen ist die
dritte, welche der Plan vermerkt, wirklich an-
gelegt worden. Es ist die Treppe, welche
noch jetzt vom unteren Ende des linken Seiten-
schiffes wie von außen her den Aufstieg zur
Empore vermittelt, nur daß die Treppe, wie
sie auf dem Grundriß erscheint, als Schnecken-
treppe gedacht ist, während sie in ihrer wirk-
lichen Ausführung sich in gewöhnlicher Weise
in Absätzen heraufzieht.

Auf dem Platz, wo die Fassade stehen sollte,
erhoben sich einige Häuser, hinter denen sich
der Weg vorbeizog, der zur alten Kapelle ging.
Dann folgte die schon erwähnte Brauerei und
ein Pferdestall. Was weiter noch an Raum
für die Kirche nötig war, wurde dem für Blu-
men und Gemüse bestimmten Teil des Gartens
des Kollegs entnommen. Die genannten Ge-
bäulichkeiten, wurden abgebrochen und am
5. Juli 1622 feierlich der Grundstein gelegt.
Die Pläne zum Umbau des Kollegs und zum
Neubau der Kirche waren im November des
vorhergehenden Jahres nach Rom zur Geneh-
migung geschickt worden, wo sie am 29. No-
vember oder 2. Dezember eintrafen. Es scheint,
daß die Patres zu Düsseldorf sich darüber Un-
ruhe machten, daß die Kirche nicht nach Osten
gerichtet sein werde. In seiner Antwort vom
22. Januar 1622 bemerkt deshalb der P. Ge-
neral: „In descriptione ternpli (Dusseldorpiani)
non existimo censendum magnum incommodum,
quod illud ad orientem non sit directum. Hie
Romae praeeipua templa aut oeeidentem aut
septentrionem aut aliam coeli plagam respiciunt."
Die Approbation des Planes schob er damals
noch auf, bis er einen erfahrenen Architekten
hinsichtlich desselben konsultiert habe. Am
21. Mai erfolgte die erwünschte Genehmigung.
In der Einrichtung des Kollegs war einiges
geändert worden, der Entwurf der Kirche aber
unbeanstandet geblieben.4)

Die Stuckarbeiten begannen 1632. Schon
vorher war allerdings ein Anfang gemacht wor-

*) Die Notizen verdanke ich der Güte meines
Ordensgenossen P. Joh. B. van Meurs.

den, doch wurde die Arbeit wieder eingestellt.
Der Name des betreffenden Stuckateurs ist nicht
genannt. Der Meister, der die jetzigen Stuck-
dekorationen ausgeführt hat, ist der Straßburger
Bürger und Kalkschneider Johannes Kuhn.
Er wurde unter dem 17. April 1632 vom Pfalz-
grafen Wolfgang Wilhelm nach Neuburg ge-
schickt, um die Stuckarbeiten in der dortigen
Jesuitenkirche, die von den Italienern Michael5)
und Antonio Castelli 1616—1618 hergestellt
worden waren, zu sehen und abzuzeichnen
Ende Juli kehrte Kuhn von Neuburg zurück
und übergab Wolfgang Wilhelm einen Kosten-
anschlag über die für die Düsseldorfer Jesuiten-
kirche geplante Stuckdekoration. Er belief
sich auf 1800 Reichsthlr. (2700 fl.). Die Ar-
beiten im Chor waren im Voranschlag nicht
mit einbezogen, dieselben sollten vielmehr be-
sonders verdingt werden. Am 25. August
wurde zwischen Wolfgang Wilhelm und Kuhn
der Vertrag geschlossen, alle Kalkschneider-
arbeit „an felderen, creuzgewölben, boegen, figu-
ren, finsteren, gestellen, seulen, capitälen, thuer-
gewölben und anders sovol in als oben dem
chor als kirchen . . . auf solche manier und
form, wie die arbeit in der herren patrum
kirchen zu Neuburg ist, so er gesehen und den
Abriß davon mit sich pracht hat, außer allem
der großen Apostelbilder, die unden zu beiden
seiden der kirchlenge neben den finsteren zu
stehen kommen, allerdings machen und zum
besten, wie es zu Neuburg in der Jesuiter-
kirchen gefertigt ist, sauber ausfertigen" sollte.
Im einzelnen sind in dem den Vertrag
behandelnden Protokoll die Arbeiten folgender-
maßen berechnet: Für den Chor; wozu auch
wohl die sonst nicht vorgesehenen Oratorien
in den Türmen gehören werden, sind im
ganzen 200 fl. angesetzt, für die 25 Kreuz-
gewölbe des Langhauses und der Seitenschiffe
200 fl., d, i. für jedes 8 fl., für die figürlichen
Darstellungen der 100 Gewölbekappen 400 fl.,
also pro Kappe 4 fl., für das Gewölbe unter
der Orgelempore alles in allem 20 9. Die
11 Bogen, welche zwischen die Schiffspfeiler
eingesprengt sind und die Galerien tragen,
samt den Engeln, welche den Anfang der
Bogen markieren, sind auf 77 fl. angesetzt, der

*) Wie es scheint identisch mit dem Michelangelo
Castelli, der mit Georg Castelli Stuckarbeiten im
Langhaus der St. Muhaelskirche laut den Baurech-
nungen von 1589 ausführte. (Lipowsky, »Die Jesuiten
in Bayern« I, 248).
 
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