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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Schmid, Andreas: Die ältesten Rosenkranzbilder
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Bogner, Heinrich: Über die Emporen in christlichen Kirchen der ersten acht Jahrhunderte
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0080

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109

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

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von Azpilicunta, genannt Navarrus, setzte sie
in die Ave Maria ein nach dem Worte Jesus.
So entstand die in Deutschland allgemein üb-
liche Gebetsweise des Rosenkranzes. Neben
dieser Gebetsweise herrschte aber bis in die
Zeiten des Kardinals Bona (1674) herab noch
eine viel ausführlichere, indem zu jedem Ave
Maria ein besonderes Geheimnis aus dem Leben
Jesu und Maria, also im ganzen 50 beziehungs-
weise 150 Betrachtungspunkte rezitiert werden
mußten. Wer heutzutage glaubt, unser Rosen-
kranzgebet sei zu einfach und verleite zu
Mechanismus, kehre also nur zu der zweiten
Betrachtungsweise zurück. Die Einsätze findet
er ganz ausführlich in dem lateinischen Büch-
lein Rosarium sive psalterium B. M. V. Ingol-
stadt 1603.

Nunmehr ist auch die dritte Frage als ge-
löst zu betrachten durch Fr. Thomas Esser
O. S. D., welcher im letzten Hefte des Mainzer
Katholik auf eine Schrift in der Münchener

Staatsbibliothek aufmerksam machte. Diese
Schrift ist 1483 zu Ulm gedruckt durch Konrad
Dinckmut und enthält auf 3 Blättern je 5 Ge-
heimnisse der drei Psalterteile in kolorierten
Holzschnitten. Es mögen hier die Geheimnisse
des freudenreichen, schmerzhaften und glor-
reichen Rosenkranzes nach Originalphoto-
graphie wiedergegeben werden. Die Bilder der
Holzschnitte sind von einer nicht ungeschickten
Hand in der Strichmanier gezeichnet und ver-
raten in den brüchigen Falten der Gewänder
noch deutliche Spuren der Gotik. Der Druck
ist in Schwarz ausgeführt und durch Farben
in Rot, Grün, Gelb handwerksmäßig illustriert.
Diese Farben erinnern noch an die Maler-
schulen, welche gegen Ende des XV. Jahrh.
in Ulm und Augsburg bestanden. Da sie nicht
selten die Konturen überschreiten, so erhalten
die Bilder, insbesondere die Kränze, den Cha-
rakter kindlicher Kolorierungsversuche.

München. Andreas S c h m i d.

Über die Emporen in christlichen K

eit den ältesten Zeiten bestand das
Wohnhaus im Orient aus zwei
Teilen, wovon der eine, meist ein
oberes Stockwerk bildend, die
Frauen beherbergte. Im Hauran in Syrien wur-
den in den Wänden einzelner solcher Häuser
Öffnungen vorgefunden, durch welche bei ge-
meinschaftlichen Freudenfesten wie beim ge-
meinschaftlichen Gebet die weiblichen Haus-
bewohner, welche sich nicht unter die Menge
begeben durften, in einen Raum hinabsehen
konnten, der die Höhe beider Stockwerke hatte
und in welchem Gäste oder Geschäftsfreunde
empfangen wurden. Auf diese aus klassischer
Zeit erhaltene Einrichtung will Essenwein die
Keime der Frauengalerien in der
christlichen Kirche zurückführen.1) Näher
liegt es freilich, daß die orientalische Sitte, die
Frauen vom Verkehr mit der Männerwelt ab-
zuschließen, für sich allein schon Veranlassung
gab, das Verlangen, welches da und dort an
das Programm des Hauses gestellt wurde, auch
an dasjenige der Kirche zu stellen. —

Die Forderung der Geschlechtertren-
nung, welche in den Synagogen von jeher

irchen der ersten acht Jahrhunderte.

Sitte war, indem die Frauen erhöht, die Männer
unten standen,2) dürfte in der christlichen
Kirche umso frühzeitiger erhoben worden sein,
als sie in den apostolischen Satzungen geradezu
vorgeschrieben wird.3) Zuverlässiges darüber
zu ermitteln, ob man sich in der ersten Zeit
des Christentums etwa damit begnügte, diese
Trennung in der Weise durchzuführen, daß der
männliche Teil die eine, der weibliche die an-
dere Hälfte' des Kirchenschiffes einnahm, weil
die der forensischen Basilikenanlage im all-
gemeinen geläufige Anordnung der Langseiten-
emporen4) ursprünglich der ecclesialen, wie
manche meinen, fremd gewesen ist,5) dürfte
wohl deshalb kaum gelingen, weil uns Bauten
aus ältester Zeit nicht bekannt sind.6) Sicher
dagegen ist, daß bereits im Laufe des VI. Jahrh.

') Vgl. Essen we i n Aug., »Handbuch d. Archi-
tektur« (Darmstadt 1886) S. 23.

2) Vgl. KreuserJ., »Wiederum christl. Kirchen-
bauc I. Bd. (Brixen 1868) S. 108.

3) Vgl. ebendas — Krau ß Frz. X., »Gesch.
d. christl. Kunst« II. Bd. (Freiburg i. Breisgau 1896)
S. 295 u. Otte H., »Handbch. d. kirchl. Kunst-
archäol.« usw. 2. umgearb. Aull. (Leipzig 1854) S. 15.

*) Vgl. Springer A. H., »Die Bauk. d. christl.
Mittelalters« (Bonn 1854) S. 20.

s) Vgl. Dehio G. u. Bezold G. v., »Die kirchl.
Bauk. d. Abendl. Histor. u. system. dargest.« I. Bd.
(Stuttgart 18!)'?) S. 107.

6) Vgl. Essenwein S. 46
 
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