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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Schulz, Fritz Traugott: Von der historischen Ausstellung in Nürnberg, [1]
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Abhandlungen.

Von der historischen Ausstellung
in Nürnberg."")

(Mit Tafel III und 3 Abbildungen.)

«PrieSSi&lleich den anderen retrospizieren-
den Ausstellungen unserer Tage
verfolgt auch die im Auftrage
der Stadt Nürnberg auf der
3. Bayerischen Jubiläums-Landes-Ausstellung
veranstaltete und am 12. Mai d. J. eröffnete
historische Ausstellung einen wissenschaftlichen
Zweck. Sie will die bestehenden Anschau-
ungen über die Alt-Nürnberger Kunst klären
und konzentrieren, sie will der ernsten For-
schung neues bislang wenig bekanntes oder
gänzlich unbekanntes Material bieten und auf
diese Weise neue Momente in dieselbe hinein-
tragen. Sie will aber vor allem einen faß-
baren Begriff von dem Gesamtwesen der Alt-
Nürnberger Kunst geben. So wurde kein
Zweig der kirchlichen und weltlichen Kunst
wie auch des Kunstgewerbes und des Kunst-
handwerkes unberücksichtigt gelassen. Es
konnte durch emsiges Werben eine große
Fülle wertvoller Kunstschätze zusammen-
getragen werden, von denen im folgenden in
Kürze berichtet werden soll. Hierbei ist es in
erster Linie auf die kirchliche Kunst und zwar
auf solche Werke, welche zum erstenmal an
die Öffentlichkeit gelangten, abgesehen. Wir
beginnen mit der Malerei.
I.
Die kirchliche Malerei.
Einleitend sei bemerkt, daß die sämtlichen
Werke der kirchlichen Kunst im alten Nürnberg
ein ausgeprägt realistisches Empfinden durch-
weht. Bei aller, von großer Glaubensstärke
getragener Versenkung in die Materie bricht
sich dieses doch allerwärts mit ungestümer
Macht Bahn. Damit soll nicht gesagt werden,
daß der ideale Gehalt dieser Schöpfungen
ein geringer wäre. Gerade das Gegenteil ist
der Fall. Aber der Künstler schafft als Kind
seiner Zeit. Er sieht die heiligen Handlungen
durch den Spiegel des Alltaglebens. Er be-
obachtet mit scharfem Auge die Natur, er
studiert die Charakteristik des Gesichtsaus-

*) Die Durchführung der Arbeiten und das Ar-
rangement la^en in den Händen des Unterzeichneten.

drucks an seinen Zeitgenossen. Er treibt
sorgfältige Gewandstudien. Dennoch wirken
seine Werke unmittelbar auf das Gemüt des
Glaubigen. Er versteht es eben, dem Naiv-
Natürlichen den Stempel des Erhabenen aufzu-
drücken. Und dadurch werden seine Schöpfun-
gen groß und unsterblich. Das leuchtendste
Beispiel ist uns hierfür Albrecht Dürer.

Das älteste unter den Gemälden der Aus-
stellung ist die Vorderseite eines Altar-
flügels aus Heilsbronn, das überhaupt
eine der bedeutsamsten Pflegstätten Alt-Nürn-
berger Kunst gewesen. Die Cistercienseräbte
des ehemaligen Klosters haben in den auf
uns gekommenen Kunstwerken ihren Sinn für
das Schöne und Edle in reichem Maße be-
wiesen. Die altehrwürdige Klosterkirche birgt
noch heute eine stattliche Reihe wertvoller
Kunstdenkmäler. Wir haben in den vier auf
Goldgrund gesetzten Szenen aus dem Leben
Christi (Judaskuß, Christus vor Pilatus, Auf-
erstehung und Himmelfahrt) in der Auffassung
naive, jugendfrische Arbeiten aus der Mitte
des XIV. Jahrh. vor uns. Von einem Ge-
wandstudium ist natürlich noch nicht die Rede.
Die Figuren reden lediglich durch Gesten und
Gebärden. Der Farben sind nur wenig. Die
Schatten werden durch den verstärkten Lokal-
ton ausgedrückt. Im ganzen noch unbeholfen,
entbehren diese Darstellungen doch nicht im
einzelnen gut beobachteter Züge. Von ganz
anderer Art ist der große Schmerzens-
mann, ebenfalls aus Heilsbronn. Das
Kleinliche des vorigen Bildes ist abgestreift.
Alles geht ins Große und Erhabene. Mit
Bewußtsein strebt der Künstler Monumentalität
an und erreicht sie im Rahmen seiner Zeit
auch vollkommen. Die Figur spricht als Figur
für sich. Sie bedarf nicht erklärender Attribute.
Mit Fug und Recht bezeichnet Thode, der
schon in seinem verdienstvollen Werk „Die
Malerschule von Nürnberg im XIV. und
XV. Jahrhundert" auf dieses Bild aufmerksam
gemacht hat, dasselbe als das bedeutendste
unter den auf uns gekommenen Gemälden der
2. Hälfte des XIV. Jahrh. Es ist eine
Stiftung des Abtes Friedrich von Hirzlach,
der 134(5—61 regierte. Siehe im übrigen
Thode a. a. O., S. 1H—14.
 
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