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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Graus, Johann: St. Ambed, Vilbed, Gwerbed zu Meransen in Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0102

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143

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

144

St. Ambed, Vilbed, Gwerbed zu Meransen in Tirol.

(Mit 3 Abbildungen )

on der Station Mühlbach der Puster-
talbahn Tirols führt ein steiler Fuß-
pfad das steinige, waldige Berg-
gelände hinauf nach Meransen,

dem Pfarrorte, gelegen an der freien luftigen
Fläche fruchtbarer Kulturen, die nach nahe
zweistündigem Anstiege erreicht wird. Auf-
fallend ist hier wie anderswo auch in Tirol
der Gegensatz der unnutzbaren übersteilen
Anstiegseite des Berges zu der gedehnten kultur-
fähigen Bodenfläche, welche in der Höhe sich
ausbreitet und natürlich schon in ältester Zeit
als wohnlichste Ansiedlung sich darbot. Eine
Kirche zum hl. Jakob bestand hier schon im
XIII. Jahrh., deren früheste Gestalt wir nicht
mehr vor uns haben, da ein innerlich wohl
gegliederter schönräumiger Neubau des XVIII.
Jahrh. nun an seiner Stelle sich erhebt. Doch
fehlt es an kleineren Kunstwerken nicht, die
aus früheren Zeiten her sich erhalten haben.

In einem unter dem Presbyterium vertieften
von außen zugänglichen Gruftkapellenraume,
einem Reste vielleicht älterer Anlage, entdeckt,
man ein kleines Holzrelief von Brustbildern
Christi mit den Aposteln; am Hochaltare im
Hauptfelde, wo man allgemeiner Gepflogenheit
entsprechend das Titelheiligenbild erwartete,
umgibt eine Strahlenglorie die alte gotische
Marienstatue, das Christkind am Arme, aus der
Spätzeit des XV. Säkulums. Der Fond des
rechten Seitenaltares jedoch umschließt, was
mich zum mühsamen Wege herauf veranlaßte,
drei Statuen gotischer Kunst, entstanden etwa
zwischen 1470—1500, die hübsche Gruppe der
„drei heiligen Jungfrauen von Meran-
sen"! Kronen auf den Häuptern mit wallen-
den Haaren tiagen sie Lilienstengel, Buch,
und Pfeil in den Händen, gute ansprechende
Arbeiten jener für den kirchlichen Kunstbedarf
fruchtbaren Periode. Der Malgrund hinter ihnen
zeigt das Lamm Gottes in den Wolken, das
auf die Jungfrauen niederschaut.

Eine aus grauer Vorzeit stammende Ver-
ehrung erbrachte den drei Jungfrauen früh
schon urkundliche Bezeugung. Ein Stiftungs-
brief von 1382 gilt der Abhaltung einer
Wochenmesse „ze ehren St. Jacoben und der
heiligen jungfrawen Gewerpet und sand Am-
pet und sand Gaupet" zu lesen, von der
Gemeinde gestiftet, akzeptiert vom Pfarrer

Konrad gegen einen jährlichen Bezug von
32 Pfund perner, in dieser Kirche, damals noch
einer Filiale von Rodaneck. Umgebaut war die
Kirche 1472 neu geweiht worden. 17.S0 erfolgte
die letzte Kirchweihe nach dem schon er-
wähnten Neubau. Aus der Zeit des Umbaues
von 1472 mögen die drei gotischen Statuen
der Jungfrauen stammen; zu dem späteren
von 1780 erhielt das Gotteshaus eine neue Er-
innerung an sie in dem Hauptgewölbefelde
des Kirchenschiffes, das ein tüchtiger Tiroler
Freskant Johann Mitterw u rt zer 1776 mit
einer figurenreichen Komposition erfüllte. Land-
leute, Hirten im Felde, Leidende aller Art
erheben vom Bildrande des Kuppelgewölbes
allerseits her ihre Gebete und Hülferufe hinauf
zur Himmelsglotie, wo überstrahlt vom Scheine
des göttlichen Namens die drei Jungfrauen auf
den Wolken thronen, in seliger Verzückung
Siegespalmen in den Händen. Auf einem dem
Barockstil nachgearteten hingemalten Posta-
mente liest man: „AllenHilfAufVorbittBiser
Drey H.H. Jungfrauen undMärtyrinnen Aubet
("übet Gucrre." Tiefer meldet die neue
Zeile: ,,/olian Mitterwurtzer ]>inxit brixinac
ljyö." Von den hl. drei Jungfrauen nahm
Notiz ein für die Kirche gegebener Ablaß-
brief von 1500 und weiset sie zu der Jung-
frauenschar St. Ursulas: „sanctarum Cubet,
Aubet et Guerre ex militia undecim millium
virginum." Das bischöfliche Visitations-
protokoll von 1G03 führt als ihre Namen
auf: Ambetta, Vilpetta, Gwerbetta; jenes
aber vom Jahre 1650 wünscht dafür die Namen
Fides, Spes, Caritas zu substituieren, bemerkt
jedoch, daß den hierher wallenden Pilgern viel
Guttaten zuteil würden und diese Gnaden auf
einer Tafel verzeichnet wären, die erneuert
werden sollte. Letzteres ist nach dem weitern
Visitationsprotokoll von 1853 wirklich geschehen.
Wie herkömmlich hat die im Volke fest-
gehaltene Legende von diesen verehrten Jung-
frauen Tirols viel und genaues zu erzählen gewußt,
einmal, dass sie nicht etwa der weiten Ferne,
sondern diesem Meransen angehörten mit ihren
Lebensschicksalen. Vor den Hunnen Attilas
hätten sie sich geflüchtet auf diesen Berg, und
wo sie unterwegs von Mühlbach unter einem
Kirschbaum, um Erquickung zu finden, im
Aufstieg innegehalten, sei eine Quelle auf ihr
 
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