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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Schnütgen, Alexander: Ein neues Flügelgemälde als Gedenktafel bei einem Familienfeste
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0115

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Abhandlungen

eues Flügelgemälde
als Gedenktafel
einem Familienfeste.

Mit Abbildung (Tafel IV).

esondere Gedenktage, im
engeren Kreise der Fa-
milie, oder in dem wei-
teren von Gesellschaften
Feierlichkeiten Anlaß
gebend, die nicht auf einen vor-
übergehenden Akt sich beschränken, sondern
dauernd festgelegt werden sollen, bereiten in
der Regel eine große Verlegenheit hinsicht-
lich des Festgeschenkes. Wird es in der Eile
zusammengesucht, so erweckt es kaum je
rechte Befriedigung, denn wenn ihm auch der
künstlerische Stempel nicht ganz fehlen sollte,
dann sicher das persönliche Motiv, für das
eine hinzugefügte Inschrift nicht ausreicht.
Und wenn auch für ein persönlich zu ge-
staltendes Geschenk die Mittel aufgeboten
werden, dann ist in der Regel die Eile, und
nicht nur diese, das Hindernis für die Ge-
winnung des zutreffenden Gedankens, noch
mehr für dessen künstlerische Formulierung,
falls überhaupt für die Ausführung die geeig-
nete Kraft zur Hand sein sollte.

Es kann daher die Tatsache nicht auf-
fallen, daß so viele Feste, namentlich Jubiläen
in größerem Stil heutzutage gefeiert, so viele
kostbare Weihegaben dafür beschafft werden,
so selten diese nach Inhalt und Form der
Idee des Festes, der Bedeutung des Tages
den auf die Dauer befriedigenden Ausdruck
geben, mögen sie in Wand- oder Tafelschmuck,
in Aufsätzen oder Kassetten bestehen.

Glücklicher waren auf diesem Gebiete die
Verhältnisse in den früheren Jahrhunderten,
die bei solchen Anlässen leicht die geschulte
Hand des Malers, Graveurs oder Bildhauers
in Bewegung setzen konnten, sei es, daß mo-
numentale Leistungen beabsichtigt waren, oder
es bei bescheideneren Ansprüchen verblieb.

Wo die religiösen Interessen,die bei manchen
Familienfesten auch heute noch vorwiegen,
in den Vordergrund traten, waren es vorzugs-
weise die Flügelgemälde, die dem festlichen

Gedanken Ausdruck liehen, indem das Mittel-
bild das religiöse Thema in einer passenden,
zumeist biblischen Szene behandelte, auf den
Flügeln die gefeierten Personen dargestellt
wurden, mit Vorliebe als Donatoren zu den
Füßen ihrer heiligen Patrone knieend.

Wie viele solcher Familienbilder haben
sich namentlich aus den letzten Jahrzehnten
des Mittelalters und aus den beiden folgenden
Jahrhunderten erhalten, manche mit den Reihen
der Kinder und der Söhne bezw. Schwieger-
söhne, unter der Führung des von seinem
Namenspatron beschützten Vaters, der Töchter
bezw. Schwiegertöchter, unter der Leitung der
von ihrer Namenspatronin beschirmten Mutter,
wobei die verstorbenen Mitglieder gern mit
einem Kreuzchen bezeichnet wurden. Diese
schöne Sitte, deren zahllose Denkmäler nur
ausnahmsweise in den Stifterfamilien, öfters
in den Kirchen verblieben, zumeist in die
Museen geflüchtet sind, ist seit mehr als einem
Jahrhundert fast ganz außer Übung gekommen.

Umsomehr mag ein Versuch, sie neu zu
beleben, die Aufmerksamkeit verdienen, für
den von einer kinderreichen holländischen
Familie bei Gelegenheit der goldenen Hochzeit
die Hand des Meisters Wilhelm Mengel-
berg in Anspruch genommen wurde.

Die hier beigegebene Tafel (135 cm hoch,
183 cm breit) veranschaulicht diesen Versuch,
insoweit bei einem so reich mit Farbe und
besonders mit Gold behandelten Gemälde von
der Photographie die Wirkung wiedergegeben
werden kann.

Das Mittelbild der Darstellung des Spo-
salizio, der Trauung von Maria und Joseph,
mit dem Brustbild des die Hände schützend
weithin ausbreitenden Gottvaters und dem von
ihm herabgesandten Heiligengeist knüpft in
stilistischer Hinsicht, zeichnerisch wie kolo-
ristisch, an Gemälde der altkölnischen Schule
an, ohne auch nur ein Motiv derselben zu
kopieren. Die Komposition ist im ganzen wie
im einzelnen durchaus selbständig, nicht nur
bezüglich der Mittelgruppe, sondern erst recht
hinsichtlich der in verschiedenen Stellungen
und Funktionen assistierenden Engel, die zu-
gleich den sofort in die Augen springenden
ungemein sinnigen Vorzug haben, in ihren
 
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