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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Cremer, Franz Gerhard: Unsere Künstler und das öffentliche Leben, [2]
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Schulz, Fritz Traugott: Von der historischen Ausstellung in Nürnberg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0143

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211

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

212

Sitz der Wissenschaften und Künste galten,
und Lernbegierige aus allen Ländern anzogen,
so sehen wir uns gleichsam wie im Fluge durch
die Schätze der Bücherei zu St. Gallen auf ein
weit entlegenes und doch wiederum so nahes
und so vertraut gewordenes Forschungsfeld
verwiesen. — Ebenhier, in Scotia inferior,25)
Umschau haltend, erfahren wir dann einerseits,
daß wir schon im V. Jahrh. der Übung in
dieser großen Kleinkunst und zwar in meister-
lichen Erzeugnissen begegnen. Henri, welcher
in seiner Geschichte Britanniens der Geschichte
derBaukunst besondere Aufmerksamkeit schenkt,
bestätigt, daß die Römer in den Überwundenen
nicht nur fähige Schüler, sondern gar bald schon
in ihnen gewandte Lehrer in den Künsten und
Wissenschaften erhielten. Denn schon im
III. Jahrh. werden von den Römern Britten

25) Mit dem Namen Scotia und Scotia inferior
wurde im Mittelalter Irland bezeichnet; daher auch
der Ausdruck Scotus für Irländer. ■— Siehe Weidmanns
Geschichte der Bibliothek von St. Gallen (St. Gallen 18-11).

nach dem Kontinent berufen; ja selbst in
Konstantinopel wurden brittische Bauleute ver-
wandt.20) Somit erklären sich nicht nur manche
Verwendungsweisen in den Stoffen, sondern
auch jene seltsamen Stilerscheinungen, in denen
nordische und orientalische Einflüsse sichtbar
werden, wie sich dies in den sogenannten
longobardisch-cassinesischen Manuskripten zeigt,
die sich in großer Zahl — dazu eine lange
Periode umfassend — in höchster Vollendung
zu Monte Cassino, der Ur-Abtei der Söhne
des heiligen Benedikt erhalten haben. Und
diese so eigenartige, eine geradezu unerschöpf-
liche Phantasie und hohen Schönheitssinn ver-
ratende Ornamentation gründet sich sichtlich
nicht auf eine nur flüchtige und bald verflüchti-
gende Einwirkung, vielmehr zeigt sie deutlich
eine durch die Jahrhunderte sich fortsetzende
Entwickelung. (Forts, folgt.)

Düsseldorf. Fr. G. Cremer.

26) In obengenanntem Werke von Heideloff, S. 10.

Von der historischen Ausstellung in Nürnberg.

(Mit 6 Abbildungen.)

III. (Schluß.)
Die übrige kirchliche Kunst.

eben der großen kirchlichen Kunst
hat auch das Gebrauchsgerät eine
weitgehende Berücksichtigung er-
fahren. Hinreichend Beispiele sind
auch von den zur inneren Ausschmückung
der Kirchen verwandten Ausstattungsstücken
und Einrichtungsgegenständen vorhanden.
Denn nicht nur sollte die stilistische Entwick-
lung auf der Ausstellung veranschaulicht, es
sollte auch eine Vorstellung davon gegeben
werden, wie das Innere der Kirchen Nürn-
bergs und Mittelfrankens überhaupt beschaffen
war. Darum wurde darauf Bedacht genom-
men, daß kein wesentlicher Gegenstand fehle.
Ich beginne mit den edelsten unter den
Gebrauchsgeräten, den Gold- und Silber-
geräten. Die Zahl derselben ist eine statt-
liche. Mannigfach wechselnd in Form, Aus-
bildung und Technik geben sie ein hübsches,
in sich geschlossenes Entwickelungsbild. Die
Zahl der Kelche beläuft sich auf 22 Stück.
Die ältesten gehören der besten Zeit des
XIV. Jahrh. an, der jüngste trägt die Jahres-

zahl 1733. Aus der primitiven bildet sich die
zierliche Form, die nach und nach an Größe
und Derbheit der Einzelglieder zunimmt, um
schließlich in ungeschlachte Plumpheit auszu-
arten. Der früheste unter den Kelchen ist der-
jenige aus der Kirche in Kat zwang. DieCuppa
hat wie stets in der gotischen Zeit glatte Trichter-
form. Die Handhabe ist mit Rosetten auf
gerautetem Grunde geziert. Am Nodus be-
merken wir sechs runde Zapfen, in denen in
teilweise erhaltener Emailfassung das Agnus
Dei, der Pelikan mit seinen Jungen und die
Evangelistensymbole. Der runde Fuß ist mit
sechs Medaillons belegt, welche in getriebener
Arbeit folgende Darstellungen aufweisen: die
Verkündigung, Christus an der Martersäule,
Christus das Kreuz tragend, die Kreuzigung,
die Auferstehung und Christus als Welten-
richter. Ein Zeichen ist natürlich noch nicht
vorhanden. Doch finden wir schon ein solches
an dem Kelche vom Jahre 1495 aus der
Kirche in Großgrün dlach. Dieser trägt
unter dem Fuß die eingravierte Inschrift:
■»Ott. pehem. 1495«. Die Cuppa ist unten schon
wenig gerundet. Der Fuß ist sechsteilig und
mit den gravierten Attributen der Heiligen
 
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