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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

DOI Artikel:
Westendorp, K. H.: Kopien berühmter niederländischer Porträts des XV. Jahrh. auf rheinisch-westfälischen Altartafeln des XVI. Jahrh.
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Groner, Anton: Zur Entstehungsgeschichte der Sixtinischen Wandfresken, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0155

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227

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr.

228

geschätzt waren wie heute. Es scheint, daß
die Künstler auf ihren Reisen sich genaue
Skizzen dieser hervorragenden Porträts ange-
fertigt haben mit der direkten Absicht, später
auf ihren Bildern mit ihnen zu paradieren.

Mwixicur le Beyyue de Laiuioy, seigneur de Mo-
lembaix youverneur de Lille, /'W/v et Cotnpagnon
de la Iris noble ordre de la Toison d'or qui Pres-
passa Van 1433 Ic dernier de May.

In der Arrascr Sammung (fol. 110) befindet sich
auch eine Zeichnung nach einem Halbfigurenbilde der
Hadriana von Berlaymont, die aber mit der neben
Balduin stehenden Frau auf dem Kölner Bilde —
beide erscheinen fast wie ein Paar — nichts zu tun hat.

Sollte nicht auch die mit genauen Farbnotizen
versehene Silberstiftzeichnung des sogenannten
Kardinals della Croce im Königl. Kupferstich-
kabinett zu Dresden zu einem ähnlichen
Zwecke aufgenommen worden sein ? Auch
wir glauben nicht, daß diese Zeichnung eine
eigenhändige Arbeit Jan van Eycks ist.8)
Remagen. K. H. Wes tendorp

3) Vergl. auch Voll, »Die altniederlandische
Malerei Jan van Eyck bis Mcmling«, 1906, S. 38
und Anmerkung S. 261, der die Zeichnung für „eine
etwas ängstliche Wiederholung von fremder Hand" hält.

Zur Entstehungsgeschichte der Sixtinischen Wandfresken.

(Mit 4 Abbildungen.)

III. (Schluß.)
enn wir die Urheber der ersten 10
Historien überblicken, so ist leicht
ersichtlich, daß jeder der 4 Künstler
am 27. Oktober 1481 ein zu-
sammengehöriges Freskenpaar übernahm, und
daß wir in den Malereien der Altarvvand die
„istoriae iam factae" zu erkennen haben. Wir
werden daran, daß die beiden fertigen Bilder
bei den 10 mitgerechnet sind, keinen Anstoß
nehmen dürfen. Die Urkunde will nur fest-
legen, wieweit die Malereien bis 15. März
1482 gediehen sein müssen. Zwischen den
Kontrahenten konnte ja nicht der leiseste
Zweifel bestehen über den Inhalt und Umfang
der übernommenen Verpflichtung, die 10 Histo-
rien, über dem Altar beginnend rückwärts, zu
Ende zu malen (depingere et finire), wie bereits
begonnen war (prout inceptum est). Ohne
Zweifel hatten die Künstler schon vorher unter
sich abgemacht, daß jeder ein Freskenpaar
übernehmen wolle, ehe sie den Vertrag ab-
schlössen.

Wie aber kann es im Vertrag heißen, daß
die bereits vollendeten Historien von den im
Vertrag genannten Unternehmern (per eosdem
depictores) herrühren? Hierüber gibt die
Schätzungsurkunde vom 17. Januar 1482 Auf-
schluß. Die Kommission entscheidet, daß
die Künstler „pro dictis quattuor istoriis
cum dictis cortinis cornicibis et pontifici-
bus videlicet pro qualibet istoria earundem"
(= für die genannten 4 Historien mit den
zugehörigen Teppichen, Nischen und Papst-
figuren, nämlich für jede einzelne) 250 Gold-

gulden vom Papst zu bekommen haben, also
nicht, wie Steinmann meint, für jedes Historien-
bild 250 Goldgulden, sondern für jede Historie
mit dem Teppich darunter und den 2 Papst-
gestalten in ihren Nischen darüber, d. h. für
jede Wandfläche (zwischen 2 Pilastern) in ihrer
ganzen Höhe (pictura facta in dictis quattuor
istoriis). Das Wort „istoria" wird also in den
Urkunden in ganz verschiedenem Sinn ge-
braucht, einmal für das eigentliche Historienbild,
dann wieder für die Malereien einer ganzen
Wandfläche. Wenn wir nun annehmen, daß
Rosselli, Botticelli und Ghirlandajo die 4
Papstbilder der Altarwand gemalt hatten, heißt
es im Vertrag tatsächlich ganz zutreffend, daß
die fertigen Historien von den 4 genannten
Künstlern gemalt seien. Daß die beiden Papst-
bilder über jeder Historie nicht von dem
gleichen Künstler, der das Geschichtsbild aus-
führte, gemalt worden sind (was die summarische
Schätzung vom 17. Januar 14S-i2 an sich ver-
muten ließe), steht durch wiederholte Unter-
suchung fest. Aus dieser Tatsache und der
summarischen Schätzung müssen wir zugleich
schließen, daß das Honorar für jedes Papstbild
im Verhältnis zur Historie unter den Künstlern
festgestellt war.

Können wir nun bestimmt sagen, daß jeder
der 4 Maler am 27. Oktober 1481 ein Fresken-
paar übernahm, so fragt es sich, ob wir daraus
nicht zugleich einen Rückschluß auf die von
ihnen bis dahin geförderte Arbeit ziehen dürfen.
Daß Perugino, der wohl sicher seine Tätigkeit
in der Kapelle sofort an dem Historienzyklus
begann, am 27. Oktober 1481 mit den Male-
 
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