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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Cremer, Franz Gerhard: Unsere Künstler und das öffentliche Leben, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0165

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247

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

248

Unsere Künstler und das öffentliche Leben.

III.

o wichtig es wohl wäre, gerade
liier den Zusammenhang dieses
seltsamen Mischstiles aufzudecken
und in seinen einzelnen Phasen
erkennen zu lassen, so müssen wir an dieser
Stelle doch darauf verzichten. Es sei aber
im Hinblicke auf den geringen Er-
folg so vieler Gel ehrten!!! — die alten
erprobten Malverfahren zurückzu-
finden — nochmals daraufhingewiesen, daß
bei diesen Forschungsarbeiten das Wissen
einseitig vorgehender Fachgelehrten resultat-
los bleiben muß, weil die Erfahrung zeigt,
daß nur ein gründliches und vielumfassendes
Wissen, gepaart mit praktisch-technischen
Kenntnissen und handwerksmäßigen Verwen-
dungsweisen zum Ziele führen kann. Nur
wenige Andeutungen, weil sie gleichzeitig
einige Streiflichte in die vor- Eycksche Zeit
werfen, werden dies überzeugend bestätigen.
Bekanntlich ist Alexandria auch nach den
schlimmsten Wechselfällen, wie die Zerstörung
der Büchersammlungen in jenem Aufstande
unter Kaiser Theodosius im Jahre 387, doch
ein Sitz der Gelehrsamkeit und höherer Bil-
dung geblieben, wie dies der Besuch dortiger
Schulen durch abendländische Arzte und
Philosophen beweist. Und wie die Vertreter
der christlichen Kunst in Italien bekanntlich
der Auffassung und der Technik der klassischen
Kunst folgten, so werden sich die alexandri-
nischen Christen dem Einflüsse der griechisch-
ägyptischen Kunst gleich wenig entzogen und
infolge der römischen Machtausdehnung —
auch wohl nach Aufgabe der alten Klassizität
— weitere Elemente aufgenommen haben,
worüber man eingehendere Nachweise in
meiner Arbeit: „Zur Ölmaltechnik der Alten"
(1902) finden wird. — Für die Möglichkeit
einer geistigen Einwirkung und der Aufnahme
fremder Kunstformen im Norden spricht
allein schon der Umstand, daß die ältesten
Klosteranlagen in Irland Nachahmungen der
ägyptischen waren, von wo auch das Anacho-
retenwesen übertragen worden ist. Diese
Tatsache bestätigt ein altes, in irischer Sprache
abgefaßtes und in lateinischer Übersetzung
bekannt gemachtes Buch: Leabhar Breac,
welches zu Dublin in der Bibliothek der
königlich irischen Akademie aufbewahrt wird.

In diesem werden eine große Zahl nach Ir-
land eingewanderter und hier beerdigter Geist-
licher aufgezählt, unter denen sich: „Septem
monachos Aegyptios qui jacent in disert
Widh"27) finden. Dagegen ist wiederum be-
kannt, in wie großer Zahl des grünen Irin
und des nachbarlichen Brittanien Söhne das
mittlere Europa durchzogen, wohin, wie Keller
sagt, ein fast schwärmerisches Verlangen trieb,
die Überreste des Heidentums auszurotten,
oder die Klöster des Festlandes und heilige
Orte, namentlich Rom,2Ö) zu besuchen und
neue Klöster zu gründen, wie die sogenannten
Schottenklöster bezeugen. — Durch die natür-
liche Richtung bedingt, blieb vorzüglich der
Rhein die Hauptverkehrsstraße zwischen dem
Norden und dem Süden, weshalb sich auch

27) Siehe Transactions of the Royal Irish Academy
Vol. XX, p. 136.

*8) r Unter der Vorsteherschaft des Abtes Grimald,
um die Mitte des IX. Jahrh.", so heißt es bei Dr.
Ferdinand Keller in dem schon wiederholt ange-
zogenen Werke (S. 63), „besuchten auf ihrer Rückreise
von Rom, wohin sie eine Wallfahrt gemacht hatten,
der irische Bischof Marcus und sein Neffe Moengal,
welcher nachher den Namen Marcellus (der kleine
Marcus) erhielt, das stammverwandte, vom Wege nicht
sehr abgelegene Kloster des hl. Gallus.

Die lernbegierigen Mönche, welche in Moengal
einen Mann von seltener Gelehrsamkeit und umfassen-
der Bildung erkannt hatten, beredeten die Reisenden,
ihren bleibenden Wohnsitz in St. Gallen aufzuschlagen.
Die Bitte wurde angenommen, das Gefolge entlassen,
und Oheim und Neffe lebten bis zu ihrem Tode in
St. Gallen. Von Marcus erfährt man auUer seinem
Todestage weiter nichts, als daß er sein Geld, seine
Gewänder und Bücher dem Kloster überlassen habe.
Moengal dagegen ward Vorsieher der sogenannten
innern Schule und Lehrer derjenigen Knaben, welche
klösterliches Gewand trugen und größtenteils schon
als Kinder dem Klosterleben gewidmet wurden.
Er war, wie Ekkehard sagt, gleich bewandert in der
Theologie und in den schönen Wissenschaften und
unterrichtete seine Zöglinge Notker, Ratpert, Tuotilo
in den sieben freien Künsten, mit besondeier Liebe

aber in der Musik...... Im Necrologium von

St. Gallen findet sich die Angabe seines Todes in
folgender Form : „Hinschied des Moengal, auch Mar-
cellus genannt, des gelehrtesten und trefflichsten
Mannes." . . . Nicht unbeachtet bleibe, was noch
des weiteren gesagt wird: „Obgleich nicht näher

angegeben wird, in welcher Art von Musik,......

Moengal Anweisung erteilt habe, so läßt sich aus
den LobsprUchen, die den Talenten, des Tuotilo,
Moengals Lehrling, gespendet werden, mit ziemlicher
Sicherheit auf die Natur des musikalischen Unter-
richtes schließen. . . ."
 
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