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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Oidtmann, Heinrich: Über die Instandsetzung alter Glasmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0179

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269

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

270

den, wo man die Gläser wochenlang der
Einwirkung stark strömenden Wassers aus-
gesetzt hatte.9)

Nur selten freilich gelingt die Reinigung
durch kräftiges Abspülen mit Brunnenwasser,
aus welchem man zur Beruhigung ängstlicher
Gemüter durch Aufkochen Luft und Kohlen-
säure austreiben mag. Man versuche deshalb
sofort durch Abwaschen mit einem Schwamm
oder mit einem weichen Leder. Bleibt der
Erfolg aus, so bearbeite man die Gläser ge-
trost mit neutraler,
heißer Seifen- oder
Sodalösung unter
beständigem Reiben
mit einer mäßig
harten Bürste. Die
Auflagerung fettiger

oder schleimiger Be-
standteile verlangt

die Behandlung mit

Spiritus oder Benzin.
Hartflüssige Gläser

sind nunmehr wie-
der vollständig klar;

an den romanischen

Glasgemälden von

Heimersheim an der

Ahr fand ich nach

Anwendung schwa-
cher Seifenlösung die

meisten Stücke auf

der Oberfläche so

blank, so glänzend,

als hätten sie kürzlich

die Hütte verlassen.
Patina. Meist

zeigen sich unter der

Schmutzschicht, bis-

.'Abb. 3.

Christus begegnet der Magdalena als Gärtner. Grün-roter
Teppich. Hintergrund blau: der Baum weiß und gelb mit
hellviolettem Stamm. Fugboden grün. Büchse gelb. Nimbus
der h. Magdalena rot, Untergewand violett, Obergewand gelb.
Der Heiligenschein des Heilandes und Untergewand gelb,
Obergewand rot ; Schaufel gelb.

weilen eng mit ihr vermengt, wesentliche Ver-
änderungen der Glasoberfläche, hauptsächlich
der äußeren. Die leichteste Form äußert sich
durch eine schwache Trübung; der Glanz ist
verschwunden; vielfach schimmert die Ober-
fläche in den Farben des Regenbogens. Weiße
Verglasungen, Butzen und Grisailteppiche ver-
danken der Sonnenbestrahlung einen prächtig
schillernden Perlmutterglanz, hervorgerufen
durch Oxydation der metallischen Bestandteile
des Glasgemenges. In unregelmäßiger Ver-
teilung bleiben die Gläser stellenweise grün-

9) Siehe »Zeitschrift für christliche Kunst « I.Jahr-
gang, Sp. 327.

lich-weiß, bald ändern sie die Färbung und
werden gelblich, leicht rötlich, rosa oder violett
in allen Abstufungen, zwiebelschalenähnlich.
Solch hauchartige Patina muß unberührt blei-
ben, weil sie dem Fenster eine herrliche Ge-
samtstimmung zu verleihen pflegt, die überdies
je nach der Beleuchtung irisierend und opales-
zierend wechselt.

Häufiger allerdings, wenigstens bei den
älteren Denkmälern, macht sich die Verwitte-
rung durch stärkere Erscheinungen bemerkbar.

Glas ist um so
strengflüssiger und
widerstandsfähiger,
je größer sein Gehalt
an Kieselsäure ist.
Diese Eigenschaft
vermindert sich mit
dem Überfluß an
Alkalien, mit dem
Reichtum an Kali,
Natron, Baryt, Kalk
und Bleioxyd.

Nach den neuesten
Forschungen sind
Verwitterung und
Zersetzung derGläser
durch Wasser ihrem
Wesen nach als
gleichartig und zwar
als Quellungsvor-
gänge zu betrachten.
Der Wasserdampf
der Luft wirkt zer-
setzend auf das Glas;

die Kohlensäure
greift die der Glas-
oberfläche aufge-
lagerten alkalischen

Erzeugnisse der Verwitterung an; das lösliche
Kali und Natron werden ausgezogen; die
Kieselsäure nebst weniger schwer löslichen
Erden und Metall-Oxyden bleiben als mehr
oder weniger harte Schicht zurück.

Neben der Beschaffenheit des Glases kommt
zweifelsohne die Menge der Kohlensäure in Be-
tracht, wie das schnelle Blindwerden der Gläser
an Mistbeeten, Gewächshäusern und Stallungen
in auffallender Weise zeigt; von geringerer Be-
deutung ist dagegen die Lage der Fenster, ob-
schon immerhin ein gewisser Einfluß der ver-
mehrten Wärme und Lichtstärke auf der Ost- und
Südseite nicht gänzlich abgeleugnet werden kann.
 
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