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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Schmid, Andreas: Kunstkritik
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0205

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313

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

314

B ü c h e r s c h a u.

Aus Kunst und Leben. Neue Folge. Von
Dr. Paul Wilhelm von Keppler. Bischof von
Rottenburg-. Mit 6 Tafeln und 100 Abbildungen
im Text. Herder in Freiburg 1906. (Pr. Mk. 5,40.)
Als Fortsetzung der hier vor Jahresfrist (Bd. XVIII,
Sp. 273) besprochenen „Gesammelten Aufsätze und
Reden" erscheint der vorliegende Band, der sechs
kunstästhetische Abhandlungen bietet und eine mehr
ethisch-ästhetische „Von der Freude." - Wichtige und
schwierige Kunstfragen sind es, die hier zur Erörte-
rung gelangen, zum Teil durch ihre Aktualität be-
sonders ansprechend, sämtlich durch ihre inhaltlich
wie formell glänzende Behandlung überaus anziehend.
Durch die fesselnde Art der Schilderung, zumal von
Kunstwerken, durch die geist- und gemütvolle Weise
der Reflexion wei/i der Verfasser den Leser, der von
selbst sein Zuhörer wird, zu gewinnen, das ausgereifte
maßvolle Urteil durch die edle Sprache auch dem
Ohre als Wohlklang übermittelnd. — Zunächst er-
scheint „St. Thomas von Aquin in der mittel-
alterlichen Malerei" Italiens als der von der Vor-
sehung berufene Held im Geisterkampf gegen die
arabische Philosophie. — Sodann verrät der „Frei-
burger Münsterturm" (der Liebling nicht nur des
Verfassers), seine Tektonik, seine Technik, seine
Poesie. — Darauf wird „Rubens als religiöser
Maler" erprobt, weil er, trotz seiner vielfach derben
(aber mehr sachlichen als persönlichen) Sinnlichkeit
sich seiner religiösen Überzeugung und Empfindung
voll bewußt bleibt, wenn es sich um eigentliche
religiöse Schöpfungen handelt. — In viel höherem
Maße gilt dieses von „Raffaels Madonnen", für
welche die, nicht nur hier angebrachte, Unterschei-
dung zwischen liturgischer und devotioneller Be-
stimmung mit Recht betont wird. — „Die V\ anderung
durch Württembergs letzte Klosterbauten", glän-
zendeWerke der Architektur, Plastik und Malerei, ist eine,
wenn auch etwas verklausulierte, Apologie des Barock-
und Rokokostils, wie sie, wenigstens im kunsthistori-
schen Sinn, kaum noch einem Widerspruch begegnen
möchte. — Raffaels „Sposalizio" ist eine feinsinnige
Vergleichung dieser jugendfrischen Perle mit derselben
Darstellung seines Meisters Perugino. — Die reiche
und gute, auch an ungewöhnlichen Bildern nicht arme
Illustration dieser sechs Kunstaufsätze kommt dem
Texte als Anschauungsmaterial vortrefflich zu Hülfe.

— Dieses entbehrt aber auch selbst der letzte Aufsatz
nicht: das hohe Lied „Von der Freude", welches
so recht aus dem tiefen und reinen Gemütsquell des
Verfassers hervorsprudelt und von allerlei älteren und
neueren, man möchte sagen, visionären Darstellungen
als Leitmotiven begleitet erscheint. — In unserer
freudelüsternen, aber freudeleeren Zeit findet der
sinnige, lyrisch gestimmte Verfasser die Freude in
der Natur und Kunst, in der Bibel und Heiligen-
legende, in der Erziehung und Seelsorge, allüberall.
So wird ihm sein Hymnus zur Weihnachtsgabe.

— Möge sie sich noch öfters wiederholen! Wie viele
Kunstfragen harren noch der abgeklärten Beurteilung:
die altdeutschen Meister, die altflandrischen Maler,
die moderne Kunst! Schnütgen.

Caeremoniale für Priester, Leviten, Ministranten
und Sänger von Prälat Dr. AndreasSchmid. Mit
1 fjO Abbildungen. Dritte vermehrte Auflage.
Kempten, 1906, Verlag Kösel. (Preis Mk. 6—,
geb. Mk. 8.— .)
Die bei der Besprechung der IL Auflage (Bd. X,
Sp. 191/192) angeregte Vermehrung des Textes und
der Abbildungen ist in überfliel-'ender Weise besorgt,
so daß aus dem Bändchen ein Band geworden ist.
Den zahllosen Zitaten, die als Anmerkungen jedem
einzelnen Kapitel angehängt sind, liegt die neueste
Revision der Ritenkongregationsdekrete zugrunde;
den Einschiebseln in den meisten Kapiteln und deren
230 Nummern entspricht die um das Anderthalbfache
gewachsene Zahl der auf dem Kunstdruckpapier sehr
gut wirkenden Illustrationen, die das Verständnis
sehr erleichtern und von großem praktischen Nutzen
sind. Dali sie zumeist Nachbildungen alter (noch
nicht veröffentlichter) Kunstwerke sind, die in Kunst-
handbüchern nicht leicht eine Stelle finden, erhöht
ihren Wert und weckt den Wunsch, daß auch die
neuen Entwürfe von früher mehr und mehr alten
Originalen weichen möchten, denen auch größerer
Einfluß auf die Gestaltung der Vignetten zu gönnen
wäre — Nicht nur für den jüngeren Klerus ist dieses
Handbuch ein ungemein brauchbarer, weil durchaus
zuverlässiger und höchst ausgiebiger Ratgeber.

Schnütgen.

Die Liturgie der Kirche von P. Fern. Cabrol
O. S. B. Autorisierte Übersetzung von Georg
Pletl-Kösel in Kempten. 1906. (Preis 4 Mk.)
Aus der Fülle des Materials und dessen Beherr-
schung ist dieses Buch zusammengestellt, welches die
Priester, aber auch die Laien einfuhren will in das
Verständnis der Liturgie, ihrer wesentlich in den sechs
ersten christlichen Jahrhunderten gewonnenen Aus-
gestaltung wie ihrer Bedeutung, und zwar an der Hand
der Texte. — Auf 500 Seiten werden in 7 Teilen
behandelt: 1. Die Begriffe und Bestandteile der
Liturgie (Bibel, Psalmen, Antiphone usw.); 2. die
liturgischen Versammlungen (die zuerst aus der Agape,
dem Begräbnismahl, der Eucharistie als Meßopfer,
der Vigil als dem Ausgangspunkte des ganzen kanoni-
schen Offiziums bestanden, um vom IV. Jahrh. an ge-
trennt zu werden); 3. die Gebete der Christen (deren
Hauptformeln wie die liturgischen Bücher und ihre
Entstehung); 4. die Heiligung der Zeit (Tag, Sonntag,
Jahr); 5. der Kult Gottes und der Heiligen (Christus,
Maria, die Märtyrer usw.); (i. Heiligung der Orte
und Elemente (Kirche, Friedhof usw.); 7. Heiligung
des Lebens (durch die Sakramente und die sonstigen
Gnadenmittel); den 8. Teil bildet das „Euchologium"
(eine 140 Seiten umfassende Sammlung von Gebeten).
— In der so reichhaltigen wie geschickten Auswahl
des wissenschaftlich durchaus probehaltigen Materials
liegt der Hauptvorzug dieses liturgischen Unterweisungs-
buches, das als Erbauungs- und Belehrungsmittel,
auch zur Aufklärung über manche kunstgeschichtliche
Fragen, besonders der Frühzeit, aufs angelegentlichste
empfohlen zu werden verdient. D.
 
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