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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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189

1907. t- ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

190

Die belgischen Jesuitenkirchen. Ein Beitrag
zur Geschichte des Kampfes zwischen Gotik und
Renaissance von Joseph Braun S. J. Mit 73
Abbildungen (95. Ergänzungsheft zu den „Stimmen
aus Maria Laach"). Herder in Freiburg ) 907. (4 Mk.)
Ein Vorspiel zu seinen Studien über die Jesuiten-
kirchen hat der Verfasser vor stark Jahresfrist in dieser
Zeitschrift (XIX, 75 ff.) durch die Beschreibung der
Düsseldorfer St. Andreaskirche geboten, deren Stellung
zu den übrigen rheinischen Jesuitenkirchen betonend.
Bevor er den letzteren, die längst auf seinem Arbeits-
plan stehen, näher tritt, behandelt er die nicht
minder interessante Gruppe der in den beiden bel-
gischen Ordensprovinzen erhaltenen (auch der
zerstörten und geplanten) Kirchen, um welche Mangel
an archivalischer Forschung, einseitige Untersuchungen
im Bunde mit allerlei Vorurteilen allmählich einen
Legendenkreis hatten entstehen lassen. Der schon seit
längerer Zeit wie von anderen so namentlich vom Ver-
fasser beanstandete, bezw. verworfene landläufige Aus-
druck „Jesuitenstil" wird hier endgültig abgetan
als eine unbegründete, falsche Bezeichnung. Einen
eigenen Stil haben die Jesuiten in ihrem Kirchenbau
nicht gehabt, vielmehr bald im Spätrenaissance-, bald im
Barockstil gebaut, mit Vorliebe in gotisierenden Formen,
wie das Land sie bot. ■— Für ihren ersten belgischen
Bau in Douai (1583) lieferte die Küche al Gesü in Rom
das Vorbild, ohne daß derselbe Nachahmung fand;
denn was in schnellem Wettlauf folgt (13 Kirchen bis
1620), ist der spätesten flandrischen Gotik verwandt,
während die Details zumeist in Renaissance- und
Barockformen gehalten sind. Bald machten die Ein-
flüsse des Südens sich wieder geltend, 1625 in Ant-
werpen, dann in Brüssel mit dem großen Erfolge, daß
dieser Bau maßgebend wurde für die meisten anderen
Kirchen, so daß er den Sieg für den Barockstil ent-
schied, in den freilich hinsichtlich der konstruktiven
und räumlichen Verhältnisse bis an die Schwelle des
Rokoko die gotischen Reminiszenzen hineinspielten
(ohne daß für diese immerhin etwas befremdliche Er-
scheinung völlig ausreichende Begründung geboten
wäre). — Für die Lösung der zahllos hier sich auf-
drängenden Fragen hat der Verfasser in unermüdlicher
Prüfung und Vergleichung die noch vorhandenen Denk-
mäler befragt, von denen er zahlreiche Aufnahmen
bietet, aber auch die vielfach verstreuten Ordensarchive,
die besonders über die fast ausschließlich dem Jesuiten-
orden als Laienbrüder angehörenden (dilettantischen)
Baumeister ganz überraschendes Licht verbreiten und

noch mit mehreren Originalplänen bekannt machen. __

An dem gründlichen Büchlein erbaut nicht nur die
ernste Arbeit, die keiner Schwierigkeit ausweicht, son-
dern auch die vollkommene Objektivität, die ohne
Spur von Voreingenommenheit, wie sie bisher gerade
diesem Thema nicht fremd geblieben war, die Ver-
hältnisse prüft und ohne irgendwie erkennbare Vor-
liebe darlegt. — Die Ergebnisse erscheinen daher
ebenso zuverlässig wie neu, voll Interesse für den
Kunsthistoriker wie für den Kunstfreund. — Sie steigern
die Sehnsucht nach der Fortsetzung, die den deutschen
Jesuitenkirchen, besonders der eigenartigen Gruppe der
rheinisch-westfälischen gewidmet sein wird. Das Material
ist dafür bereits gesammelt, so daß auf baldiges Er-
scheinen gerechnet werden darf. Schnütgen.

Geschichte des Breslauer Domes und seine
Wiederherstellung. Eine Studie von Wilhelm
Schulte. Mit 14 Tafeln. Aderholz in Breslau
1907. (2 Mk.)
Mit den Schicksalen der Breslauer Domes, der
1244 begonnen, kurz vor 1500 zu einem gewissen
Abschluß gediehen, seit 1540 durch wiederholte Brand-
unglücke aufs schwerste beschädigt, fast zur Ruine
wurde, macht die vorstehende Abhandlung bekannt,
um Material zu bieten für die Lösung der schwierigen,
viel erörterten Frage seiner allmählich äußerst dring-
lich gewordenen Wiederherstellung. —■ Die Ansichten
über die Art derselben gehen mehrfach auseinander,
selbst hinsichtlich der Gestaltung der Westtürme, für
die der eine Architekt die Stümpfe und die Not-
dächer erhalten wissen möchte, der andere eine Helm-
lösung nach Art des Stadtbildes in der Schedeischen
Weltchronik vorschlägt. — An der Hand der bauge-
schichtiiehen Notizen und von Turmbildern Breslaus
und sonstiger Städte (wie Nürnberg und Neiße), die auf
14 Tafeln zusammengestellt sind, sucht der Verfasser
in ruhiger, sachgemäßer Weise die kritische Frage zu
lösen, im ganzen der Wiederherstellung im Schedei-
schen Sinne das Wort redend, und andere beachtens-
werte Ratschläge beifügend. — An seine maßvollen
und verständigen Darlegungen darf vielleicht die Hoff-
nung baldiger Verständigung geknüpft werden. G.

Die bildende Kunst der Gegenwart. Ein
Büchlein für jedermann von Josef Strzygowski.
Mit 68 Abbildungen. Quelle & Meyer in Leipzig
1907. (4,80 Mk.)

Einem Gelehrten von der Richtung des Verfassers,
der mit Vorliebe dem Studium der ahchristlichen
Denkmäler sich gewidmet hat, auf dem Gebiete der
modernen Kunst als berufsmäßigen Referenten und
Kritiker zu begegnen, ist überraschend, und doch recht
erfreulich. Seine bezüglichen Darlegungen sind aus
Vorträgen hervorgegangen, die er als Universitäts-
professor in einem Ferienkursus für Lehrer gehalten
hat. Hieraus erklärt sich das Ursprüngliche und
Packende ihrer Stimmung, aber auch das etwas Ober-
flächliche ihrer Fassung. Viel weniger, als man denken
sollte, sind sie von den ernsten archaistischen Studien
ihres Urhebers beeinflußt, viel mehr, als seine bis-
herigen Publikationen vermuten lassen möchten, von
ästhetischen Erwägungen, die das Ganze beherrschen,
vielfache Zustimmung herausfordernd, aber doch auch
zum Zweifel und Widerspruch anregend. — In dieselben
führt das Vorwort ein, das, die springenden Punkte
markierend, alsbald das Interesse für die Einzel-
ausführungen weckt. Sie beziehen sich zunächst auf
die Baukunst, und daß dieser umfängliche Teil zu-
gleich der wertvollere ist, hat der Verfasser doch wohl
seinen orientalischen Studien vornehmlich zu danken.
Was er hier über den „monumentalen Raumbau" und
den „Denkmalbau" ausführt, ist großzügig und sehr
beachtenswert. Auch das Kunstgewerbe, und im
Anschluß deran das Ornament finden eine durch
Einfachheit und Klarheit, wenn auch nicht durch Voll-
ständigkeit sich auszeichnende Behandlung. Auch dem
Exkurs über die Bildhauerei merkt man die der
Antike gewidmeten Studien des Verfassers an. —
Was er über die Zeichnung sagt, als deren Haup t-
 
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