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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Braun, Joseph: Mittelalterliche Maschenarbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0156

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243

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

244

Mittelalterliche Maschenarbeiten.

(Mit 3 Abbildungen.)
ezüglichderGeschichtederMaschen- sich aus dem Namen nicht, welche Maschen-

arbeiten und der dabei angewen-
deten Techniken herrscht noch sehr
viel Dunkel. Der Grund hierfür
liegt im Mangel an Material,
das uns darüber Auskunft
geben könnte. Während die
Reste von gewebten und
gewirkten Stoffen, welche
sich aus dem Mittelalter er-
halten haben, manches Tau-
send betragen, während sich
die verschiedenen Sticktech-
niken und deren Verwer-
tung wenigstens für die Zeit
seit dem Beginn des zweiten
Jahrtausends durch zahllose
Beispiele belegen lassen,
fehlt es an mittelalterlichen
Maschenarbeiten fast ganz.
Obendrein ist das, was von
solchen noch vorliegt, nur
sehr wenig oder gar nicht be-
kannt. Was aber die schrift-
lichen Nachrichten anlangt,
so geht aus denselben zwar
mit Bestimmtheit hervor,
daß die Maschentechnik
schon früh geübt wurde,
welcher Art dieselbe jedoch
war, läßt sich aus ihnen
leider nicht ersehen, da sie
uns keine nähere Beschrei-
bung der Arbeiten geben.
Wenn z. B. in einer Essener
Urkunde vom Jahre 1448
als Prokurator eines gewissen
Johannes Nederhoven, ein
Bürger von Essen Namens
Arnoldus Handschenstricker
erscheint, dann sind wir ge-
wiß berechtigt, aus dem Na-
men „Handschenstricker" zu
schließen, daß gestrickte
Handschuhe wenigstens bereits in dem Be-
ginn des XV. Jahrh. in Gebrauch waren, ja
daß es damals schon Leute gab, welche sich
mit dem Stricken von Handschuhen hand-
werksmäßig beschäftigten.1) Indessen ergibt

') H.Schäfer und Fr. Arens, „Urkunden und
Akten des Essener Münsterarchivs" in »Beiträge zur

Abb. 1. Pontifikalstrumpf zu Delsberg.

technik man mit dem Wert Stricken bezeich-
nete und ob man zu jener Zeit darunter unsere
mit zwei Nadeln ausgeübte Maschentechnik
verstand. Das gleiche gilt
überhaupt, wenn wir bei
mittelalterlichen Schriftstel-
lern dem Worte „stricken"
begegnen.

Nicht anders verhält sich
die Sache, wenn im XII.
Jahrh. wiederholt bei den
Liturgikern und in litur-
gischen Büchern von chiro-
thecae (wanti) inconsutiles
die Rede ist. So sprechen
von solchen in der Frühe
des XII. Jahrh. Honorius2)
und ein Pontifikale von Be-
sancon,3) um 1200 Sicard
von Cremona4) und ein
Pontifikale von Reims.5) Ge-
meint sind in allen diesen
Fällen Pontifikalhandschuhe
und zwar offenbar Hand-
schuhe, die auf der Nadel
in Maschenarbeit hergestellt
waren. Denn aus Stoff-
stücken, gleichviel ob Seide,
Wollzeug oder Leinen, zu-
sammengenähteHandschuhe
können offenbar nicht in-
consutiles: ungenäht heißen.
Eine solche Bezeichnung
paßt nur auf Handschuhe,
die mit fortlaufendem Faden
als ein Ganzes mit Hilfe
einer oder zweier Nadeln
angefertigt wurden. Allein
da die Herstellung solcher
chirothecae inconsutiles in
verschiedener Weise erfolgen
kann, läßt uns die bloß
negative Angabe inconsutiles
über die angewendete Technik völligim unklaren.

(Essen 1906)

Geschichte von Stadt und Stift Essen«
S. 95.

2) Gemma animae 1. 1; c. 215 (NT. Patr. lat. I "2,609).

3) Martene, »De antiq. eccl. rit.» I. 2, c. 1, ordo
3; II (ed. Antuerp. 1763) 153-

4) Mitralis 1. 2, c. 5 (M. Patr. lat. 213, 79).
6) Martene 1. c. ordo 6; II, 156.
 
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