Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

DOI Artikel:
Schreiber, Wilhelm Ludwig: M. Bouchots Ansichten über die Erstlinge der Holzschneidekunst, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0066

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
101

1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

102

M. Bouchots Ansichten über die Erstlinge der Holzschneidekunst.

III.

eine Ausführungen gipfelten darin,
daß im Gegensatz zum Holz-
schnitt, dessen Anfänge in der
Nähe der Alpen zu suchen seien,
Kupferstich und Metallschnitt wahrscheinlich
aus dem Lande stammten, in dem einst die
Bataver hausten, und ich wies speziell auf
Valenciennes. Bouchot hat gleich nach dem
Erscheinen seines größeren Werkes seine An-
sichten über den Metallschnitt in der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" (N. F. Bd. XV S. 58)
zusammengefaßt. Leider lautet der Titel in-
folge eines Übersetzungsfehlers „Über einige
Inkunabeln des Kupferstichs aus dem Gebiete
von Douai"; das Wort „Kupferstich" muß in
der Überschrift und im Text stets gestrichen
und durch „Metallschnitt" oder „Schrotblatt"
ersetzt werden. Bouchot hat auf einem Metall-
schnitt (Nr. 177) das mir unbekannte Wappen
von Douai entdeckt und nimmt daher diese
Stadt zum Ausgangspunkt seiner Erörterungen.
Da sie nicht weiter als 32 Kilometer von
Valenciennes entfernt ist, so sind wir in dieser
Beziehung also in bestem Einvernehmen.

Wie aber Bouchot bei den Holzschnitten
überall den deutschen Ursprung leugnet, so
läßt er auch von den Metallschnitten des gerade
an dieser Kunstgattung ziemlich reichen Pariser
Kabinetts nur ganz wenige — und zwar mit
äußerstem Widerstreben — als deutsch gelten.
Da wir seine Art kennen, genügen einige Beispiele.
Bei Nr. 102 finden wir folgende über-
raschende Bemerkung: „Le Saint Georges est
un saint essentiellement comtois alors, il ne
deviendra allemand qu'ä la creation de l'ordre
de Saint-Georges par Maximilien ä la fin du
XVe siede." Also S. Georg, dem schon ein
zu unseren ältesten Sprachdenkmalen zählender
Leich gewidmet ist und der bei unseren Vor-
fahren in so hohem Ansehen stand, soll noch
um 1440 hauptsächlich ein hochburgundischer
Heiliger gewesen und in Deutschland erst 1494
zu Ehren gekommen sein!

Ich hatte eine hl. Ursula (Nr. 2733) als
Kölner Arbeit bezeichnet; Bouchot (Nr. 141)
nennt als Ursprungsland „Flandre Francaise"
und fügt hinzu „le sujet des onze mille vierges
occupa tous les artistes francais et bourguig-
nons". — Seine Nr. 142 stellt S. Gereon und
Ursula dar; man sollte meinen, daß er hier,

wo es sich um zwei Kölner Heilige handelt,
diese Stadt als Ursprungsort gelten lassen
werde, aber er bleibt bei seinem „Flandre
Francaise". Und doch kann nicht der ge-
ringste Zweifel bestehen, daß in Köln Metall-
schnitte angefertigt worden sind, denn wir
finden solche nicht nur in verschiedenen dort
gedruckten Ausgaben des Horologium devo-
tionis, sondern ein großes Blatt (meine Nr. 2215)
ist sogar mit dem Kölner Wappenschild ver-
sehen. — Die Nr. 150 a trägt die Inschrift
„vil guter iair", stammt also ebenfalls vom
Rhein, aus der Gegend zwischen Köln und
Mainz. Bouchot glaubt jedoch in der Schreib-
weise „iah"" (für Jahr) einen Fehler zu ent-
decken, den nur ein Ausländer begangen haben
könne: „l'inscription montre bien que nous
n'avons pas affaire ä un artiste originaire de
l'Allemagne."

Da Bouchot den Zusammenhang seiner
Nr. 13 mit meiner 2756, die mit einem längeren
deutschen Text versehen ist, richtig erkennt,
kann er ihr den deutschen Ursprung nicht
völlig absprechen und entscheidet sich für
„Suisse ou Colmar". Der Dialekt der Nr. 2756
schließt aber diese Gegend aus und deutet
etwa auf Bamberg. — Bei der Nr. 181, die
einen fünfzeiligen deutschen Text hat, sagt
er „L'inscription en langue allemande est
certainement d'un scribe habitant les confins
d'Allemagne"; die Wortform „andlas" (für Ab-
laß) weist aber auf Bayern.

Warum er seine Nr. 60, die ich irrtümlich
als das Original betrachtet hatte, photogra-
phieren läßt, ist schwer zu verstehen, da er
sie selbst als „Copie sans valeur" bezeichnet.
Hinter seiner Angabe „L'ceuvre est flamande"
werden wir aber ein Fragezeichen setzen dürfen,
nachdem Campbell Dodgson (Catalogue of
woodcuts in the British Museum, Bd. I S. 566)
das Original in Manchester aufgefunden und
ermittelt hat, daß es 1818 in Frankfurt ge-
kauft wurde. — Gleichzeitig muß ich aber
bemerken, daß auch die bei Bouchot abge-
bildete Nr. 81 kein Original, sondern eine vom
Grafen Leon Laborde angefertigte Kopie ist.
Sein Monogramm L, das sich aus zwei mit den
Rücken aneinander gelegten L zusammensetzt,
läßt sich unten rechts noch etwas erkennen.

Bisher fehlt es uns noch sehr an Hilfs-
mitteln, die Herkunft der einzelnen Metall-
 
Annotationen