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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Hasak, Max: Karl der Große ist doch auf einer Art goldenem Thron beerdigt worden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0071

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111

1908

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

112

ante eum posita, et sigillatum est sepulchrum
eius. Nemo referre potest, quantus pro eo
Iuctus fuerit per universam terram; nam et a
paganis plangebatur quasi pater orbis. Obiit
vero in pace, unctus oleo sancto et viatico muni-
tus, anno octingentesimo quarto decimo . . ."

[Karl . . . wurde zu Aachen begraben in
der Basilika der Gottesmutter, welche er selbst
erbaut hatte. Sein Körper, einbalsamiert und
auf goldenem Sitze sitzend wurde in
die Höhlung des Grabes getan, mit goldenem
Schwerte umgürtet, das goldene Evangelium
auf den Knien mit den Händen haltend, die
Schultern in den Sessel (Thron) zu-
rückgelehnt, den Kopf würdig emporge-
richtet, indem er mit einer goldenen Kette
an das Diadem befestigt worden ist. Und
in das Diadem ist ein Stück vom Kreuzholz
gelegt worden. Und sie erfüllten sein Grab
mit Wohlgerüchen, Salben, Balsam, Moschus
und Schätzen. Sein Körper wurde mit den
kaiserlichen Gewändern angetan und sein Ant-
litz durch ein Schweißtuch unter dem Diadem
verdeckt. Das goldene Szepter, welches Papst
Leo geweiht hatte, wurde vor ihn gestellt,
und sein Grab versiegelt. Niemand kann
wiedergeben, wie groß über den ganzen Erd-
kreis die Trauer gewesen ist, denn er wurde
auch von den Heiden beklagt wie der Vater
des Erdkreises. Er starb aber in Frieden,
mit dem hl. Ol gesalbt und mit der Weg-
zehrung versehen im Jahre 814.]

Würde Ademar nicht zurzeit der Eröffnung
des Grabes Karls seine Geschichte verfaßt
haben, so würde man sicherlich glauben, er
beschreibe den Tod und die Grablegung Karls
nach alten Nachrichten. Sollte das nicht
demnach der Fall sein? Seine Worte er-
scheinen ganz unabhängig von der Novaleser
Chronik. Vielleicht hat er sogar früher als der
zu Novalese geschrieben. Jedenfalls — was
will man gegen Ademar einwenden?

Er beschreibt die Lage Karls auf dem
Sessel noch genauer. Dieser hatte die Schultern
hinten übergelehnt, und, damit der Kopf nicht
umsinke, war er an das Diadem befestigt, und
dieses seinerseits wohl am Stuhl. Was bleibt
also von den Unmöglichkeiten übrig, die er-
weisen sollten, Karls Leiche könne auf keinem
Thron gesessen haben? — Das Retheische
Bild im Aachener Ratssaal ist unrichtig. Gegen
dessen Unmöglichkeiten hat man gestritten,
aber die Berichte Ademars wie des Novalesers

sind ganz glaubwürdig. Sie sind um so glaub-
würdiger, weil Thietmar von Merseburg mit
wenigen Worten dasselbe schreibt:23)

„Karoli cesaris ossa ubi requiescerent, cum
dubitaret, rupto clam pavimento, ubi ea esse
putavit, fodere quousque haec in solio inventa
sunt regio, iussit. Crucem auream, quae in
collo eius pependit, cum vestimentorum parte
adhuc imputribilium sumens, caetera cum
veneratione magna reposuit".

[Da er zweifelte, wo die Gebeine Kaiser
Karls ruhten, so befahl er zu graben, nach-
dem der Fußboden heimlich aufge-
brochen worden war, wo er meinte, daß
sie sein müßten, bis diese auf einem
königlichen Thron gefunden wurden.
Das goldene Kreuz, welches um den Hals
desselben hing, nahm er mit einem Teil
der bis dahin unverwesten Kleider;
das Übrige legte er mit großer Ehrerbietung
wieder zurück.]

Thietmar war ein Verwandter des Kaisers
und schrieb als Zeitgenosse (f 1018). Klingt
nicht derselbe Vorgang aus Thietmars Worten,
wie ihn Graf Otto von Lomello geschildert
hat? Welche Mühe-hat man sich gegeben,
das Wort solium nicht mit Thron über-
setzen zu müssen. Aber es heißt nicht bloß
Thron, sondern auch Bahre, Sänfte, bequemer
Sitz. Lindner hat selbst auf die beiden
anderen Stellen bei Thietmar hingewiesen,
wo solium für einen Krankenstuhl gebraucht
wird:23)

„Et in primo mane dominicae diei, qua
sanctus apostolos replevit Spiritus, Tagino
archiepiscopus inlirmari cepit (1012) ....
Accersito tunc ad eum fratre meo abbate
Sigifrido presuli Erico et illis confessionem
fecit et in V. feria, cum iam inde voluisset
pergere, iuxta caminatam regis solio por-
tatur suo . . . ."

[Und sehr früh am Sonntag, an welchem
der Heilige Geist die Apostel erfüllte, fing der
Erzbischof Tagino an zu kränkeln (1012) ....
Als darauf zu ihm mein Bruder, der Abt
Sigifrid, und der Bischof Erico geholt worden
war, beichtete er ihnen und am Freitag, als
er schon von dannen gehen wollte, wurde er
neben die Kemnate des Königs auf seiner
Sänfte getragen . . .]

„Et cum introirem, se de bat archiepiscopus
in solio et me suscipiebat quam caritative;
et suimet pedes tunc a tumore solito relaxatos


 
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