Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Sieben ornamentierte Kreuze des frühen Mittelalters
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0081

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abhandlungen.

Sieben ornamentierte Kreuze des
frühen Mittelalters.

(Mit 7 Abbild.,
Tafel VI.)

[ieben Exemplare
habe ich hier
aus der frän-
kisch - roma-
nischen Abtei-
lung meiner
Kreuze-Samm-
lung vereinigt,
weil sie mir
einen gewissen
Entwicklungs-
gang darzu-
stellen schei-
nen. Die fünf kleineren (Abb. 1 bis 5)
sollen vor einigen Jahren in der (römisch-)
westgotischen Stadt Tarragona ausgegraben
sein, Abb. 6 trat 1902 beim Abbruche eines
Hauses in Brühl zu tage, Abb. 7 vor etwa
25 Jahren in Köln. — Die Klassen der Brust-,
Votiv-, Gemmen- und Reliquien-Kreuze sind
durch sie vertreten; und ich will versuchen,
sie als solche in die Kunstgeschichte einzu-
gliedern, die gerade für diese Perioden noch
manche Lücken aufweist. — Von den 4 Brust-
kreuzen ist am einfachsten gehalten:

Abb. 1, mit der oberen Öse 7 cm hoch,
4 mm dick, messinggegossen und vergoldet,
auf der Vorderseite mit kreisartigen Ornamenten
graviert oder bestanzt, wie sie den spät-
römischen Bein-Kämmen eigentümlich sind, in
der auch hier vertretenen zonenartigen, der
Kreuzform geschickt angepaßten Anordnung.
Abb. 2, mit dem Ösenansatz 6 cm hoch,
nur 2 tnm dick, aus einer messinglegierten Tafel
ausgeschnitten und vergoldet. Die Rückseite
ist unverziert, auf der Vorderseite in guter
Anordnung, aber roher Ausführung ein be-
kleideter Christus eingraviert. Der Kopf hat
keinen Kreuznimbus, aber als Bekrönung ein
eingraviertes Kreuz; die mit Parallelgefält be-
kleideten Arme münden in spinnenartige Hände,
in denen ein Nagel kenntlich ist; auf der
perlstabverbrämten Tunika steigt als sich ver-
jüngendes Schlingband ein der Stickerei nach-

gebildetes Ornament auf; den Abschluß bildet
eine als Schlange gedachte Bekrönung.

Abb. 3, mit dem oberen Scharnier- und
unteren Ösenansatz 8 cm hoch, 4 mm dick,
hohl in Kupfer gegossen, um durch den ver-
schwundenen gleich gestalteten, im Scharnier
beweglichen Deckel zur Aufnahme von Re-
liquien geschlossen zu werden. Der fein ein-
gravierte Schmuck besteht in einer schlanken
Standfigur der Gottesmutter, die ihre Arme
im Ellenbogen ausgebreitet erhebt, vor sich
— nach Analogie der frühesten byzantinischen
Madonnen — das schwebende Kind mit dem
Kreuznimbus; das Gewand ist schuppenartig
gemustert wie auf einer Miniatur des ältesten
Würzburger Kodex, und mit eingesprengtem
Kreisornament verziert, das auch als Grund-
schmuck wiederkehrt. Ob die Bekrönungs-
striche den Rest einer Inschrift bilden, scheint
nicht mehr festzustellen. Um die Rückseite
eines, vorn mit dem eingravierten Kruzifixus
versehenen, Reliquienkreuzes handelt es sich,
dessen Typus aus Mesopotamien stammen soll.

Abb. 4, diese Vorderseite eines ähnlichen
kupfergegossenen Reliquienkreuzes ist mit dem
oberen Scharnier und der unteren Öse 9 cm
hoch, bei 3 mm Dicke; die Balken mit ihren
birnartigen Ausläufern verbrämt ringsum eine
Linie, innerhalb deren die eingravierte Stand-
figur eines Orans mit ausgebreiteten Armen
und mit zonenartig das Gewand schmücken-
den Riffelungen. Die fünf durch den Guß be-
wirkten Öffnungen scheinen zur Aufnahme von
bunten Glasflüssen bestimmt gewesen zu sein.

Abb. 5, messinggegossenes Votivkreuz von
14^2 cm Höhe, von 4 mm Stärke, auf der
Rückseite ganz glatt, auf der Vorderseite durch
kleine und große konzentrische Kreise verziert,
von denen die letzteren den sich erweiternden
Kreuzbalken harmonisch sich anpassen, während
ein gezahnter, in eine große Öse auslaufender,
vielleicht einem dekorativen Rundbogen mit
schwebendem Kreuz nachgebildeter Halbkreis
die oberen Kreuzbalken wirkungsvoll mitein-
ander verbindet. Dieses offenbar zum Auf-
hängen bestimmte, daher wohl nur als Votiv-
schmuck an einer Grab- oder Leuchterkrone
zu deutende Kreuz erinnert an den kostbaren
Gräberschmuck des VII. Jahrh., der 1858 in
 
Annotationen