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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Schnütgen, Alexander: Neuer Kelch romanischer Stilart
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0124

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211

1908.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

212

Neuer Kelch romanischer Stilart.

(Mit Abbildung.)

ls Weihegeschenk zum Diamantenen
Priesterjubiläum hat ihrem hoch-
verdienten Pfarrer, dem 1825 zu
Steele geborenen Hoch würdigsten
Herrn Päpstl. Geheimkämmerer, Ehrenkanoni-
kus und Dechant Hermann Nottebaum,
die dankbare St.Adalberts-Gemeindezu Aachen
einen kostbaren silbervergoldeten Kelch ver-
ehrt. — Für diesen ist mit Recht, weil in
Übereinstimmung mit der alten Pfarrkirche,
für deren Herstellung,
Ausbau und Ausstat-
tung der Jubilar in fünf-
undvierzigj ähriger un-
aufhörlicher Sorge die
größten Opfer gebracht
hat, der romanische
Stil gewählt. - Die
Ausführung dieses Kel-
ches ward dem seit
Jahrzehnten in Aachen
mit großem Erfolg täti-
gen Hofgoldschmied
Seiner Heiligkeit, Herrn
Johann Schreyer anver-
traut, der es bei der
Ausschmückung seines
Juwels an Mühe und
Sorgfalt nicht hat fehlen
lassen, wie die hier
beigefügte Abbildung
sofort erkennen läßt. —
Wie die spätromani-
sche Goldschmiedekunst
durch Reichtum und
Mannigfaltigkeit der

Techniken sich auszeichnete, so sind diese
auch an dem vorliegenden Prachtkelche ver-
treten, der Gravierung und Ziselierung, Fili-
gran, Email und Steinfassung zu einem reichen
und gefälligen Ensemble vereinigt zeigt. —
Daß für den Aufbau schlankere Formen ge-
wählt wurden, als sie bei den, zumeist niedrig
gehaltenen romanischen Kelchen ursprünglich
üblich waren, findet in praktischen Verhält-
nissen seine Begründung, aus denen sich auch
der starke Durchmesser des Fußes und seine
schweren Gliederungen erklären. Der untere
durchbrochene Filigranrand nimmt ihm zum
Teil diese Schwere, und die flache aber hohe

Kehle bot den Heiligenfiguren, die hier zu
sinnvollen Beziehungen sich gruppieren sollten,
eine passende Stätte. Aus Rücksichten auf
die Kirche und ihren Pfarrer gewählt, stellen
sie, graviert auf blauem Schmelzgrund, dar den
Schmerzensmann, St. Hermann Joseph, Adal-
bert, Heinrich, Hermes, Gertrud, Apollonia,
Laurentius, die zu einem Ellipsenbande sich an-
einanderreihen. - Über ihm, auf dem glatten
Trichter leitet eine verschnittene durchbroche-
ne Hülse zum Ständer
über, der die emaillier-
ten Büchsen mit dem
schmelzverzierten Fili-
granknauf zu anmutiger
Wirkung vereinigt, so
daß hier Handlichkeit
mitSchönheitgepaart er-
scheint. Aus der reichge-
gliederten Durchbruchs-
kapsel wächst die etwas
mehr als halbkugel-
förmige Kuppe heraus,
um die bis nahezu an
den Rand ein Fries
von arkadenbekrönten
Brustbildern läuft, den
Heiland als den ewigen
Hohenpriester mit den
Aposteln darstellend,
auf gitterhaft emaillier-
tem Grund. Solche bis
nahezu an den Rand
reichenden Verzierun-
gen begegnen nicht
selten schon an mittel-
sogar mit Aussparung
einer Labialstelle, und ihr sinniger wie ge-
fälliger Effekt würde zur Nachahmung wohl öfters
verlocken, wenn nicht Zweckmäßigkeitsrück-
sichten gewisse Bedenken erhöben. — Zahl-
reiche, in die Filigranzüge malerisch eingestreute
Rubinen und Saphire steigern noch die farbige
Wirkung des festlichen Prachtgefäßes, das nebst
der auf der Rückseite durch den Grabstichel
mit Rankenwerk und den Evangelistensymbolen
kräftig geschmückten Patene, am 27. September
von dem jubilierenden Priestergreis in Ge-
brauch genommen werden soll. — Ad multos
annos! Schnütgen.

alterlichen Kelchen,
 
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