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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

DOI Artikel:
Egger, Adrian: Ikonographischer Beitrag zur Legende der "drei hl. Jungfrauen von Meransen" in Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0143

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247

1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

248

Ikone-graphischer Beitrag zur Legende der „drei hl. Jungfrauen von

Meransen" in Tirol.

(Mit Abbildung.)

uns die Hypothese auf,

der

n dieser Zeitschrift erschien im Jahre
1906 (Nr. 5 S. 151 ff.) vom Univer-
sitätsdozenten Johannes Graus eine
SiJI Abhandlung über die drei hl. Jung-
frauen zu Meransen. Es ist schon viel über
dieselben geschrieben worden und hinsichtlich
ihrer historischen Existenz und Herkunft
tauchten die verschiedensten Ansichten auf.
Mit diesen Zeilen sollen nicht wieder diese
verschiedenen Ansichten vorgefüht oder kritisch
beleuchtet, sondern es soll der Legende noch
ein neues Stück beigefügt werden.

Schreiber besitzt eine Holztafel
Größe von 26X31 cm,
welche die hl. Jung-
frauen Aubet,Cubet
und Quere darstellt.
Diese Tafel dürfte
bislang einzig in der
Art der Darstellung
sein. Die Quere ist mit
ausgespannten Armen
an Bäume gebunden,
also gekreuzigt,
während Aubet und
Cubet zu beiden Seiten
knieen. Beim ersten
Anblick möchte man
meinen, Aubet und

Cubet rufen die Märtyrin Quere um ihre
Fürbitte an. Aubet faltet die Hände, Cubet
hingegen hält die Arme halb ausgespannt.
Wahrscheinlich soll dieser Gestus wohl nur
die Stellung zum Gebet und nicht etwa ein
Zeichen des Erstaunens sein oder die Resig-
nation bedeuten, als ob Cubet sich ebenso
bereit erklären möchte, gemartert zu werden,
wie ihre Freundin Quere. Aus den Ge-
sichtszügen kann man nichts entnehmen,
weil dieselben vom Maler bei allen dreien
ziemlich gleichförmig und grob behandelt
wurden. Die Behandlung der übrigen Körper-
teile und des Gewandes verrät ziemlich viel
Verständnis. Alle drei sind mit Nimbus ge-
schmückt. Das Bild dürfte etwa 250 Jahre
alt sein.

Wie • kam wohl der Maler auf diese
Darstellung? Als erste Antwort drängt sich

daß einstmals eine
Legende im Volke umgegangen sein muß,
daß nämlich eine von den drei Jungfrauen
gekreuzigt worden sei. Weniger wahrschein-
lich erscheint die Annahme, daß der Maler
auf die allgemeine Legende hin, daß die
Jungfrauen gemartert worden, eine davon
gekreuzigt sein ließ und zwar jene, deren
Name, wie er im Volksmunde gebraucht wird,
am ehesten Anlaß bot. Das Volk heißt die
drei Jungfrauen nicht etwa Ambed, Vilbet
und Gwerbet, sondern Aubet, Cubet und Quere,
und man hört nicht selten beisetzen, diese
Namen kämen von
den Wörtern aufwärts,
abwärts und quer(hin).
Diese Namenablei-
tung verdankt ihren
Ursprung wohl nur
einer scherzhaften
Redewendung, die der
Gleichlaut im Dialekte
ergab. Geeignet wäre
eine solche Ableitung
allerdings, bei einer so
unsichern Legende
neue legendenhafte
Ansätze zu veran-
lassen. — Mehr Wahr-
scheinlichkeit dürtte folgende dritte Auslegung
für sich haben. Es könnte nämlich eine lokale
Auffassung die verschwommene Legende von
den drei bedrängten und verfolgten
Jungfrauen und die Legende von der
Kümmernus, welche hierzulande auch sehr
populär war, verquickt haben. In diesem

Falle ließe sich die Kreuzigung der einen und
die betende Haltung der zwei andern einiger-
maßen erklären.

Vorläufig bringt also diese eigenartige Dar-
stellung nicht Licht in die dunkle Legende
von den drei hl. Jungfrauen, sondern eher
mehr Verwirrung. Vielleicht lassen sich aber
mehrere ähnliche Darstellungen auffinden, aus
denen man besser begründete Schlüsse ziehen
kann. Das vorliegende Bild soll vor zirka
100 Jahren von Meransen fortgekommen sein.
Brixen. Adrian Egger.
 
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