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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Firmenich-Richartz, Eduard: Zur Wiederherstellung des Clarenaltares
DOI Artikel:
Poppelreuter, Josef: Die Madonna mit der Wickenblüte, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0196

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345

1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

346

jenen unerschöpflichen Schatz frischer Vor-
stellungen und Motive, obwohl auch seine
klare Verbildlichung der Hauptereignisse des
Lebens Jesu eine höchst ergiebige Erfindungs-
gabe dokumentiert.

Die vollendeteWiederherstellung des Claren-
altares in unverfälschter Ursprünglichkeit wird
unseren spärlichen Besitz einheitlicher wohl-
konservierter Gemäldefolgen des XIV. Jahrh.
um ein kostbares Monument bereichern. Ein

wichtiges Problem der deutschen Künstler-
geschichte wird der Lösung näher geführt, und
die wiedergewonnenen Bilderreihen, die in
den Verlauf der geschilderten Begebenheiten
auch neue, bisher selten dargestellte Vorgänge
(z. B. das Bad des neugeborenen Christkindes)
aufnehmen, bieten gehaltvolles Material für
stilistische wie ikonographische Betrachtungen.

Bonn.

E. Firmenich-Richarlz

Die Madonna mit der Wickenblüte.

1.

or ungefähr 6 Jahren machte ich
gelegentlich einer genauen Unter-
suchung meinen verstorbenen
Direktor Professor Aldenhoven
darauf aufmerksam, daß große Partien der
Madonna mit der Wickenblüte so sehr die
Spuren zeigten im Malverfahren des XIX. Jahrh.
hergestellt zu sein, daß der Urkundenwert
derselben gleich Null sei. Aldenhoven konnte
sich indessen nicht entschließen, an dem
Ursprung des Bildes aus dem XV. Jahrh. zu
zweifeln, wenn immerhin er es schon in der
Geschichte der altkölnischen Malerschule mit
großen Reserven behandelt, es auch in dem
Katalog der Gemäldegalerie von 1902 nur noch
als „Schule Meister Wilhelms" aufgeführt und
ihm so den hohen Wert genommen
hatte, welchen er ihm durch die Aufstellung
an hervorragender Stelle ursprünglich gegeben.
Auch ich selbst konnte mich nicht entschließen,
das gesamte Bild für eine neuzeitliche Nach-
ahmung zu halten, da immerhin die Fleisch-
partien einen guten Eindruck machten.

Es war mir damals nicht bekannt, daß
Herr Restaurator Fridt seinerseits Herrn
Direktor Aldenhoven schon den Verdacht
geäußert hatte, daß das Ganze eine Imitation
des XIX. Jahrh. sei. Er hatte diesen nament-
lich geschöpft, als das Bild wegen einer
aufgesprungenen Fuge zusammengefügt und
unter seiner Aufsicht parkettiert worden war.
Erst als die jüngsten Entdeckungen am Claren-
altar gemacht waren und das Tun und Treiben
in Köln am Beginn des XIX. Jahrh. in ein
eigentümliches Licht trat, wiederholte mir Fridt
persönlich seinen Verdacht, dem ich jetzt
umsomehr beitrat, als ich infolge spezieller
Vergleiche an Bildern des XIX. Jahrh. mich

überzeugt hatte, daß jene eigentümlichen
krankhaften Erscheinungen, welche mich an
unserm Bilde so befremdeten, schon in viel
früheren Epochen des XIX. Jahrh., als ge-
wöhnlich angenommen wird, auftraten. Über-
dies hatte eine längere Sammlertätigkeit auf
dem Boden Kölns mich so manchen Blick
rückwärts in jenes Tun und Treiben der
früheren Sammlergenerationen tun lassen, daß
mir der Gedanke an eine völlige Neuschöpfung
nicht mehr fremd war. Die genaue gemein-
same Nachprüfung ergab denn auch, daß
der gewissenhafte Techniker das richtige ge-
troffen hatte, sodaß ich also im Nachfolgen-
den sein Wort eigentlich mehr führe wie
mein eigenes.

Zunächst spreche ich von dem, was mich
seit Jahren als modern angemutet hatte, von
der Form der Craquelierungganz weiter Flächen
der Malschicht. Es ist jene Form der
krankhaften Reißungen, welche die technische
Erklärung in der Regel einem irrationellen Ge-
brauch des Asphaltbrauns zuzuschreiben pflegt,
— obschon ja auch noch andere maltechnische
Gründe mitwirken — jenes Verfahrens also,
für welches man Hans Makart als den typi-
schen Vertreter anzuführen liebt und von
welchem sich bemerkt findet, es komme
etwa seit den mittleren Jahrzehnten des XIX.
Jahrh. vor. Proben finden sich in fast allen
Galerien auch von vielen anderen Malern,
so sind z. B. — um für den, der Vergleiche
ziehen will, in der Nähe zu bleiben —, im
Wallraf-Richartz-Museum selbst, außer vielen
anderen 2 Exempel allergrößter Ausartung zu
studieren: „Der ungarische Dorfheld" von
der Hand Munkacsvs und das Bismarck-
Porträt von Lenbach, 2 Bilder, deren dunkle
Hintergründe schon seit vielen Jahren er-
 
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