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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Kleinschmidt, Beda: Der Abdinghofer Tragaltar, eine Arbeit des Rogerus von Helmershausen oder des Reinbold von Paderborn?
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0179

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263

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

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genannten vier Heiligen auf der Oberplatte an-
gebracht wurden, sie geben uns aber auch
den Schlüssel zur Erklärung der bildlichen
Darstellungen an den Seitenflächen.

Beginnen wir mit den Längsseiten! Hier
sehen wir sowohl vorn als hinten mehrere
Szenen, die unmittelbar ineinander übergehen,
während sonst auf den Tragaltären die ein-
zelnen Figuren oder Gruppen häufig durch
Säulchen von einander getrennt sind. Die
Vorderseite (Bild 1) ist jenem Heiligen ge-
widmet, dessen Reliquien einer der größten
Schätze der Abtei bildeten, dem hl. Felix.
Sie zerfällt in drei Szenen. Links steht ein
nackter Götze, mit Krone, Schild und Feld-
zeichen auf einer Säule, ihm bringen zwei
Männer ihre Gaben dar. Daneben sitzt ein
durch Zepter und Krone ausgezeichneter
Mann auf einem Throne und überreicht einem
Ritter, der eben im Begriff steht, das Pferd
zu besteigen, und den einen Fuß bereits in den
Steigbügel gesetzt hat, ein mächtiges, unten
von einer Schärpe umwundenes Schwert. Durch
einen mehrfach gebrochenen Bogen davon
getrennt ist die dritte Szene. Drei Ritter in
voller Rüstung vollziehen die Hinrichtung dreier
durch Schwerter, Schilde, Lanzen und Pferde
ebenfalls als Krieger gekennzeichneter Männer;
von den Pferden ist hüben und drüben nur
der vordere Teil zu sehen. Zwei Krieger
haben bereits den Tod erlitten, der eine bricht
in sich zusammen, der zweite steht noch auf-
recht mit ausgebreiteten Armen, ihre Köpfe
fallen zu Boden, der dritte hat die Rechte
auf die Brust gelegt und erwartet den Todes-
streich, wozu der dritte Ritter bereits ausge-
holt hat. Was bedeuten diese drei Dar-
stellungen? Der Götze links ist Herkules,
ihm verweigern nach der alten Legende,2)
Hilarius, Bischof von Aquileja, und sein
Diakon Tatian in der Verfolgung des Kaisers
Numerian unler dem Statthalter Beronius das
verlangte Opfer; deshalb wurden beide am
16. März unter grausamen Qualen hingerichtet.
Zwei Heiden suchen dem beleidigten Cotte
für die angetane Schmach Ersatz zu leisten,
indem sie das Opfer darbringen. Der Richter,
welcher nach germanischem Brauch mit ge-
kreuzten Beinen wie »ein griesgrimmer Löwe«
dasitzt, überreicht dem Ritter das Schwert,
wodurch die Verurteilung dreier Christen aus-

1S) Acta Sanctor., 16. Mart. II, 418 ss.

gedrückt wird, die gleichfalls dem Gotte das
Opfer verweigert hatten. Es sind dies der
hl. Felix von Aquileja und seine beiden
Landsleute Dionysius und Largus; der
Künstler hat sie als Krieger dargestellt, deren
Hinrichtung rechts vollzogen wird.

Die hintere Längsseite des Altärchens
zeigt drei Marterszenen, die gleichfalls sich
ohne Trennung aneinander reihen (Bild 2).
Sie bringen das Martyrium des hl. Blasius,
Bischofs von Sebaste in Armenien, zur
Anschauung. Die Legende berichtet darüber
folgendes.13) In der diokletianischen Verfol-
gung ergriffen und vor den Statthalter Agri-
cola geführt, weigerte sich Blasius entschieden,
den christlichen Glauben zu verleugnen. Des-
halb mit Knütteln geschlagen und abermals
zum Götzenopfer aufgefordert, beharrte Bla-
sius bei seiner Weigerung, weshalb ihn der
Richter an einem Holzgerüst aufhängen und
mit eisernen Kämmen zerfleischen ließ. Als
er auch jetzt dem Glauben treu blieb, ließ
ihn der Richter zunächst in einen See werfen
und, als er hieraus unversehrt hervorging, mit
dem Schwerte hinrichten. Ein Blick auf
unsere Abbildung genügt, um zu sehen, wie
treu sich der Künstler in der Darstellung des
Martyriums an die Legende gehalten hat. Links
schlagen zwei Büttel, von denen der eine dem
Heiligen das Obergewand abreißt, unbarm-
herzig auf ihr am Boden liegendes Opfer los.
Blasius erhält vom Himmel Kraft und Stärke.
Das bedeutet nämlich die von einem Nimbus
umgebene Hand, welche oben sichtbar wird;
von hier verbreiten sich Lichtstrahlen, Zeichen
der göttlichen Gnade, bis zu dem Heiligen.
In der Mitte hängt der Märtyrer mit ent-
blößtem Oberkörper in dem Holzgerüste, zwei
Henker zerfleischen mit eisernen Kämmen
grausam seinen Leib. Rechts empfängt er in
hockender Stellung, mit ausgebreiteten Armen
den Todesstreich. Wiederum sieht man in der
Höhe die Hand Gottes, diesmal innerhalb eines
Kreuznimbus.

Zwei auf der Deckplatte dargestellte Heilige
sehen wir also auch an den Seitenwänden und
zwar in recht bedeutungsvollen Augenblicken
ihres Lebens. Da legt sich von selbst die
Vermutung nahe, daß auch Szenen aus dem
Leben der beiden Apostelfürsten an den Wän-
den dargestellt sind. Diese Annahme bestätigt

1S) Ibid, 3. Febr. I, 330ss.
 
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