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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Schmid, Andreas: Polychromie der Kirchen, [3]
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Wolter, Franz: Der heilige Bartholomäus, eine Holzfigur aus dem Chiemgau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0250

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373

1909. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

374

hat die Augen allem Bunten gegenüber fast
krankhaft empfindlich gemacht, so daß dasselbe
gar leicht als zu grell, als verletzend erscheint.*)
Selbst ein Architekt — Böhme Karl — wünscht
frische Farben und fürchtet nicht für die Bau-
kunst: Die Reihe farbenbleichender Jahr-
hunderte, die Doktrinen der Gelehrten und
die Eimer weißer Tünche, die sich im vorigen
Jahrhundert über die Polychromie des Mittel-
alters ergossen — tragen die Schuld, daß wir
in bezug auf die Farbe in Architektur und
Skulptur ein ganz anderes Geschmacksideal
haben als die Alten4)

Man wendet nun gegen satte Farben ein,
daß sie mehr für Theater passen als für Kir-
chen, nicht für einfache Landkirchen sich
schicken, bäuerisch seien u. s. f. Allein wenn
Farben schön sind, passen sie mehr in das
Gotteshaus als für Theater und selbst in den
Landkirchen, weil in denselben der Gott-
mensch so wahr lebt als in Stadtkirchen;
auch können Landbewohner noch mehr Natur-
sinn haben, als blasierte Stadtbewohner.

Es wäre sicher ein Extrem, die Kirchen
mit lauter primären Farben ausmalen zu
wollen, weil auch der Schöpfer in der Natur
diese Farben nur vereinzelt in Landschaften,
Mineralien und in der Tierwelt erscheinen
läßt; aber auf der andern Seite ist die be-
stehende Farbenscheu, welche nur gebrochene
Töne nach der Skala des Straßenstaubes an
den Wänden der Kirche sehen will, ebenso
einseitig. Wie in der Baukunst starke mit
schwächeren Baugliedern abwechseln und in
der Redekunst Pathos mit Ruhe sich mischen
soll, so müssen satte und gebrochene Töne

') »Monum. Malereit (Köln 1876) S. 17.
*) Böhme, »Einfluß der Architektur auf Malerei
und Plastik« (Dresden 1882) S. 6S.

in der Dekorationsmalerei sich zu einem
Ganzen verbinden.

Des Näheren läßt sich noch bemerken, daß
der Chor „fliselicher geehrt" werden soll5)
dann das Schiff, weil dort die Heiligkeit aller
Heiligen wohnt. Es kann daher der Chor
einen andern Ton erhalten als das Schiff. Für
Flächen eignen sich mehr kalte Töne und für
Bordüren die schon den Griechen bekannte
Versetzung der Farben; Maler dagegen ur-
teilen umgekehrt, weil hervorragende Teile,
z. B. Pfeiler mehr durch helle Farben zu Ge-
sicht kommen. Nähere Winke können nur
für betreffende Fälle gegeben werden.

') Berthold von Regensburg. »Predigten Pfeifer«
I 447.

Literatur:

• Grazer Kirchschmuck« (1885) S. I02ff.

»Katholische Seelsorger« (Paderborn 1893) S. 284.

Kuhn Joh., »Bemalung der Kirchen« (Würz-
burg 1893) 1 Mk.

»Archiv für christliche Kunst« (1894) S. 177 f.

Möllers A., »Bemalung unserer Kirchen«
(Hamm 1900).

»Zeitschrift für christliche Kunst« (1888) S. 103,
303. (1894) S. 211 ff.

»Frankfurter Anzeiger für Geistlichkeit« (1908)
S. 197. (1897) S. 18 ff.

»Münster Pastoralblatt» (1908) S. 113 ff.

Veit, Philipp, »Zehn Vorträge über Kunst« (Köln
1891) Görresgesellschaft.

»Korrespondenz-Offertenblatt« (Regensburg 1909)
S. 19.

Häuselmann F., »Populäre Farbenlehre« (Zürich
1882).

Dr. Schmid, Andreas, »Christliche Symbole aus
alter und neuer Zeit für Priester und kirchliche Künstler.«
Mit 200 Abb. (Freiburg, Herder 1909). Geb. Mk. 2,50.

München. Andreas Schmid.

Der heilige Bartholomäus, eine Holzfi^ur aus dem Chiem^au

(Mit 2 Abbildungen.)
ünchen ist noch immer die Fund

grübe mittelalterlicher Kunst, ins-
besondere der Holzplastik. Eine
der interessantesten Erwerbungen,
welche der Verfasser dieses in der letzten Zeit
machen konnte, war ein gut erhaltener
St. Bartholomäus, mit Spuren alter Fassung,
der einem ganz bestimmten Kreis, ja sogar
einem ganz bestimmten Meister zugeschrieben

werden kann. Schon im Anfang des XV. Jahrh.
war der Chiemgau durch die kirchliche ober-
hirtliche Abhängigkeit von Salzburg, die Pfleg-
stätte vieler Künstler. Wir finden in kleinen
Orten wie Prien, Trostberg, Attl, Laufen a. d.S.
usw., die heute keine Maler noch Bildschnitzer
aufzuweisen haben, hervorragende Vertreter der
bildenden Kunst. Es hängt dies zusammen
mit der eifrigen Kunstpllege jener Zeit in der
 
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