Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

DOI article:
Georg, Johann: Ein Kupferstich vom Berge Athos
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0064

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
81

1910. _ ZEITSCHRIFT FTJR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

82

Ein Kupferstich vom Berge Athos.

n. meinem Besitze befinden sich
45 Kupferstiche, die von Mönchen
am Berge Athos im XVIII. und
XIX. Jahrh. angefertigt worden
sind. Sie zeigen ganz die Art und Technik
wie die abendländischen aus der Zeit um 1500.
Ikonographisch fussen sie in der Hauptsache
auf dem byzantinischen Bilderzyklus. Einer
der interessantesten ist derjenige, von dem
ich in den folgenden Zeilen handeln will.
(Siehe Bild.) Er ist angefertigt 1863 von
dem Mönche Kosmas von Twiron (Iberisches
Kloster).

In der Mitte erblickt man die Halbfigur
Maria mit dem Kinde auf dem Schöße. Sie
trägt eine Krone, ihr Gewand ist mit Rosen
geschmückt. In der Rechten hat sie ein
Szepter, in der Linken, die das Kind umfaßt
eine Ähre. Das Kind trägt auch eine Krone.
Sein Kleid ist mit Blumen geschmückt. Unten
befinden sich Rosen. In den Wolken knieen
zwei Engel rechts und links mit Spruchbändern,
die sich nicht entziffern lassen. Von anderen
Engeln sind nur Köpfe sichtbar. Neben Maria
befindet sich ein Spruch, der sie als Rose
feiert. Ich habe nicht feststellen können,
welches Gnadenbild dargestellt ist.

Zu beiden Seiten des Mittelbildes sind
Streifen, die je 5 Halbfiguren zeigen. Es sind
das 10 Männer aus dem alten Testamente,
ls Propheten bezeichnet. Jeder hat ein Spruch-
band, das man nicht entziffern kann. Es
sind links David, der eine Art Kasten in der
Hand hat, Moses, mit dem brennenden Dorn-
busche, Isaias mit einer Feder, Daniel mit
einem Steine und Gedeon mit dem Felle.
Rechts Salomon mit dem Brunnen, Aaron mit
dem Stabe, Ezechiel mit dem Tempel, Zacha-
rias mit dem siebenarmigen Leuchter und
Jakob mit der Leiter. Alle sind entschieden
gewählt wegen ihrer Beziehungen zu Maria.
Um diese Mitte erblickt man nun 24 Dar-
stellungen, die das wichtigste des ganzen
Blattes bedeuten. Sie erläutern nämlich die
24 Strophen des Hymnos akatistos zu Ehren
Maria. Akatistos heißt er, weil man ihn nur
stehend singen darf. In Konstantinopel wurde
er 626 während einer Bedrohung durch die
Avaren angeblich von Sergios verfaßt, und,
wie es heißt, durch seinen Gesang die Stadt

(Mit Abbildung)

befreit. Vielleicht sind einige Teile älter und
stammen aus Syrien. Jede Strophe, Oikos
(neugriechisch Ikos ausgesprochen) fängt mit
einem Buchstaben des Alphabets an. Natür-
lich werden von den Künstlern immer nur
die ersten Worte jeder Strophe benützt, und
manchmal ist das etwas gesucht.

Die 1. Darstellung zeigt Maria im Hause
sitzend unter einer Art Baldachin und spinnend.
Der Engel Gabriel schwebt zu ihr herein und
begrüßt sie. Auf der 2. hat sich Maria er-
hoben mit Ausdruck des Erstaunens über den
Gruß. Auf der 3. hat sie sich einverstanden
erklärt, und der hl. Geist schwebt herab. Die
4. zeigt uns Maria auf dem Throne sitzend.
Rechts und links stehen Engel, die ihren
Schleier halten. Über ihr schwebt der hl. Geist.
Die 5. ist sehr einfach verständlich, es ist
Maria Heimsuchung. Joseph und Zacharias
begrüßen sich ebenfalls.

Das 6. Bild ist ein dem Abendländer ganz
ungewohntes. Joseph macht nämlich seiner
Braut Vorwürfe über ihren Zustand. Man
findet das im Orient öfter. Das 7. ist Christi
Geburt. Über dem Heiland schwebt der
Stern. Den Hirten verkündigen Engel das
Ereignis. Auf dem 8. sieht man die hl. drei
Könige reiten und dem Sterne folgen. Auf
dem 9. beten sie das Kind an. Zwei Begleiter
stehen hinter ihnen. Auf dem 10. reiten sie
heim, von dem Engel geleitet. In dem Tore
der Stadt steht ein Türhüter.

Das 11. zeigt die Flucht nach Ägypten.
Ein Jüngling führt den Esel, Joseph folgt mit
seinem Rocke über der Schulter. Die Götter
Ägyptens stürzen. Nun folgt merkwürdiger-
weise auf dem 12. Bilde die Darstellung im
Tempel. Simeon nimmt das Kind aus den
Armen der Mutter. Es ist nicht mehr die
altbyzantinische Hypapante. Damit schließen
die Darstellungen aus der hl. Geschichte. Auf
dem 13. Bilde thront Christus in bischöflicher
Kleidung auf den Wolken von Engeln um-
geben. Unten stehen sechs Heilige, darunter
ein Soldat. Auf dem 14. sitzt Maria mit dem
Kinde auf dem Throne, zwei Mönche und
zwei Nonnen stehen zur Seite.

Das 15. zeigt den Heiland mit sechs
Aposteln. Darüber erblickt man ihn in den
Wolken noch einmal segnend. Das 16. ist
 
Annotationen