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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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1910. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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zwar nichts Außergewöhnliches, aber doch lauter be-
achtenswerte Objekte, namentlich die Holzkrazifixe, die
Leuchter und Rauchgefäße. Sie haben viel Verwandt-
schaft mit den norddeutschen Gegenständen derselben
Zeit, so daß wohl manche derselben ursprünglich ein-
geführt sind, nicht nur die Emailkreuze aus Limoges,
die nach 1200 überall Verbreitung fanden. — Durch
Eigenartigkeit zeichnen sich einige der Holzkreuze aus,
besonders aber die eisengeschmiedeten Votivleuchter,
unter denen das Schiff eine Spezialität. — Die Beschrei-
bung mit der Angabe der Fundstätten befriedigt voll-
kommen und weckt die Sehnsucht nach der angekün-
digten „Fortsetzung". Schnütgen.

Altchristliche und mittelalterliche byzan-
tinische und italienische Bildwerke. Be-
arbeitet von Oskar Wulff. Teil I. Altchristliche
Bildwerke. 1 Bd. Text und 1 Bd. Tafeln. Georg
Reimer in Berlin 1909. (Preis geb. M. 35.) •
Es ist eine wahre Freude, die neuherausgegebenen
Inventare des Kaiser-Friedrich-Museums in Berlin durch-
zuarbeiten. Knappe Fassung des jeder Abteilung und
jeder Gruppe vorausgeschickten Textes, inventarmäßige
Beschreibung mit Angabe der Herkunft, des Zeit-
punktes der Erwerbung, Vergleich mit anderweitigem
verwandtem Material, alle diese Vorzüge, zusammen
mit den hervorragend guten Reproduktionen machen
diese Werke zu erstklassigen Nachschlagebüchern und
lassen einen starken Abglanz der reichen Schätze des
einzigartigen Museums auch in das Arbeitszimmer des
weitweg wohnenden Provinzlers fallen. Bei der reichen
Fülle des Materiales einerseits und dem engen Ver-
wachsensein religiösen und profanen Lebens in der
koptischen Periode andererseits fällt für die christliche
Kunstarchäologie des beginnenden Mittelalters besonders
viel ab. Dazu kommt, daß der trockene Wüstensand
des Koptenlandes die Gegenstände zum großen Teil
im Urzustände erhalten hat. Für Stilentwicklung
mittelalterlicher Formen bietet der Katalog eine ganze
Reihe unzweifelhafter Prototypen, so vor allem für
die sogen. Longobardenkunst. Die Nummern G4, 65,
deren christlichen Ursprung Wulff selbst anzweifelt,
hätte man als irreführend unter „altchristlichen" Bild-
werken füglich fortlassen dürfen. Bei Nr. 29 möchte
ich eher an die Bestrafung des Ananias, als an eine
Heilung des Blinden oder Aussätzigen denken.

Köln. __________ Fritz Witte.

E. Rodocanachi, Le chäteau Saint-Ange,
Travaux de defense, appartements des papes, sieges,
prisonniers, executions, le tresor. Paris 1909,
Hachette & Cie.
Hier und da hat das prächtig ausgestattete und
übersichtlich geschriebene Buch etwas nervös Tenden-
ziöses, indem es mit unverkennbarer Absicht schul-
meisterliche Pi ügelslraf en austeilen möchte. In den
weitaus meisten Fällen geschieht das offen gesagt etwas
sehr „unpädagogisch", indem der Prügeljunge ver-
leumdet und verklatscht wird, ohne daß man ihn und
seine Advokaten hört: Die Engelsburg „une epine
dans l'oeil de l'Eglise" nennen wollen, wie es der
Verfasser Montesquieu in den Mund legt, das heißt
ihre große Geschichte nach ganz vereinzelten Streichen
beurteilen. Sie war Jahrhunderte hindurch ein not-
wendiges, ein schützendes Bollwerk für die mit welt-
licher Macht umkleideten Päpste, ohne auch nur ein

Atom ihrer früheren monumentalen Bedeutung einzu-
büßen, als sie ihre Riesendecke noch über Hadrians
Porphyrsarkophag wölbte. Doch man verzeiht dem
Verfasser seine Exkursionen in die nicht wesentlich
zur Sache gehörenden Gebiete, wenn man sich von
ihm die stellenweise wie ein Roman des Mittel-
alters wirkende Geschichte der Citadelle vorführen und
erzählen läßt. Die von trefflichen Illustrationen und
Planzeichnungen begleitete Baugeschichte ist man bis
auf wenige Punkte zu unterschreiben geneigt. Die
zünftige Rekonstruktion des Hadrian-Grabes aber fehlt
ganz und gar, und man fragt sich, warum die auf so
sicherer Basis geschaffenen Wiederherstellungsversuche
im Bilde seitens des deutschen archäologischen Institutes
in Rom nicht veröffentlicht, wenigstens ernsthaft zu
Rate gezogen wurden. Die Versuche früherer Jahr-
hunderte sind wohl durchweg kaum ernst zu nehmen;
wirken doch die beiden Entwürfe PI. I. Page 4, a
und b. eher barock wie klassisch. Auch bei den von
Pierino de Vaga restaurierten Fresken aus der Ge-
schichte des Amor und der Psyche hätte man eine
tiefergehende Würdigung gern gesehen, da die Bilder
von größter kulturgeschichtlicher und nicht zu unter-
schätzender künstlerischer Bedeutung sind. Neues wird
an historischen Daten kaum noch ein Kunsthistoriker
nach diesem Werke bringen können. Fritz Witte.

Die Skulpturensammlung im städtischen
Suermo ndt-Mus eum zu Aachen von Dr.
Hermann Schweitzer, Museumsdirektor. —
Creutzer vormals Lempertz in Aachen. (Preis
vollendet M. 120.)
Der plastische Besitz des Aachener Museums ist
von seinem neuen Direktor durch äußerst glückliche
Erwerbungen, namentlich der großen Moestschen
Sammlung, der Zahl wie der Bedeutung nach in ver-
hältnismäßig kurzer Zeit und mit relativ bescheidenen
Mitteln auf eine derartige Höhe gebracht worden, daß
er hinsichtlich der deutschen Holzfiguren fast
jeder Konkurrenz gewachsen ist. — In zwei gefälligen
und soliden Foliomappen mit je 65 bezw. 64 Tafeln
sind die Figuren wie die Gruppen in ansehnlicher
Größe und ausreichender Schärfe wiedergegeben, wobei
Zusammengehöriges geschickt vereinigt ist, so daß die
meisten Tafeln mehrere Darstellungen zeigen. Zwei
Doppeltafeln mit drei Illustrationen bilden den „ vor-
läufigen Text", in der Weise, daß der I. Tafel-
band die Plastik von Köln, Kaikar, Niederrhein,
Aachen, Westfalen, Flandern, Holland, behandelt, der
II. Band diejenige von Schwaben, Bayern, Elsaß,
Franken, Nürnberg, Thüringen, Mittelrhein und ver-
schiedener deutscher Schulen, sowie französischer, eng-
lischer, italienischer, spanischer Herkunft (Elfenbein-
arbeiten verschiedener Schulen sind auf den beiden
letzten Tafeln abgebildet). — Die trotz ihrer Knapp-
heit hinsichtlich der Darstellung, wie der Ursprungs-
gegend und -Zeit, auch der Maße und der so wichtigen
Holzarten sehr bestimmte Beschreibung jedes Gegen-
standes verrät bereits die Vertrautheit des Direktors
mit seiner Sammlung, sowie der letzteren Bedeutung,
die seit ihrer Vereinigung an dieser Stätte bereits er-
heblich gewonnen hat, dank der beständig zunehmenden
Wertschätzung besonders der deutschen Skulpturen des
Mittelalters. Um Mittelalter mit Einschluß der Früh-
renaissance handelt es sich hier ja fast ausschließlich
 
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